„gemeinsames Leben“

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Lese seit langem mal wieder „Gemeinsames Leben“ von Bonhoeffer. Bin in den letzten Wochen nicht zufrieden gewesen mit meinem geistlichen Leben innerhalb der Gemeinschaften in denen ich lebe. Sei es am Bibelseminar oder in der Gemeinde. Auf der einen Seite sind meine Erwartungen und Wünsche hoch, die Suche nach einem „geistlichen Raum der Gemeinschaft“, auf der anderen Seite frage ich mich, was bin ich bereit zu investieren in diesen „Raum“, vor allem an Priorität & Zeit. Mitten in diesen Überlegungen hat mich Bonhoeffers „Gemeinsame Leben“ aus meinem Bücherregal „angesprungen“ und schon die ersten Seiten haben mich wieder nachdenklich gemacht. Ein Zitat soll dies stellvertretend belegen:

„Es ist nichts Selbstverständliches für den Christen, daß er unter Christen leben darf. Jesus Christus lebte mitten unter Feinden. Zuletzt verließen ihn alle Jünger. Am Kreuz war er ganz allein, umgeben von Übeltätern und Spöttern.“

Dietrich Bonhoeffer, Gemeinsames Leben, Seite 8

Als fromm sozialisierter und langjähriger Nachfolger Christi spüre ich oft einen negativen Beigeschmack was christliche Gemeinschaft betrifft und dies sicher oft zu Recht. Kuschelclub, fromme Selbstzufriedenheit oder Abgrenzung gegenüber der Welt sind nur einige meiner Erfahrungen. Aber Bonhoeffer zeigt auch die andere Seite auf, die Chance christlicher Gemeinschaft. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir Christen um uns haben, die uns verstehen und uns helfen (auch und gerade durch ihre Andersartigkeit) in Christus zu wachsen. Die uns unterstützen, hinterfragen, trösten und herausfordern. Christliche Gemeinschaft ist ein Segen, wenn Christus die Mitte bleibt und sich alle an ihm ausrichten und nicht jeder erwartet, dass man sich an ihm ausrichtet. Das ist eigentlich mein ehrlicher Wunsch solche Gemeinschaft zu erleben, die die alltägliche Oberflächenspannung durchbricht und in die ehrlichen Tiefen der geistlichen Wirklichkeit des eigenen Ichs vordringt. Gemeinschaft wird hier auf Erden nie einfach sein, dafür sind wir Menschen zu kompliziert, aber ich glaube, dass unter vielen jungen Christen eine neue Sehnsucht nach geistlicher Gemeinschaft und gemeinsamen Lebens (wie dies auch immer aussehen mag) aufbricht. Dabei geht es nicht um ein heiliges Ideal, sondern um das Bewusstsein, als gefallener Mensch mit Christus und Christen zu leben, nicht als Flucht, sondern als Aufgabe, nicht in Isolation, sondern in Gemeinschaft, nicht als Pflicht, sondern als Gewinn, nicht als Opfer, sondern als Geschenk, nicht als Krampf, sondern in Freiheit.

6 Comments

  1. gerade habe ich mit faszination deinen blog gelesen.
    mich hat auch in den letzten tagen wieder ein buch von resp. über bonhoeffer angesprochen. widerstand und ergebung. ich habe es zum thema freundschaft wie nochmals neu gelesen und wie du, hat mich das was ich gelesen habe nachdenklich gemacht.

    wie lebe ich und wie gestalte ich freundschaften-

    wie gesagt ist doch auch ein schönes zeichen- beide greifen wir wieder neu zu bonhoeffer und sind angesprochen von dem was er heute zu sagen hat.

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  2. Ja, die Aktualität Bonhoeffers ist ungebrochen. Das ist echt faszinierend, genau wie seine Bücher. Widerstand & Ergebung ist ein sehr cooles Buch, ich habe eine ganz alte Auflage, in schwarzen Leinen gebunden mit ganz vielen Notitzen eines Pfarrers – hoch interessant und ein Zeugnis der zeitlichen Unabhängigekit von Bonhoeffers Werk.

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  3. ich glaub ich werde nach diesen eindrücken sofort noch ein paar seiten in der Biographie von Bethge über Bonhoeffer lesen. die liegt nämlich schon ne Weile angefangen aber nicht zu Ende gebracht im Regal.

    und `amen` zu allem anderen gesagten…

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  4. Exnachbarin

    da kann ich auch nur Amen sagen.
    Habe gerade einige Tage bei der OJC verbracht und auch jemand vom Dünenhof kennen gelernt. Habe festgestellt, dass diese beiden Werke aus Lebensgemeinschaften entstanden sind, bzw. diese bilden immer noch den Kern. Hat mich fasziniert. Gemeinsames Leben birgt wohl einiges an Potential…

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  5. Schön von dir zu hören. Was macht denn die junge Lebensgemeinschaft? Habt ihr euhc schon aneinander gewöhnt. Andy ist ja voll des Lobes. Bin mal gespannt was daraus noch alles entsteht. 🙂
    “The passionate Life” wird übrigens gerade übersetzt.

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  6. Juhuu..es wird übersetzt! Das freut mich außerodentlich!!!

    So viel ‘aneinander gewöhnen’ gibts noch nicht, da wir über den Sommer an vielen Orten verteilt sind. Ab Oktober wirds dann wieder spannend 🙂

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