„Fängt Mission mit fair gehandeltem Kaffee an?“

Bibel, Christsein

Rückblick: Ich studiere in Amerika an der Columbia International University Theologie. Das Studium läuft ganz normal und ich freunde mich mit meinen amerikanischen Kollegen an. Wir diskutieren, lachen und kommen irgendwann und irgendwie auf das Thema Umweltschutz. Ich weise vorsichtig darauf hin, dass Amerika doch da noch einiges zu lernen hat, Mülltrennung ist ein Fremdwort und spritsparende Autos ein Groll. Passt einfach nicht in den „American Dream“. Anyway, ich versuchte gerade das deutsche Mülltrennungssystem zu erklären als meine Freunde lauthals anfangen zu lachen. Wir Deutschen wären schon ein verrücktes Volk und dann erklärten sie mir, dass es sich bei uns nicht um ein Umweltproblem handle, sondern um ein theologisches! Jetzt wurde ich hellhörig – ein Theologisches, ach ja? Die Lösung, so meine Freunde sei im Grunde so einfach wie biblisch und befinde sich theologisch gesehen in der Offenbarung wieder: Jesus wird wiederkommen und die Erde erneuern. Pause. Ich fragte unsicher nach, da ich irgendwie nicht verstand, auf was sie hinauswollten. Das war es. Nicht mehr und nicht weniger. Jesus kommt und erneuert die Erde. Umweltschutz ist sozusagen sein Problem, er wird das mal lösen und bis dahin könnten wir ruhig weiter Müll im Atlantik versenken – bis der voll ist, ist Jesus schon lange da! Alle lachten, nur ich saß etwa betröppelt da und brachte kein Wort mehr raus. Mittlerweile sind ein paar Jahre vergangen und es hat sich, auch in Amerika, einiges verändert. Der Fastpräsident Al Gore reist werbewirksam durch die Welt und versucht sich als unermüdlicher Anwalt und Aufklärer in Sachen Umwelt. In Deutschland gibt weiter das Duale System und trotzdem habe ich den Eindruck, dass gerade die Christen immer noch Probleme mit dem Umweltschutz haben. Keiner würde es so dumm-naiv ausrücken wie meine damaligen Studienkollegen und doch ist Umweltschutz etwas für Grüne, Idealisten und Weltverbesserer, oder? Es herrscht eine allgemeine Verunsicherung unten uns Evangelikalen. Beginnt das Reich Gottes etwa mit dem gelben Punkt? Fängt Mission mit fair gehandeltem Kaffee an? Will Jesus, dass ich mich um die Klimakatastrophe kümmere? Haben wir als Gemeinde eine Verantwortung für die Armut in der Zweidrittelwelt? Was vor einigen Jahren mit dem Hinweis der Wiederkunft Jesu leichtfertig vom Tisch gewischt wurde, krallt sich mittlerweile hartnäckig in unser Gewissen ein. Noch, so scheint es, kämpfen wir erfolgreich dagegen an, aber Einzelne werden schon schwach! Umweltschutz als Aufgabe von uns Christen. Ja, wo kommen wir denn hin!

47 Comments

  1. Was die amerikanischen Diskussionspartner in ihrem Überschwang nicht bedacht haben ist, dass Jesus nicht nur wiederkommen wird, um alle Probleme zu lösen. Da war doch noch was anderes …

    Wenn ich mir z.B. Mt.25,31ff so anschaue, dann könnte es sein, dass Jesus nicht nur unseren ganzen Müll verschwinden lässt – sondern auch, dass er uns vielleicht die eine oder andere unbequeme Frage stellt.

    Zum Beispiel: “Wie konntest du es übers Herz bringen, die systematische Ausbeutung der Ärmsten der Armen täglich zu unterstützen?” (z.B. Kaffeebauern, die nur wenige Cent des Ladenpreises bekommen, den wir den Konzernen für konventionell gehandelten Kaffee in den Rachen schmeißen. Der Erlös der Kaffeebohnen deckt nicht einmal die Herstellungskosten der Bauern – wie sollen sie da eine Familie ernähren?).

    Oder: “Warum hast du dich nie gefragt, wer all die Bananen und Südfrüchte für dich gepflückt hat?” (Es waren kranke, durch Pestizide vergiftete Kinder, deren Eltern ebenfalls auf den Plantagen arbeiten mußten, keine Gewerkschaften bilden durften und durch Morde eingeschüchtert wurden.)

    So gesehen fängt nicht erst Mission mit fair gehandeltem Kaffee an – die Frage stellt sich schon viel früher. Als Christ zu leben, bedeutet für mich auch, verantwortlich vor Gott zu leben. Da gehört auch Umweltschutz und bewußter Konsum untrennbar dazu – denn es geht nicht nur um Idealismus, sondern um konkrete Menschen, die von den negativen Folgen meiner Lebensweise betroffen sind. Irgendwo, in einem unterprivilegierten Land am anderen Ende der Erde.

    Natürlich bin ich mir dessen bewußt, dass sich nicht jeder Bio oder fair gehandelte Produkte leisten kann und dass es einen 100%ig ethisch korrekten Konsum in unserer Gesellschaft einfach nicht geben kann. Aber da, wo es meine Mittel erlauben, sehe ich es als Pflicht an, ein wenig zu einer besseren Welt beizutragen. Retten kann ich sie ohnehin nicht – aber zumindest bruchstückhaft die Idee vom kommenden Gottesreich in die Tat umsetzen.

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  2. Herrlich! Oder wie es mal ein befreundeter Künstler und Theologe in einem Dienstgelübde sinngemäß formulierte: “ich gelobe,[…] und die Satire als Form der prophetischen Rede anzuerkennen”

    Geschwisterschaft und Interdependenz erfordern eben bisweilen stahlharte Nerven.

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  3. Manfred

    – Der grüne Punkt is Quatsch. Am Ende wird eh alles verbrannt.

    – Das Beispiel passt wunderbar in den anhaltenden Antiamerikanismus.

    – Die Antwort auf alle Fragen ist immer noch: Verkaufe was Du hast und gib es den Armen. Aber das will niemand.

    Wir stehen auf Gandhi und Montagsdemos. Gleichzeitig sind wir aber dafür, dass es auch Christen gegeben muss, die sich in Politik und Wirtschaft einbringen und daher ein entsprechendes Leben führen müssen. Armut ist nichts für uns… Wir stehen auf Worte von Franz von Assisi, ohne eines davon zu tun.

    Wir bloggen über arme Kaffeebauern anstatt keinen Kaffee mehr zu trinken. Wir abonnieren den Spiegel anstatt den Leuten im Zug zu sagen, dass ein Platz zum Sitzen reicht.

    Was bringt es, Fragen zu stellen, deren Antworten man nicht mag?

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  4. @manni: schön, dass du weiter kommentierst! 🙂

    noch schöner, dass es in Eppingen keinen gelben Sack gibt, sondern ein wirklich ökologisches Recyclingsystem habt – da wächst der Glaube, ob man will oder nicht!

    Ich liebe Amerika und es ist nun mal real passiert, Stimmung hin oder her!

    Veränderung fängt mit dem Denken an und nur du weißt alle Antworten, ich ringe noch drum, um meine Antworten und meine Umsetzung.

    Nur aufgeben udn besserwissen gilt nicht…

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  5. Manfred

    Ich glaube, wir reden grundsätzlich aneinander vorbei…

    #Recycling
    Deinen Verweis auf das Recycling verstehe ich nicht. Im Landkreis Heilbronn muss man alles sehr genau und vielfältig trennen. Und dann wird es tatsächlich “thermisch verwertet”.
    In meiner Heimat haben wir gelbe Säcke. Die Inhalte werden von dort von Arbeitskräften am Fließband sortiert (und später thermisch verwertet).

    #Kaffee
    Das einzige was Fairtradekaffee bewirkt, ist das Gewissen, etwas gutes getan zu haben. Niemand braucht Kaffee. Es ist Luxus. Und den “gönnen” wir uns. Tja und wenn dabei noch ein Cent mehr für den Kaffeebauern rausspringt, sind wir glücklich. Fairtradekaffeebauern haben aber trotzdem weder Sozial- noch Krankenversicherung.

    #Comments
    Du hättest wenigstens mal drüber nachdenken können. Und komm mir jetzt nicht mit der Einstecken und Austeilen Geschichte. SRY. Darauf habe ich keinen Bock. Du hast mich schlichtweg nicht verstanden.

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  6. @manni: Du machst es dir echt einfach: Das unverstandene Genie, kritisiert alles und weiß alles. Es gibt nicht nur schwarz/weiß und es gibt nicht nur deine Meinung. Wenn ich dich nicht verstehe, dann erkläre es mir.

    Das mit dem Verzicht ist eine interessante aber verdammt schwierige Sache. Aber damit ist auch nicht alles gelöst. Kaffee würde ja noch gehen, aber das zieht sich ja durch unseren ganzen Lebensstil. Rückzug auf den autarken Bauernhof – ob das die Lösung ist? Damit ist das Thema Verantwortung und Gerechtigkeit aber auch nicht gelöst, und mit dem Gewissen, je nach dem, auch nicht…

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  7. @Manfred: Ich glaube du siehst die Dinge etwas zu pauschal. Es ist leider ein Faktum, dass manch getrennter Müll “thermisch verwertet” wird. Es ist auch wahr, dass viele, die Franz von Assisi irgendwie verehren, oder wenigstens zitieren (ich gehöre zu letzterer Species) seinem Vorbild nicht nachkommen und seine Berufung (die Geschichte mit dem Aussätzigen) nicht teilen. Und es ist auch wahr, dass der Wunsch, die Welt ein klein wenig besser zu machen, bisweilen darin mündet, aus unserer Sicht ignorante Staaten wie die USA verbal zu geißeln. Last but not least kann Transfair-Kaffee allein nicht alle Probleme der betroffenen Bauern lösen, I agree!

    All das bedeutet aber nicht, dass KEIN gelber Sack sachgerecht recycelt wird, dass Christen KEINERLEI Empfinden für Solidarität und Gerechtigkeit haben und auch nicht dass Weltverbesserer AUSNAHMSLOS Antiamerikanisten sind. Und wiederum IST Transfair-Kaffee ein Baustein, der den globalen Handel etwas nachhaltiger macht.

    Ein Zitat bewegt mich seit ein paar Jahren: “Man kann nicht allen helfen, sagt der Engherzige, und hilft keinem!” (Marie von Ebner-Eschenbach).

    Wohlgemerkt: Es bewegt mich, weil ICH mich darin gelegentlich wieder entdecke!

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  8. Aber haben wir da nicht (auch) ein tatsächliches theologisches Problem? Nämlich ein eschatologisches? Und darin ein ontologisches? Denn damit die Sache mit dem Umweltschutz nicht nur ein Moralübung ist, um unsere Seele geistlich wachsen und reifen zu lassen, brauchen wir doch eine Lehre von den letzten Dingen, die uns lehrt, dass bei der Verwandlung der alten Erde in die neue Erde die alte nicht komplett futsch geht. Wir brauchen also anstatt der Alles-geht-in-Arsch-Theologie eine andere, letztere kenne ich jedoch (ausgearbeitet) nicht. Mclaren und Moltmann haben mir geholfen ein wenig in diese Richtung zu denken, aber wo wird das denn gepredigt? Wie reden ja noch nicht mal von der neuen Erde und dem neuen Himmel, sondern (in unserem Dualismus von Leib und Seele) höchstens von einem (vergeistigten) Himmel…

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  9. Manfred

    Ich wäre nur dankbar, wenn anstatt meine Person, meine Meinung kritisiert würde.

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  10. Manfred

    Ich finde es echt scheiße, von Dir so ne Titel wie “unverstandene Genie” zu kriegen.

    Das ist nicht nett. Ich schreibe auch nicht schlecht über Dich.

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  11. @manni: Kann man Person udn Werk trennen? Ich glaube zwar nicht, aber wenn du es kannst, will ich es gerne auch probieren. Das war auch nicht despektierlich gemeint, außerdem verstehe ich deine Empfindsamkeit nicht so recht, du wirfst und unterstellst mir die ganze Zeit mieseste Meinungen und Absichten und wenn ich mich “wehre”, fühlst du dich ungerecht behandelt. Komm, lass uns auf die sachliche Ebene zurückkehren und Müll trennen… 😉

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  12. @tobik: Das ist ein interessanter Gedanke, denn die Eschatologie beginnt mit dem Reich Gottes und dieses ist schon mitten unter uns. Dieser wirre Zustand zwischen jetzt und noch nicht, ist meiner Meinung nach der Schlüssel zum Weiterdenken. Wir fangen an und wissen doch, dass die endgültige Erlösung erst noch kommt.

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  13. Ich bin froh heute beim Bloggen hier gelandet zu sein (über Matzes Seite) – hier geht ja mal eine richtige Diskussion ab. Ich finde eigentlich alle Ansätze richtig interessant und habe mich gerade dabei erwischt ein wenig in dem “Verzichts-Gedanken” abzudriften. Kaffeee war der Aufhänger, “Wieviel ist mir Kaffee wert und wie viel meines Einkommens geht für Kaffee drauf?” die anschließende Frage. In der Tat muss ich Manfred hier Recht geben denn ich habe den Eindruck, dass Kaffee ein blödes Beispiel ist und ich die “Ökos” die nur fair-gehandelten kaufen oft belächle. Ich treffe diese dann nämlich gelegentlich im Aldi und sehe sie glücklich dabei wie sie eines der 10 EUR Elektrogeräte kaufen und froh sind ein Schnäppchen gemacht zu haben. Woher kommen diese günstigen Elektrogeräte? Aus China. Was kommt denn noch alles so aus China? Meine Mikrowelle, meine Hifi Anlage, mein Notebook, meine Kleidung, mein Handy, mein Fernsehen,…. In welchen Zuständen wird da eigentlich produziert? Sozialversicherung? Krankenversicherung? Ich bin mir sicher da werden eher noch Fragen bzgl. des Überlebens und Sattwerdens gestellt. Meine Gedanken kommen zurück zum Thema Verzicht. Ich stelle mir vor, dass alles was ich besitze und konsumiere was nicht menschenrechtskonform und oder ökologisch produziert wurde vor meinen Augen verschwindet. Was bleibt? Ist es möglich, dass auch nur ein Bruchteil der 6 Milliarden Erdenbewohner in einer wie hier geforderten Welt lebt?

    Glaubt irgendjemand wirklich, dass auch nur eines der genannten Länder froh darüber wäre wenn der reiche Westen keine der Produkte mehr importiert?

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  14. @BenjaminG: Du beschreibst die Spannung in der wir leben, es scheint keine “einfache Lösung” zu geben, trotzdem erscheint es wichtig, dass wir usn damit auseinander setzen. Die größte Sünde ist vielleicht, dass wir es erst jetzt tun…

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  15. tobik,

    verstehe ich nicht recht. Warum brauch man eine theoretische Rechtfertigung für etwas, das man mit “Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst” bestens untermauern kann?

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  16. Das Problem mit schlechter Theologie ist dass sie immer nur halb wahr ist. Lt. Römerbrief 8 ist die Welt in einem schlechten Zustand, durch Gott und durch uns, und wird erst besser, wenn wir verherrlicht werden.

    Das ist natürlich kein Grund die Welt zuzumüllen. Und es geht auch nicht darum, das Gewissen zu bereinigen, weil wir Menschen immer ein schlechtes Gewissen haben werden. Es geht darum, etwas zu verändern.

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  17. 2 Sachen:
    1. Ganz ehrlich finde ich es angesichts der weltweiten Situation bzgl. Klima und Ungerechtigkeit (Zusammenhänge dazu unter http://www.klimagerechtigkeit.de) mehr als zynisch und (sorry, will niemand hier dissen) fast dumm, überhaupt zu fragen, ob wir was für die Umwelt tun sollten. Meine Güte, wir teilen diese Welt, wir atmen alle dieselbe Luft, wir gehören alle der Spezies Mensch an. Da kann man doch nicht ernsthaft fragen, ob wir uns um Klimagerechtigkeit kümmern sollten. Ich meine, das ist Teil unsere Mission, das Reich Gottes zu bauen.
    Hätte Gott gewollt, dass wir auf nem Müllberg wohnen, hätte er uns einen geschaffen, aber es fing alles mit dem Garten an, den wir nicht nur beherrschen (1. Schöpfungsbericht), sondern auch bebauen und bewahren sollen (2. Schöpfungsbericht). Da kann es doch jetzt keine Frage sein, ob wir uns um den weltweiten Garten kümmern sollten!?

    2. Mir ist die Tage eine Sache aus der Noah-Geschichte aufgefallen. Gott schließt einen Bund mit dem Getier, dass er es bis in Ewigkeit nicht mehr ausrotten will (Gen 9,8ff). In der ganzen Story wird Gottes Liebe zu den Tieren immer wieder betont. Klar, ist nur ein Teil des biblischen Befundes, aber einer, der mich wirklich angesprochen hat. Wenn Gott seine Tiere nicht ausrotten will, sollten wir den Job dann machen bzw. ihn mit verantworten? NO!

    schönen, etwas emotionalen Gruss, AndiB

    http://www.kirche-21.de
    http://www.futurefaith.de

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  18. @danny: Ich glaube schon, dass unser theologisches Verständnis unser Handeln leitet. Heißt, wir müssen uns auch in einer gefallenen Welt theologischen Fragen stellen und diese Leben, dazu gehört auch die Schöpfungsverantwortung bzw. eine Schöpfungstheologie. Gerade Römer 7+8 zeigt das Ringen des Menschen und die beginnende Befreiung durch das Wirken des Geistes.

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  19. @andib: Ich gebe dir Recht. Mein Problem ist: Nach der Erkenntnis kommt die Umsetzung, die sehr viel schwerer ist, wie mir manni zurecht vor Augen führt. Trotzdem beginnt die Umsetzung mit kleinen Schritten im Alltag… und denken, darf man auch das GRoße! 🙂

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  20. Ja, umsetzen ist wirklich schwieriger als bloggen … und das meine ich nicht so mal nebenher.
    Bin momentan aber sehr froh, dass viele an der Stelle aufwachen und die Dinge zusammendenken.

    Mein Statement zu Mission und fair gehandelten Kaffee bzw. Klimagerechtigkeit und Gesellschaftstransformation ist: Wer sich um die Seelen der Menschen kümmern will, muss sich auch um das kümmern, was die Seelen der Menschen beschäftigt. Das hat was von Inkarnation, Inkulturation und auch einfach von Humanität. Menschen sind mehr als zu rettende Seelen!

    … und noch was zu Fair Trade:
    Ich war vergangene Woche auf ner Fortbildung zum Thema Globales Lernen. Es ging dabei weniger um eine westliche, einspurige und kulturfremde Entwicklungshilfe, sondern darum, ein Gefühl für die Systeme und Wege der weltweiten Ungerechtigkeit zu bekommen und darum, erst mal hier anzufangen eine neue Weltsicht und neues Verhalten zu lernen. Es ging darum, die Komplexität unserer Situation zu erfassen und grundsätzliche Verhaltensweisen zu entwickeln, die z.B. sensibel sind für Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Also weniger darum, schnell ein paar Tropfen auf den heißen Stein zu schütten, sondern langfristig ein neues Verhalten als verantwortungsbewußter Weltbürger zu entwickeln. Das ist für mein Empfinden der Schritt, der nach Fairtrade kommt. Da bin ich jetzt noch dran, denke weiter, lese weiter und habe das Gefühl, es ist eine gute Spur um Denken, Glauben und Handeln zu verbinden. To be continued.

    Gruss AndiB

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  21. Manfred

    Das Reich Gottes ist nicht eine bessere Welt. In Mission und Evangelisation geht es darum, dass Menschen von Jesus hören und mit ihm leben.
    Daher gehört Umweltschutz nicht zur “Mission”. Sehr wohl aber zum “Kulturauftrag” (bebauen und bewahren).

    Ja, man muss sich als Christ um Umweltschutz kümmern. Aber das hat nichts mit Mission zu tun. Die “Rettung der Seelen” muss, meiner Meinung nach, das Zentrum sein.

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  22. @manfred: Genau das glaube ich nicht! Heißt Mission wirklich nur “Seelen” retten? Ich glaube, dass der individualistische Heilungsbegriff den wir im evangelikalen Raum oftmals haben eine Engführung ist, die biblisch nicht haltbar ist. (vgl. meine Kurzauslegung in Gesellschaftstransformation Part 3)

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  23. Manfred

    Aber da ist doch am Ende das wichtigste…

    Ich kann nichts für meine Herkunft. Mein Leben ist sehr begrenzt. Ebenso kann ein bettelarmer chinesischer Bauer nichts für seine Herkunft. Wir werden beide sterben. Und dann zählt nur noch die Rettung.

    Wenn man “Mission” auf Gesellschaftstransformation erweitert, verschwimmt meiner Meinung nach das Zentrum: Die Vergebung der Sünde. Das Leben mit Gott.

    Die “Transforamtion der Gesellschaft” mag eine gute Lebens- und Denkensgrundlage sein, wäre mir aber zu undeutlich in der innersten Ausrichtung.

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  24. Ja, mit der “inneren Undeutlichkeit” bei Gesellschaftstransformation gebe ich dir recht, da muss weiter dran gearbeitet werden. Aber die eindimensionale Bedeutung von Heil ist mir zu dünn, gerade das Beispiel: erst geistlich retten, dann folgt soziale Verantwortung halte ich für einseitig und falsch. Beides gehört zusammen und kann und darf nicht getrennt werden. Ich glaube, dass das auch eine Frage des Gottesbildes und der Hermeneutik ist.

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  25. Worin besteht denn dieses “von Jesus hören und mit ihm leben”? Also OK, das mit dem hören ist ja noch relativ einfach. Aber mit Jesus leben ist ja nicht damit erschöpft, pausenlos die Bibel vor mir her zu tragen, sondern es besteht eben gerade darin, die Herausforderungen meines Alltags und meiner Umwelt (jetzt mal nicht auf den Öko-Aspekt verkürzt) mit meinem Herrn zu besehen und Lösungen zu finden. Und das ist ja gerade wieder die aktive Gestaltung.

    Evangelisation muss doch ein Ziel haben. Und die unfassbare (!) Rettung meiner Seele ist mir da nicht “Ziel” genug. Indem das Evangelium die Trennung zu Gott überwindet, stellt es mich doch vor neue Paradigmen des menschlichen Zusammenlebens. Wenn Gott mir vergibt, verändert das meine Haltung gegenüber anderen Menschen. Auch gegenüber Kaffeebauern in Nicaragua…

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  26. Wie sagt McLaren so schön: Das Gott für meine Sünden gestorben ist und ich durch den Glauben an ihn wieder Anteil an Gottes Reich habe ist zwar wahr, aber eben nicht die ganze Wahrheit…

    Ich weiss auch nicht, ob eine solche “Ausweitung der Predigtzone” das Evangelium wirklich verwässert. Mit einem Überangebot an Heilsversprechen im Rücken wird sich wohl kaum einer mehr in ein schlecht beheiztes Nachkriegs-Evangelisationszelt verirren. Wenn man aber eine Wahrheit hat, die sich tatsächlich verändernd auf das eigene Leben auswirkt, dann dürfte das wesentlich mehr Interesse wecken, als den Menschen einzureden, dass sie alle Sünder seien und dringend der Rettung bedürfen. Bei uns bedarf nämlich erstmal keiner mehr was. Ausser irgendwelcher Schnäppchen bei Media Markt, natürlich.

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  27. @ manfred: habe auf diesem blog(?) vor einiger Zeit n hübsches Zitat gefunden das Franziskus zu geschrieben wurde: “Verkündigt das Evangelium, wenn nötig, dann verwendet Worte dazu”. Amen.

    Wenn ich auf Menschen treffe, dann versuche ich NICHT sie zu bekehren sondern mit Ihnen leben zu teilen. Sobald die mich länger als 2d kennen checken sie das ich Christ bin und öfter fragen SIE dann was ich warum und wie Glaube.

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  28. Manfred

    @ Ralf: Und Paulus sagt: Der Glaube kommt aus der Predigt ^^

    Aber diese Diskussion möchte ich nicht vom Zaun brechen.

    Überhaupt sind Zitat gefährlich.. man zitiert nur was einem passt. Außerdem ist es meist aus dem Zusammenhang. (Franziskus lebte in einer Welt, die sich grundsätzlich als christlich verstand, daher wäre die Frage, was Franz meint…)

    Natürlich muss mehr gepredigt. Dafür gibt es Predigtvorgaben, dass man nicht immer nur das selbe erzählt, sondern durch die ganze Wahrheit predigt.

    Mir ging es weniger um Wahrheit, oder einen biblische Gesamtschau für unsere Zeit und Kultur, sondern um Mission und Evangelisation.

    Ich glaube, dass der Glaube an sich immer wieder neu gefunden und definiert werden will uns muss. Da gehört auch “unsere Globalisierung” dazu. Auf dieser Ebene verstehe ich auch das, was Tobi mit Transformation” bezeichnet. Quasi wirksames, relevantes und ganzheitliches Leben der Gesamtheit der Schrift. Das kann ich grundsätzlich auch so sehen.

    In Mission und Evangelisation muss es aber (meine Meinung und nicht nur meine) im letzten um die konkrete Rettung konkreter Menschen gehn. Und natürlich muss mit der Evangelisation die Diakonie einhergehen! Beides gehört in die Gemeinde. Beides ist parallel aber nicht identisch.

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  29. @tobiK: Ja, mit dieser verändernden Kraft in uns ist das so eine Sache, wenn die nur manchmal genauso sichtbar wäre, wie unsere apologetische Abgrenzung….

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  30. @manni: von der traditionellen Benennung der Begrifflichkeiten hast du sicherlich Recht. DIe Frage ist, ob wir nicht neue Begrifflichkeiten mit einer neuen Füllung brauchen. In der Bibel gibt es diese scharfe Trennung zwischen Evangelistik und Diakonie jedenfalls nicht, warum sollten wir sie beibehalten?

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  31. Ich kenn da ne super Semester-Arbeit zum Thema Fairer Handel und Mission :))
    Und dann zitier ich mal Thomas Weißenborn: Die Erde ist ein untergehendes Schiff und wir können die Zeit des Untergangs verlängern, damit noch mehr Menschen gerettet werden können…

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  32. eure Diskussionen sind wirklich interessant, vor allem was manfred sagt. Mission ist für mich, mal platt und ein wenig undifferenziert gesagt, menschen für gott zu gewinnen. kann ich das, wenn ich kaffee trinke, der kaffeebauern krank macht, wenn ich mich im missionsland nicht politisch engagiere und tatenlos der korruption der regierung zuschaue, wenn ich esse, während neben mir mein nächster verhungert, erkrankt, verdurstet, wenn ich fisch esse,während z.b. eu-fischer vor afrika das meer ausbeuten und den afrikanischen fischern nichts mehr bleibt etc.? wenn wir mission nicht ganzheitlich leben, sprich durch lebensstil und solidarischer verantwortung missionieren, dann würde ich mich als bürger der zwei-drittel-welt gott nicht anschließen. ich denke, für die armen unserer erde hat sowieso, spätestens durch die globalisierung, der dritte weltkrieg schon längst begonnen!

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  33. Ich lebe in einem Land, wo die Welten zusammen prallen – die Menschen hier zu retten (wozu auch immer!) ist ziemlich schwierig!

    Was sie nicht brauchen sind Missionare, die denken sie koennten ihre Seelen retten – das kann nur Gott. Sie brauchen auch keine Menschen, die abstrakt diskutiren (es sei denn es zieht langfristige Verhaltensaenderung nach sich, wie sie anib postuliert). Vielleicht brauchen sie Verzicht – der koennte langfristig global etwas veraendern. Da muss ich mich mit Manfred sicher kritisch fragen, ob ich dazu bereit bin. Ich kann sogar in Afrika eine Konsumsau bleiben.

    Vielleicht brauchen Menschen Solidaritaet. Sich eins machen. Mitleiden. GNADE!

    Gott ist gekommen, ist da und bleibt mitten in deiner Situation, mitten in dein Leid. In deine Krankheit, in deine Armut, in deinen Tod. Wir muessen niemand retten! Wir muessen gnaedig werden! Sonst kommt Jesus vielleicht wieder, zu einem ausgebeuteten Kaffeebauern in Costa Rica und ich merke es hier in Afrika nicht!

    Matze

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  34. Manfred

    Verzicht – meine Meinung. Lieber keine Kaffee, als der, der Leute killt irgendwelche Starbuckstypen reicht macht.

    Was ich aber noch zu Matze von “Dichristins Blog ” los werden möchte ist, dass ich denke, dass wir oft zu hart mit einander umgehen.
    Es gibt wirklich viele Missionare, die tatsächlich, Leute retten wollen – das aber seht gut machen. Die Leute wirklich lieben und wissen, was Gnade ist.
    Es gibt ne Menge Christen überall auf der Welt, die nen echt guten “Job” machen.

    Und keine Angst, wenn Jesus wieder kommt, werden wir es alle merken.

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  35. @ulli: Das Problem das ich habe ist, dass ich die von dir beschriebenen Sachen nicht direkt sehe. Ich sehe eher meinen Geldbeutel als ausgebeutete Menschen und ich glaube, dass es ein Paradigmenwechsel des Denkens braucht, die Dinge zusammenzubekommen um Verantwortung auch darin wahrzunehmen. Und ich merkewie ich dem völlig zustimme und wie schwer es mir fällt es in meinem Alltag umzusetzen…

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  36. @matze & manni: Ich glaube, dass es beide “Sorten” von Missionaren gibt und ich möchte niemanden die Liebe absprechen, aber hier sieht man, wie wichtig die Theologie ist, die das Handeln leitet. Habe ich eine reine “Bekehrungstheologie” werde ich auch dementsprechende Prioritäten in meiner Arbeit setzen. Ich weiß von was ich rede, war selbst mal ein Jahr bei OM. Aber hier glaube ich, dass sich sehr viel ändert und viele Missionswerke in ihrem Denken der Kontextuellen Theologie unseren Gemeinden in Deutschland weit voraus sind.

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  37. Manfred

    Hast Du grad OM gedisst?

    Das ganz tolle an Gott ist, dass er sogar die benutzt, die Christen benutzt, die absolut zuwider sind (was nichts mit OM zu tun hat). Ab shcon so einige Christen “gesehen”, die mir voll auf die Nerven gehen aber offensichtlich “gebraucht” werden.

    So können wir uns auch hier nicht rühmen..
    Tjaja.. Gott macht sein Ding und wir sind nur Mitarbeiter (und das bin ich gern!)

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  38. ich, schon wieder

    Sorry für die vielen Rechtschreibfehler!

    Wollte sagen: Das Gott auch ganz oft die Arbeit von Christen segnet, mit denen ich nicht klar komme. Die ich als gesetzlich und oberflächlich, religiös korrekt empfinde.

    Antworten
  39. @toby: erst mal dank für deine posts über transformation und diesen. ich glaube, ich muss bei solchen sachen demnächst die kommentare mit abonnieren, weil ich erst jetzt durch vries-land festgestellt habe, wie intensiv hier debattiert wurde.

    Antworten
  40. da habe ich ja nette diskussionen verpasst, in den letzten tagen. sehr cool! ist fairtrade produkte kaufen “missionarisch”? nun, mag sein. allemal, wenn heil eben den ganzen menschen betrifft. der umkehrschluss ist allemal treffend: “unfaire” produkte kaufen und heil/erlösung bringen wollen bzw. missionarisch sein zu wollen ist mindestens zynisch, wenn nicht hochgradig geheuchelt. naja, komplexes thema, was ja auch die fülle an comments zeigt.

    Antworten
  41. manfred

    @markus

    viel spaß beim richten. wir sitzen alle im selben fachwerkhaus…

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  42. Zum Thema Christen und Umweltschutzt gibt es ein sehr sehr inspirierndes Kapitel in einem Buch das ich neulich mal las:
    Rob Bell, Jesus unplugged. Das Siebte.

    Es sind etwas zuviele Gedanken um sie hier einfach zu reproduziren, aber wer das Buch hat schaut mal rein.

    Der Kerl ist übrigens Amerikaner

    Lieben Gruß
    Samuel

    Antworten

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