“Kontextualisierung & Gemeindejubiläum”

CT, Evangelium, Gemeinde, Kontextualisierung

Über Pfingsten feierte meine Gemeinde ihr 25jähriges Jubiläum. Ein großer Grund zum feiern und hunderte folgten selbigen. So wurde es ein großes Fest mit vielen Veranstaltungen (von Gottesdiensten über Lesungen und Rückblicken bis zur Disco) und vielen schönen Begegnungen. Auch ein bisschen stressig, aber das gehört wohl dazu. Für uns war es ganz angenehm, da wir wegen Paris nur am Sonntag da waren.

Jetzt geht wieder der Alltag los, alle Klassen sind aus ihren Praktika zurück und der normale Unterricht beginnt wieder. Es ist spannend zu hören, wo die Studierenden überall waren und was sie erlebt haben. Eine Sache, die sich durch Gemeinde, Mission und Soziales durchzieht ist, dass immer mehr Familien kaputt gehen und um ihr soziales Überleben kämpfen. Gerade dann, wenn man die „Mittelstandsmainstreamgemeinden“ verlässt, begegnet einem immer mehr „ganz normales Elend“. Wie sagte eine Studierende heute. „Ich bin in der Welt angekommen!“ Mir ist dabei wieder neu deutlich geworden, was für einen großen Auftrag wir mit dem Evangelium haben und wem und wie wir die „Gute Nachricht“ verkünden. Da ist es einfach in einer tollen Gemeinde Jubiläum zu feiern (ich weiß, dass das völlig in Ordnung ist) und doch glaube ich, dass wir ganz neu überlegen müssen, wie sich diese Gute Nachricht in unserer sich veränderten deutschen Kultur verbreiten lässt. Früher hat man gesagt, dass man den Hungernden in Afrika erst Essen geben muss, dann das Evangelium (ich weiß, wie zynisch das klingt), dass man die Kultur des Landes verstehen muss, um den Menschen zu helfen. Heute, stehen wir in Deutschland vor denselben Problemen, wir kennen unser Land nicht mehr, verschießen die Augen vor dem sozialen Abstieg und diskutieren lieber über die richtigen Werte statt sie zu leben. Vielleicht klingt das dramatisch, aber ich glaube, dass wir eine neue Kontextualisierung für weite Gebiete Deutschlands brauchen. Menschen, die sich ganz neu auf die Ebenen der Menschen einlassen, auf ihre Sprache, ihre Herkunft, ihre soziale Identität. Und da lerne ich von meinen Studierenden, wo viele genau das versucht haben. Danke.

8 Comments

  1. Hallo Toby,

    schöner Beitrag muss ich sagen. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich mit dem Elend in Deutschland als Streetworker, Nachbar und “Mensch mit zwei offenen Augen”. Wie sagte Franziskus einst zu seinen Brüdern: “Verkündigt das Evangelium, wenn nötig, dann verwendet Worte dazu”.
    Ein Pariser Priester um 1800 sagte zu seinem Diakon, den er in ein Pariser Elendsviertel schickte: “Rede nicht von Gott, sonst redest Du Gott tot.”
    Ich glaube inzwischen, dass eine “tatkräftige Hand” mehr Evangelium bezeugen kann, als viele fromme Worte und (peinliche) Erklärungsversuche von der Liebe Gottes. Ich habe neben meinem Studium zwei Jahre als Streetworker in Heilbronn gearbeitet. Dort befindet sich eine Brücke am Anfang der Innenstadt. Über der Brücke befinden sich Geschäfte, Gemeinden und viele Menschen. Unter der Brücke schlafen einige obdachlose Kids. Einem ist letztes Jahr ein Bein abgefroren. Zwei Welten,die nichts miteinander zu tun haben? Wer ist das Bindeglied, wenn nicht Christus selbst?

    Matthias

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  2. Hi Toby. Ich hab mal eine Frage, unabhängig von deinem Post. Du hast ja schon viele gute Bücher gelesen…ich würde unserem Jugendreferenten (Jugendkirchengemeindeleiter triffts eigentlich besser) gerne ein gutes Buch zum Geburtstag schenken, welches aber noch im Preislimit ist(auf keinen Fall teurer als 20€). Kennst du da ein gutes Buch, welches du empfehlen würdest? Bücher die ich toll finde kennt er entweder schon oder da stehen halt Sachen drin die er schon weiß und so…wär cool, wenn du mir da evt. helfen könntest…Liebe Grüße, Steffi:)

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  3. @steffi: Zum Thema Jugendarbeit: “Aktivgruppen” von Schemm und Krebs. Vielleicht das zurzeit beste Buch über kulturrelavante Jugendarbeit (siehe meine Rezension im blog vom 18. April), als geistliche Herausforderung: Claiborne “Ich muss verrückt sein so zu leben” (mehr narrativ, also seine Lebensgeschichte) oder “Teilen, was ich bin und habe” (mehr theologisch, aber sehr praktisch und gut). Vielleicht ist was dabei…

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  4. Ich bin nicht Christus. Und ihr seid es auch nicht.

    Das gute alte therapeutische Dreieck…

    Will sagen:
    Als “Ostdeutscher” höre ich “ständig” ähnliche Sachen. Die armen heidnischen Ostdeutschen… die armen aussichtslosen Ossis. Der Osten braucht Mission.

    Ich denke dann nur: “Aber hoffentlich nicht von Euch!”

    Will sagen. Runter vom Samariterross. Ins Leben. Und das Leben war schon immer scheiße! Gott jammert nicht – warum wir?

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  5. @mannfred: Glaube da reden wir einander vorbei. Es geht mir nicht um ein “hingeklatschtes Mitleid”, sondern erstmal um die Erkenntnis, dass sich unser Land in den letzten Jahren sehr verändert hat, dass soziale Strukturen und Sicherheitssysteme auseinander brechen und eine neue Armut aufkommt und viele Christen dies gar nicht sehen oder sehen wollen. Es reicht meiner Meinung eben nicht, nur seinen Hauskreis zu haben und damit glücklich zu sein, sondern wir haben auch eine Verantwortung für die Menschen um uns herum…

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  6. @toby: Ist das dein Missions-statement? Könnte ich so unterschreiben.

    @matthias: ich liebe solche praktischen Ansätze! Danke für das Franziskus-Zitat!

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