„geistlicher Missbrauch“

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In den letzten Wochen komme ich immer wieder mit dem Thema „geistlicher „Missbrauch“ in Berührung. Menschen erzählen mir, wie sie im Kontext der Gemeinde massiv unter geistlichen Druck gesetzt worden sind und jahrelang an den Folgen litten. Besonders drei Altersgruppen sind mir dabei aufgefallen: Kinder, Teenager und Frauen. Dabei spielen sich immer wieder Begriffe wie Machtmissbrauch, Persönlichkeitsstrukturen, Missbrauch des Heiligen Geistes, Gemeindezucht und andere eine Rolle. Sicher gibt es geistlicher Missbrauch in allen Formen von Gemeinden und es gibt auch immer wieder „schwarze Schafe“ in Gemeinden die ihre geistliche Position ausnutzen und Menschen manipulieren und beeinflussen, aber es gibt meiner Meinung noch ein größeres Problem, welches struktureller Natur ist. Nährboden für geistlichen Missbrauch sind dabei oftmals hierarchische Strukturen und eine falsche, moralisch einseitige Theologie, die ein völlig verzerrtes Gottesbild zu Tage fördert. Dazu kommt eine fundamentalistische Lehre, die keine oder kaum Widerspruch zulässt. Im Namen Gottes oder des Heiligen Geistes wird Menschen die Verantwortung für ihr Leben genommen und sie werden zu Entscheidungen gebracht, hinter denen sie nicht stehen und die ihr Leben und ihre Seele kaputt machen. Ich weiß, dass man dieses Thema nicht so einfach behandeln kann, da die Grenzen sehr fließend sind und trotzdem glaube ich, dass dieses Thema mehr ins Bewusstsein von uns Christen kommen muss. Vor allem muss es ein öffentliches Thema werden, auch wenn ich Dinge nicht verhindern kann oder sie dadurch gelöst werden. Deshalb dieser Eintrag!

22 Comments

  1. Anonymous

    Hallo Toby,
    ich kann mir unter dem Thema nicht so viel vorstellen, was würdest denn konkret als geistlichen Missbrauch bezeichnen? Ich hab sowas eigentlich noch nicht erlebt und wüsste auch kein Bsp aus meinem Umfeld.

    Vielleicht ist es auch bei manchen so, dass so etwas aus verschiedenen Motiven vorgetäuscht wird. Wenn sie kritisiert werden, sind sie gleich “verletzt”. Oder sie sind einfach mit der Gemeindeleitung unzufrieden.

    Ich will nicht den Leuten unrecht tun, die wirklich schlimme Sachen erlebt haben, aber bei manchen Erfahrungsberichten würd ich eher skeptisch sein.

    Ok, ich rede als Blinder von der Farbe, aber was ist deine Erfahrung damit?

    Gruß Thomas

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  2. @sammy: Bei Kindern geht es meiner Erfahrung nach häufig um den “pädagogischen Gott”, der dies und das nicht mag, der traurig ist, wenn Kinder ganz nicht gehorchen oder sogar strafen kann. Dadurch wird ein völlig falsches Gottesbild vermittelt, das im Grunde die Unfähigkeit der Erwachsenen widerspiegelt. Das Problem ist, dass Kinder sich nicht wehren können, sie nehmen diese Meinungen, Drohungen etc. in sich auf und können mit diesem geistlichen Druck nicht umgehen.

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  3. @thomas: Natürlich gibt es das auch, dass das nur vorgeschoben wird, aber ich Rede von konkreten Manipulationen in denen Leute im Namen Gottes vor der ganzen Gemeinde bloßgestellt wurden, der Heilige Geist als Alibifunktion missbraucht wurde, um Menschen fügig zu machen oder das eigene Denken und die eigene Meinung als nicht mehr zugelassen wird. Es gibt hier eine Menge Beispiele und es ist sich erein heikles Thema. sei froh, wenn du das nicht kennst und du fröhlich deinen Glauben leben kannst! 🙂

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  4. ebbelwain

    Da fällt mir spontan Andreas Malessas Bericht in der Family-Reihe “Mein kleiner frommer Schaden” ein. Er hat Gebetsgemeinschaft so erlebt, dass bestimmte Leute öffentlich über die “angeblichen” Verfehlungen anderer beteten. So krass hab ich es aber selbst noch nie erlebt.
    Dass Gott als Erziehungsmittel missbraucht wird, ist leider häufiger anzutreffen. “Das hat jetzt Gott aber gesehen und ist traurig” oder noch deutlichere Formulierungen. Hier wird Gott nicht als liebender Vater, sondern als verkniffener Kontrolleur vorgelebt. Hier habe ich allerdings den Eindruck gewonnen, dass es meistens aus Unwissenheit was es bei Kindern bewirkt geschieht. Oder weil man selbst (aus falsch verstandener Liebe oder mangelnder Konsequenz) ja nicht der “Strafende” sein will, schiebt man es – meist unbewußt – auf Gott.

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  5. Ich glaube, dass es unglaublich viele subtile Beispiele gibt, die mir oft gar nicht bewusst sind…

    Frauen werden klein gehalten, weil es bequemer ist, weil sie nunmal besser kochen können
    Männer machen keinen Kindergottesdienst, weil sie ach so begabte Leiter sind
    Intellektuelle bestimmen das Gemeindegeschehen, weil sie strukturiert denken können
    Managementtheorien werden in der Gemeinde angewandt
    Gott segnet besonders da, wo viele Leute sind
    Glaubst du richtig, dann wirst du geheilt
    Wer gehorsam ist, denn segnet Gott, womöglich sogar mit Reichtum. Ehrlich gesagt: Gemeinde ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Oft treffen sich genau die gleichen Werte in der Kirche wieder, wie außerhalb. Ich glaube, Jesus muss kotzen. Und ich glaube, wir missbrauchen mehr, als wir gebrauchen.

    Sorry für dieses düstere Bild!

    Matze

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  6. Ach und wenn ich schon dabei bin…

    jeder achtet sich selbst am Höchsten
    wir wollen gut dastehen (und wenn es nur zur Ehre Gottes ist)
    wir kleben an unserem Geld
    uns fehlt jeglicher Weitblick für die Not anderer – von wegen trachtet zuerst nach Gottes Gerechtigkeit

    und jetzt hör ich auf, weil mich das frustriert. ich stecke nämlich mitten drin in dieser Frage, was wir alles ständig verschieben, damit es zu uns passt, damit ich mich nicht ändern muss. Lieber missbrauche ich – ist bequemer.

    nochmal der matze

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  7. @matze: Ja, lass es raus. Du hast leider in vielem Recht! So weh mir das auch tut. Aber wir können nur da anfangen die Liebe Jesu zu leben wo wir sind!
    P.S. Ich mach seit Januar wieder Kindergottesdienst! 🙂

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  8. Anonymous

    Hallo nochmal,
    klar läuft in den gemeinden nicht alles perfekt, da sind viele sachen, wo man sich die haare raufen könnte, da stimm ich mit überein. Aber bei manchem, was ich so lese, hab ich das gefühl, dass alles gleich in das thema “geistlicher missbrauch” gesteckt wird. und vielleicht wird durch diesen inflationären gebrauch den wirklich schlimmen fällen keine aufmerksamkeit mehr geschenkt?

    Gruß Thomas

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  9. Anonymous

    Geistlicher Mißbrauch hat immer 2 Seiten: Diejenigen, die ihn ausüben, und diejenigen, die das mit sich machen lassen. Wenn es von der zweiten Gruppe immer weniger gibt, wird bald auch die erste aussterben. Deshalb ermutigen wir doch einfach unsere Mitchristen zu einem selbständigen, aufrichtigen und eigenständigen Glauben, der an der Bibel ausgerichtet ist und nicht an dem, wie Menschen sie (für sich) auslegen. Und was Kinder angeht, da hat Jesus ein klares Wort gesagt: Es wäre besser, dass diejenigen, die sie verführen, ein Mühlstein um den Hals gelegt würde …

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  10. Anonymous

    danke fuer den blog eintrag.
    vielleicht stoesst manchem dass wort “missbrauch” so uebel auf, weil es oft in kriminellem kontext gebraucht wird. und doch finde ich es (leider) in manchen faellen sehr angebracht, weil es geistlicher missbrauch eben dieses ist: manipulation, unterwerfung des willen der anderen person, machtausuebung.
    ich denke, es ist gerade in gemeinden so schwierig, weil es dann oft unter dem deckmantel von geistlichkeit oder gottes willen ausgeuebt wird: wer sich nicht der geistlichen autoritaet untergibt, handelt gegen gottes willen – und im extremfall ist mit satan unter einer decke. der test der geistlichkeit sind dann nicht mehr die fruechte des geistes im leben, sondern die blinde unterwerfung unter den willen eines anderen menschen. und der geist der person ist gebrochen.
    ich verstehe die skeptik, denn kritik aus unzufriedenheit ist nicht missbrauch. aber ich bin sehr dafuer, das, was missbrauch ist, auch beim namen zu nennen.
    leider ist es oft mit jungen menschen oder frauen moeglich, weil es eben genug bibelstellen gibt, mit denen man den gehorsam gegenueber dem geistlichen oder familien-oberhaupt verlangen kann, und mit denen selbststaendiger, reifer glauben unterdrueckt oder als unglaube bezeichnet wird.
    in meiner therapie praxis sehr ich das leider sehr viel haeufiger, als mir als christin und gemeindefan lieb ist.

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  11. Anonymous

    Hallo Toby,
    ich habe selbst erlebt, Leiter mit den besten Absichten, nämlich der, Jugendliche in ihrem gerade begonnen Glaubensleben zu unterstützen und zu begleiten, ihre Position missbraucht haben. Die betreffenden Jugendlichen wurden unter enormen Druck gesetzt, “Fortschritte” in ihrem Glauben zu erzielen, wenn dies nicht der Fall war, wurden sie zu seelsorgerlichen Gesprächen “eingeladen”. Diese Gespräche endeten damit, dass der betreffende Jugendliche sein “Problem” “freiwillig und demütig” “vor Gott legte”.
    Heute, nach 10 Jahren Abstand und inzwischen selbst hauptamtlich pädagogisch tätig, kann ich ehrlich sagen, dass die betreffenden Leute wirklich mit besten Motiven gehandelt haben. Sie wollten Gott dienen. Gleichzeitig haben sie aber das süße Gift der Macht geschmeckt: es baut einen schon sehr auf, wenn man weiß, dass andere einen brauchen. Sollten diese anderen dann mal doch nicht auf Hilfe angewiesen sein, gibt es ja Möglichkeiten, sie vom Gegenteil zu überzeugen …

    Ich persönlich habe das Gefühl, dass in vielen Gemeinden für diese Problematik die nötige Sensibilität fehlt.

    Gruß, Agnes

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  12. Anonymous

    @Agnes:
    Inwiefern wurde denn auf die Jugendlichen Druck ausgeübt und welche “Fortschritte” wurden von ihnen erwartet und um welcher Art “Probleme” ging es in den Gesprächen?

    Gruß Thomas

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  13. @steve: Ich weiß nicht, ob es so einfach ist mit den zwei Seiten, ich glaube nicht, dass sich Menschen gerne unterdrücken oder manipulieren lassen. Vieles läuft auch subtil ab oder Menschen wachsen in einem familiären und gemeindlichen Umfeld auf und kennen dort nichts anderes als die “Wahrheit”. Und was die mündigen Christen angeht: Amen Bruder! Genau da wollen wir hin! 🙂

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  14. So ein letztes Mal…

    @toby: Ich weiß, dass du Kindergottesdienst machst und ich glaube, dass es genau so anfängt 😉

    @Thomas: Ich habe inflationär geantwortet. Da muss ich dir recht geben. Daher versuche ich mal den Kern zu treffen.

    Ich glaube nicht an eine Unterscheidung in geistlichen, strukturellen oder gesellschaftlichen Missbrauch. Dazu will ich glaube ich zu ganzheitlich denken. Und das Kernproblem ist wohl Macht – das sehe ich wie Agnes. Und an dieser Stelle wollen wir dann wohl den Kern aus dem Leben Jesu nicht akzeptieren (und ich rede bewusst nicht von verstehen, wiel zu verstehen ist es sehr einfach): Jesus hat Macht aufgeben, wurde Mensch und ließ sich abschlachten.

    Matze, der leider selbst versucht ist in jedes Machtvakuum zu springen ;-(

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  15. Hey, ich denke das ist ein großes Problem, was wirklich struturell ist.
    Auf der einen Seite münden exklusive Theologien, die eine bestimmte Rhetorik benutzten mit größerer Wahrscheinlichkeit in authoritäre Strukturen. Auf der anderen Seite ist ein Problem, dass man keine positive Theorie der Macht hat. Macht findet immer statt; allein schon wenn ich hier kommentiere übe ich Macht aus; wieviel Macht zeigt sich darin, ob mein Beitrag aufgenommen und diskutiert wird.
    Macht ist erstmal vor allem Einfluss und wenn man keinen positiven Einfluss ausüben will, brauch man auch kein Pfarrer zu werden. Es ist wie mit Sex, man kann es tabuisieren oder offensiv einen positiven Umgang damit anregen. Macht gibt es auch in christlichen Kirchen; immer. Nur diese Macht sollte anders ausgeübt werden; der wichtigste Punkt ist: Mitgefühl und Zuhören. Den leisen, unscheinbaren und ungewöhnlichen Stimmen zuhören verleiht Macht. (wobei Macht nicht das Ziel ist, sondern positiver Einfluss)

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  16. @annika: Das Problem: Welchen Vater? Deinen, meinen? Die Vatererfahrungen und Prägungen und Vorstellungen und… sind leider sehr unterschiedlich…

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  17. @toby: wenn wir gott kennenlernen, wie er wirklich ist, können wir langsam heil werden, als geheilte menschen heilung weitergeben und unser land wird geheilt durch gottes VATERLIEBE. wir brauchen männer und frauen nach dem herzen gottes in unserem land (ein projekt für die girls: http://www.girls4god.de) und für die jungs wird in den nächsten monaten http://www.seine-helden.de (oder so ähnlich..) online gehen. Ich habe Hoffnung für unser Land. Gott ist groß.

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  18. @annika: Auf euer Projekt bezogen stimmt deine Aussage natürlich und ich finde das sehr gut. Das Problem ist nur, dass vieler dieser Mädchen (Prinzessinnen :)) mit einem falschen Gottesbild kommen und das kommt ja auch irgendwo her…

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