„Umfrage Spiritualität im Jugendalter“

empirica, Kultur & Glaube, Postmoderne

Anfang September haben wir von Institut empirica eine Umfrage zum Thema „Spiritualität im Jugendalter“ gestartet und ich hatte auch im blog zum Mitmachen geworben. Vielen Dank für alle, die sich daran beteiligt haben. Mittlerweile haben wir die Umfrage ausgewertet und es sind einige Interessante Ergebnisse herausgekommen.

Die Zielgruppe waren christlich engagierte Jugendlichen und die Gestaltung ihrer Spiritualität. Die Ergebnisse kann man mit „Unsicher zwischen Tradition und Aufbruch“ treffend beschreiben. Viele der Befragten Personen suchen neue Wege zur Gestaltung ihrer Spiritualität, verlassen dabei traditionell geprägte Pfade wie die „Stille Zeit“, und bleiben in ihrer Suche stecken. So geben nur 22% an, dass sie zufrieden sind mit ihrer Spiritualität. Viele sind auf der Suche haben keinen festen Ort oder Zeitpunkt. Der Wunsch ist dagegen klarer: Mehr auf Gott hören und mehr mit ihm erleben. Interessant ist, was dabei hilft die eigene Spiritualität zu finden und zu fördern: Gemeinschaft, persönliche Erfahrungen mit Gott und Freunde. Interessant sind auch die Unterschiede zwischen Männer und Frauen oder auch zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Wer sich dafür interessiert, kann hier die Ergebnisse einsehen.

Was empirische Umfragen bewirken können, sieht man gerade am Beispiel Willow Creek in Amerika. Eine Umfrage zum Thema „Geistlicher Wachstum“ war erschütternd, da viele der Willow Gemeinde eine Konsumerhaltung statt einer geistlichen Selbstständigkeit. Die Pastoren haben darauf öffentlich bekannt, dass sie Fehler gemacht haben und Dinge verändern wollen. Eine Interessante Geschichte, die verschiedene Fragen aufwirft. Zum einen die Frage nach der Messbarkeit von geistlichem Wachstum? Aber auch nach der Notwendigkeit dazu. Und zum anderen die Frage nach Perfektion und Methode im Gemeindewachstumsprozess? Nach großen Gemeinden und ihren Wirkungen? Interessant dazu auch, das Interview von Greg Hawkins von Willow.

18 Comments

  1. Susi, Cuxhaven

    Vielen Dank für diese interessante Umfrage und deren Auswertung. Dass Jugendliche unzufrieden mit ihrer Spiritualität sind, wundert mich gar nicht. Mir und meiner Generation (Jg. 58) ging es in dem Alter nicht anders. Man ist auf der Suche …
    Was früher anders war: Uns wurde verbal eingeprügelt, dass Glaube nichts mit Gefühlen zu tun hat (dargestellt z.B. in der berühmten Zeichnung von einem Zug: Vorweg die Lokomotive “Glaube”, als allerletzter angehängter Wagen das “Gefühl”).
    Was diese “Lehre” an Schaden angerichtet hat, ist kaum zu ermessen. Die, die dennoch im Club der Glaubenden geblieben sind, wissen es heute – Gott sei Dank – besser. Wir wollen und können Gott spüren und erleben. Gemeinschaft hilft sehr dabei (Ich selbst bin seit 23 Jahren in einer christl. Lebensgemeinschaft).
    Was auch hilft und nicht zu unterschätzen ist: Geistliche Vorbilder, Mentoren, Mütter und Väter im Glauben. Doch die gibt es leider viel zu wenig. Wie gut würde es jungen Leuten tun, in ihren Fragen verstanden und vorbehaltlos angenommen zu sein!
    Trotzdem kann Gemeinschaft nicht alles sein. Wenn man vor leerem Kühlschrank steht, kann man sich zwar beim Nachbarn was zu Essen leihen. Doch irgendwann muss man auch selbst einkaufen gehen. Direkt zur Quelle kommen, statt aus zweiter Hand zu leben. Will sagen: Regelmäßige Stille vor Gott, egal in welcher Form, ist unersetzbar, wie schwer sie auch fallen mag.
    Insgesamt aber sind heute gute Voraussetzungen gegeben: eine Fülle hilfreicher Literatur, eine wachsende Offenheit für neue Formen und das Bewußtsein dafür, wie wichtig absolute Ehrlichkeit und Authentizität vor Gott und Menschen ist.

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  2. Interessant. Eine geistliche Konsumhaltung hindert also geistliches Wachstum. Heißt das, das ein Gemeindeprogramm, das zu eine zu starke pastorale Ausrichtung entwickelt in der Gefahr steht, geistliches Wachstum zu hindern. Weil alle die, die jetzt von dem netten Pastor betreut werden nicht mehr selber wachsen müssen. Die ham ja den Pastor, der sich um sie kümmert.
    Vielleicht zu krass formuliert, aber in der Tendenz sehe ich das auch in unseren mehr oder weniger lebendigen, evangelikalen Gemeinden in Deutschland. Was würde denn übrig bleiben, wenn der Pastor mal ein halbes Jahr Urlaub hätte???………
    Ich glaube, ich muss da mal weiter drüber nachdenken.

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  3. Ein echt sehr interessantes Ergebnis der Umfrage.
    Eine kleine Anmerkung habe ich noch dazu.
    Wie werden denn die Antworten in Prozent ausgerechnet, weil die stimmen bei einigen Fragen nicht so wirklich, oder?

    z.B. Frage 11 Wann bist du zum Glauben gekommen?

    Müssten da die richtigen Prozentzahlen nicht:

    unter 12 Jahre = 41,05 %
    zwischen 12-19 Jahre = 51,85 %
    über 20 Jahre = 7,10 %

    heißen?!?

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  4. @eagleeye: Ich sehe da keine Tendenz- ich sehe da ein riesiges Problem! Ich möchte nicht wissen, was passiert, wenn wir in unseren deutschen Gemeinde so eine Umfrage machen würden. Ich glaube, dass sich einiges ändern muss…

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  5. Hi Toby,
    hab mir eben mal die Ergebnisse angeschaut. Cool mal solche Sachen zu lesen und nicht nur “Wie wirkt sich der Sozio-ökonomische Status auf die Intelligenz aus” oder sowas 🙂 Hab 3 spontane Fragen/Gedanken/Anmerkungen:

    1) Ich frage mich wie man “geistliche Unzufriedenheit” wirklich deuten muss. Ich denke schon, dass es auch so ist, aber bedenken muss man wahrscheinlich auch das Problem, dass kaum einer sagen würden “Klar, bin bestens zufrieden. Alles super bei mir”? Oder? Kennzeichnet sich ein “guter Christ” allein in unserem Denken nicht schon dadurch aus, dass er stets auf der Suche ist und Hunger nach mehr hat? Interessant fände ich in diesem Zusammenhang oder als weiteren, ergänzenden Schritt daher auch offenen Fragen und Interviews. Klar.

    2) Gemeinschaft und Gemeinde
    Ich könnte mir vorstellen, dass manche so ähnlich wie ich gedacht haben: Gemeinde wir mehr als Gottesdienst an sich definiert oder gesehen. Gemeinschaft hat was lebendigeres, organischeres vom Klang/Wort her. Wenn ich Gemeinschaft ankreuze beinhaltet das Gemeinde auch ein Stück weit. Daher kreuz ich es nicht explizit nochmal an? (wie gesagt, ich werf einfach mal meine spontanen Gedanken hier rein. Vielleicht schneidet Gemeinde “in echt” gar nicht so schlecht ab. Wäre es ganz oben auf der Liste gestanden hätten es vielleicht mehrere spontan gleich angekreuzt?!

    3) Bekehrungsalter
    da bei der Umfrage die meisten noch “im Jugendalter” waren, wäre es seltsam gewesen wenn sich der Großteil erst ab 30 bekehrt hätte?! Trotzdem stimmt das natürlich mit der Wichtigkeit von Kinder- und Jugendarbeit, keine Frage.

    So far zu meinen Gedanken. Finde eure Arbeit super und freu sehr, auf weitere Teilnahmemöglichkeiten als Versuchsperson und spannende Ergebnisse! 🙂

    LG, Julia

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  6. @julia: Vielen Dank für deine guten Anmerkungen. Zum ersten Punkt, da gebe ich dir absolut Recht und da habe ich ja auch was in der neuen dran geschrieben, es ist schwer “geistlich zufrieden” zu sein und doch denke ich, wenn man das Gesamtergebnis sieht, ist eine sehr große Verunsicherung zu spüren. Das zeigt auch in dem Punkt Gemeinde bzw. Gottesdienste, ich finde es erschreckend, dass so viele in den Gottesdienst kommen, dies aber anscheinend wenig mit der eigenen Spiritualität zu tun hat. Das sollte uns zu denken geben.

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  7. Matthias H.

    ich finde die Formulierung total treffend:

    “verlassen dabei traditionell geprägte Pfade wie die „Stille Zeit“, und bleiben in ihrer Suche stecken”

    vielleicht sollte man gerade hier als gemeinde ansetzen und mal ganz andere dinge anbieten. klingt so einfach, ist es wohl aber in der praxis nicht…

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  8. Bitte gebt uns Traditionen wieder!

    In letzter Zeit wünsche ich mir regelrecht,dass ich vorformulierte Gebete habe,die ich sprechen kann, egal zu welchem Thema.

    Ich erlebe es gerade sehr stark,dass soviel “Freiheit” da ist,aber keine Orientierung.

    Uns wurde beigebracht,dass Tradition, wie “Stille Zeit”,schlecht ist,da dies die Beziehung mit Gott nicht ausmacht.
    Doch ich denke,dass wir beraubt dadurch beraubt wurden.

    Ergebnis:
    Jugendliche achten keine Grenzen, können ihre Bedürfnisse nicht zurück stecken, haben keinen Halt, können sich nicht länger konzentrieren und ihr Verhalten schreit nach Tradition.

    🙂 Ich zähle mich auch mit dazu!

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  9. @Mareike: Ich vermute, die “Stille Zeit” wurde Euch von Leuten ausgeredet, die selbst keine Kraft (mehr) daraus geschöpft haben, und das wiederum könnte mit dem zu tun haben, was ich ganz oben im Kommentar beschrieben habe. Es sind tatsächlich immer die extremen Pendelausschläge, die irgendwann Probleme machen.
    Zum Glück gibt es Möglichkeiten, Traditionen neu für sich zu entdecken. Hilfreiche und schön formulierte Gebete z.B. kannst Du sicher in einer gut sortierten (christlichen) Buchhandlung finden. Oder auch Anleitungen für eine interessant und jugendgemäß gestaltete Stille Zeit. Alles Gute auf deiner Suche!

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  10. @Susi:
    Ich zähle mich zwar dazu,aber bin schon in dem Alter,dass es jetzt meine Aufgabe ist,was ich gelernt habe oder mir angeeignet,an Andere weiterzugeben.

    Vielleicht haben wir uns ja auch einfach zu oft gespalten. Das macht Spiritualität schwierig, denn der Charismatiker brauch den stock Konservativen wie auch andersrum.

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  11. Lieber Tobias, lieber Blogger, Peter aus München hat mich durch einen kurzen Kommentar dazu ermutigt, mich hier im Blog zu melden. Zunächst herzlichen Dank für die Kommentare und die Rezensionen der Rezension! Ich lese das aufmerksam, prüfend und nehme es mir zu Herzen. Stilistisch hätte ich offensichtlich einiges überlegter formulieren können. (Mir schrieb jemand in einer eMail, “wunderschön” klinge nach Barbie. Ich wollte einfach nur sagen, dass mir das Buch gestalterisch richtig gut gefällt.) Inhaltlich stehe ich nach wie vor hinter dem, was ich geschrieben habe.
    Auch ich möchte mich einem Diskurs über die angesprochenen Fragen nicht entziehen. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ein Blog die geeignete Plattform dafür ist, “schwere Themen” aufrichtig und ernsthaft zu verhandeln. Sollte es ein Blog sein, würde ich für eine strenge Eingrenzung der Themen und Sachlichkeit plädieren. Das Thema Evangelium und Kultur (und Karl Barth) könnte ein Einstieg sein.
    Shalom, Ron

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