“Gesellschaftstransformation Part 7”

emerging church, Gemeinde, Gesellschaftstransformation, Mission, Soziologie

Die deutsche Gemeindelandschaft bewegt sich weitgehend in der bürgerlichen Mitte, das sagen nicht nur die Soziologen, sondern das kann man auch anhand der verschiedenen Gottesdienste (Predigt, Liedgut, Sprache, Kleidung etc.) Sonntag für Sonntag in den verschiedenen Dörfern und Städten unseres Landes erleben. Sicher zieht die Katholische Kirche etwas in die so genannte traditionelle Unterschicht rein (Traditionsverwurzelte) und die Evangelische in die Oberschicht (Traditionelle). Anyway, die meisten missionarische Aktivitäten zielen auf die bürgerliche Mitte (ProChrist, JesusHouse, die meisten Jugendgottesdienste etc.), was auch ganz normal ist, da die Menschen ihres gleichen am nächsten stehen und sie am besten verstehen. Die Überschreitung der einzelnen Milieugrenzen wird immer schwieriger und es entsteht so eine Entfremdung des Evangeliums der bürgerlichen Mitte, besonders in die Unterschicht, und zunehmend in Richtung der „rechte Spalte“ der Neuorientierung. ReReligiosität statt Säkularisierung sollten eigentlich Hoffnung geben, aber was nützt das, wenn die Botschaft weder verstanden noch nachempfunden werden kann? Die verschiedenen Milieus beschreiben eine oftmals ganz eigene Kultur (die natürlich nicht statisch ist) die eine neue Form der Kontextualisierung des Evangeliums braucht. Das was Länderübergreifend seit Jahren die meisten Missionare täglich lernen müssen, scheint im innerdeutschen Missionsverständnis noch weitgehend fremd zu sein. Die Aufgabe besteht also in zweierlei: Wo muss das Evangelium von der Kultur der bürgerliche Mitte befreit und wie in die Kultur des neuen Milieus kontextualisiert werden?

24 Comments

  1. Hi Toby,
    ist dir schon aufgefallen, dass in ZeitGeist in der Tabelle bei C auch der Text von A steht?
    Viel mir nur gestern auf…
    Gruß, Hufi

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  2. Verzeih mir, aber hier provozierst du meinen Widerspruch. Die Herausforderung teile ich durchaus, allerdings nicht ihre Herleitung.

    Aus meiner Sicht sind hier zwei verschiedene Dinge unzulässig vermischt. Die verschiedenen Millieus sind dabei eher die konstante Größe. Sie verdeutlichen eine gesellschaftliche Normalverteilung von Charakteristika, die es in ähnlicher Ausprägung wahrscheinlich auch vor zweihundert Jahren gegeben haben könnte. Diese fragt (immer schon) nach geeigneten Strategien der missionarischen Arbeit.

    Dazu kommt eine sehr dynamische Entwicklung der generellen Geisteskultur, die von den Sinus-Millieus aber nur unzureichend abgebildet wird. Diese führt zu einem zunehmenden neuen(?) “kulturellen Unbehagen” der Menschen mit ihren überkommenen Institutionen.

    Beides fordert Kyberneten und Visionäre heraus. Aber ich glaube, dass die so Herausgeforderten zu je sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Die einen, die die Institutionen revolutionieren, die anderen, die innovative missionarische Instrumente entwickeln. Beides gehört letztlich zusammen, ist aber nicht das Gleiche.

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  3. @christopher: Widerspruch erlaubt! Dagegen sage ich auch gar nichts, aber die Argumentation, dass es diese (oder ähnliche Milieus) schon seit 200 Jahre gibt bedeutet aber nicht automatisch, dass sie dadurch richtiger sind. Vielleicht haben wir uns daran gewöhnt, aber müssen wir uns auch damit abfinden? Sicher gibt es Unterschiede zwischen dem individuellen und dem institutionellen Handeln, aber beides hängt miteinander zusammen. Sicher werden wir die letzteres nur schwer oder gar nie ändern können und doch können wir uns auch nicht mit “strukturellen Sünden” zufrieden geben in denen wir Leben.

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  4. Ich sehe auch einen Fehler darin, dass “Kirche” in manchen Millieus nicht oder nur kaum vorkommt. Daran muss sich ganz sicher etwas ändern.

    Trotzdem glaube ich nicht an eine mögliche Auflösung der Millieus. Eher an eine Durchdringung, wobei es, wie bei den Missionaren, wahrscheinlich nur einige wenige sind, die die Kulturschwellen überwinden (können).

    Und was die wirtschaftlich zunehmend ungerechten Unterschiede zwischen den “Schichten” angeht, ist ganz gewiss politisches Handeln gefragt.

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  5. Halbtheologe

    Dass die Christen schon immer gerne in ihren eigenen Kreisen sich bewegen wollen und Berührungsängste mit anderen Schichten haben (ich sage das jetzt mit eigenen Worten) , hat doch Jesus in Lukas 14 uns gezeigt.Der Herr mußte seine Leute auch an die Hecken und Zäune schicken, weil sie von sich aus keine Notwendigkeit gesehen haben auf diese Gesellschaftsschicht zuzugehen, sie hatten ja für ihr eigenes Kommen schon viele Ausreden.

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  6. Das wäre auch ne Idee!! 😉
    Doch wie könnte diese Richtung aussehen?Gibt es einen Zusammenhang zwischen Parktischen und Theologie???

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  7. Anonymous

    Ich für meinen teil bin ziemlich beschäftigt allein mein Millieu zu verstehen und im Sinne Jesu zu “färben”. Merke jedoch, dass mehr udn mehr die Farge wächst, wann all das endlich Auswirkungen auf die randbegeite rechts udn links hat: bei mir wären das: die eher Reichen und scheinbar Sorglosen und auf der anderen Überschneidungsecke die Bildungsresistenten. beim Hin udn Hersehen stelle ich doch oft fest: habe mein Gebiet noch nicht mal genau genug bedacht und erlebt/ belebt… Helfen Theoreien? Hilft nicht vielmehr menschen im Ist zu stärken und zu schützen ihre Schwerpunkte ins jeweilige Millieu einzubringen. Wie können wir durch Theorein und Fremdwörterbewegungen schaffen, dass sich die Eltern um Kinder kümmern oder endlich der Trend zum Erstbuch angefacht wird? Gibt es aus deiner Sicht Erfahrunsgwerte, wie Theorien das Handeln in ZB Unterschichten nachhaltig prägen? Und: lässt sich Gott in diese Kreise und Theorein festlegen? Habe den verdacht ihm ist es wurscht, wie wir dazu kommen Nachfolge zu leben( ob du neuaufgelegte Bücher oder Fastenwanderungen) hauptsache wir finden einen Weg…
    Bin gespannt wie Du / Ihr den weg beschreibt, aufdeckt/ ins gespräch bringt….
    Ich kleine Hausfrau bleibe wachsam!!!
    fanny

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  8. @mona: Die Parktische Theologie hat einen kommunikativen Ansatz der Mitte. Von links und rechts kommen die Leute und treffen sich im Park, dort wird gepicknickt und diskutiert und geteilt – Theologie gelebt, Parktische Theologe eben! 🙂

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  9. @fanny: Danke für deinen Kommentar. Denke, du hast in vielem Recht. Mit geht es auch so, dass ich in meinem Alltag in meinem Milieu so beschäftigt bin, dass nicht mehr viel Energie übrig bleibt. Aber trotzdem macht mir die Entwicklung sorgen und das Evangelium gilt für alle und nicht nur für die “Bürgerliche Mitte”. Ein Rezept habe ich leider auch nicht, es bleibt das Leben…

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  10. Das klingt echt gut!!
    Hab das grad schon mit Jasmin durchgesprochen!Man sollte das sobald es wieder etwas wärmer ist,wirklich in die Tat umsetzen!Eine gute Möglichkeit in der Öffentlichkeit präsent zu sein!
    Also zwei “Anhänger”hast du für die neue Theologie schon mal!! 😉

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  11. Lieber spät als nie: Wie “Kulturschwellen überwinden”?

    Ich glaube da gibt es zwei Wege. Zum einen muss man Menschen in den scheinbar nicht erreichten Millieus zum spirituellen Coming-Out ermutigen (da sehe ich durchaus Potential).
    Zum anderen bräuchte es wohl Leute, die sich ganz bewusst in die unterschiedlichen Millieus hineinbegeben und dort inkulturiert etwas aufbauen. Um Grenzen zu überwinden braucht es eben immer beide Seiten…

    Und natürlich müssen wir Frommen endlich damit aufhören, uns immer ängstlich im eigenen Lager abzugrenzen.

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  12. Ich gebe offen zu: Ich kann das Wort “Kontextualisierung” nicht mehr so recht hören. Wichtig ist schon die Frage, wie das Evangelium “überall” hin kommen kann. Ich will das echt nicht abwerten. Aber könnte es sein, dass es da eigentlich ganz “einfache” (in der Umsetzung sicher sehr anstrengende) Antworten gibt, die uns aber nicht so recht passen? Es taucht immer mal wieder der Begriff “authentisch leben” auf in div. Foren. Besser finde ich davon zu sprechen, dass wir persönlich wieder neu entdecken müssen, dass Christsein eine ganzheitliche Sache ist (denn man kann auch ganz nett authentisch-egoistisch leben). Es soll eine Einheit zwischen Theologie und Leben geben (also sagen wir ganz platt: Das WAS und WIE sollte deckungsgleich werden), genauso wie in uns “Kopf und Herz und Handeln”. Wenn wir mehr von dem, was wir klar haben, umsetzen würden, könnten wir auch mehr “bewegen”, weil wir als Menschen alle gleich gestrickt sind: Wir suchen nach Vorbildern, nach Orientierung, nach Menschen, die uns zeigen, wie Leben gelingen kann. Ich glaube also kurz zusammengefasst: Vieles unserer Probleme (dass wir als Christen so wenig gesellschaftliche und geistliche Kraft haben) hat primär mit uns selbst zu tun: Mit mangelnder Bereitschaft zu konsequenter Nachfolge.

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  13. @lotti und alle anderen: Mit mir kenne ich dann vier der Kommentatoren persoenlich – fuer diese kann ich sagen (und ich unterstelle es allen andern auch), dass sie Nachfolge sehr ernst nehmen.

    So what? Ich befuerchte, dass konsequente Nachfolge neben der persoenlichen Leidenschaft eine gemeinsame Leidenschaft braucht. Also frage ich, warum gelingt es Gemeinde (Gemeinschaften) so wenig, sich in Nachfolge zu bestaerken, einander Mut zu machen konsequente, radikale oder einfache Schritte auf Menschen zu zu gehen, die so schwer sind?

    Vielleicht hat das mit der buergerlichen Mitte zu tun (um zurueck zum Thema zu kommen), mit individualisierten (egoistischen) Menschen, die verlernt haben, wie man gemeinsam Glauben lebt (die das vielleicht nicht mehr wollen???). Und uebrigens: ich glaube, dass viele gescheiterte Menschen (auch innerhalb der buergerlichen Mitte) Gemeinschaft dringend brauchen.

    Ich glaube, dass viele Christen gerade an einem Scheidepunkt sind (und hier helfen denke ich Theorien, Reflexionen, Beispiele) und neu nach diesem “Gemeinsamen” suchen… Ich bin gespannt auch neue Modelle und mache jedem Mut Gemeinschaft zu leben, wenn die Zeit reif ist – oder wenn du Gemeinschaft brauchst …

    Matze

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  14. @br. manfred: Ja? Sag es! Ach so, du weißt es auch nicht. Na dann, herzliche Einladung mit mit denken und mit handeln und Fehler machen… 😉

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  15. @lotti: Ja, natürlich hast du Recht und doch ist es mir zu einfach. Die ZEit der Appelle und Apologetik neigt sich erfolglos dem Ende entgegen. Wir brauchen eine neue Suche und da hängen nun mal denken, glauben udn handeln untrennbar miteinander zusammen. Ich weiß, dass ein blog nicht die Lösung bringt und trotzdem denke ich, dass eine Vernetzung von Nöten ist. Wir stehen vor einer großen Herausforderung, die noch so manche Überraschung bringen wird, da brauchen wir Gemeinsamkeit, die schon hier udn jetzt anfängt.

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  16. @hi tobi: wir stehen vor neuen Herausforderungen – ja – sehe ich auch so. Es ist interessant, dass Du irgendwie zu wissen scheinst, was alles “angesagt” oder auch nicht ist, abgesehen davon, dass Du mit vielen Appellen operierst, nur eben mit anderen als denen, die man so kennt.
    Zur Apologetik: Was ich im gemeindlichen Raum wahrnehme ist eine zunehmende Unkenntnis über so genannte Basics des christlichen Glaubens. Es ist vieles überhaupt nicht mehr klar und noch weniger durchdacht. Da kann dann auch keine Konsequenz folgen. Zum anderen sehe ich eine abnehmende Bereitschaft, seine Zeit und Gaben anderen verbindlich zur Verfügung zu stellen. Schon regelmäßige Anwesenheit ist für viele fast eine Überforderung. Wie aber kann Gemeinschaft gelingen, wenn es keine Verbindlichkeit mehr gibt? Das sind nicht in erster Linie Appelle, sondern erst mal Beobachtungen.

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  17. @lotti: Nein, ich weiß auch nicht was in der Zukunft genau angesagt ist. Aber die Zeichen der Zeit versuche ich zu deuten, mit dem vollen Bewusstsein, dass ich nicht der Einzige bin. 🙂
    Mit den Appellen, naja, ich weiß nicht so genau, vielleicht muss ich da meine Wahrnehmung noch mal überprüfen, hab das bisher nicht so wahrgenommen, habe eher Fragen gestallt, werde das aber mal kritisch prüfen.
    Die fehlende Verbindlichkeit, das ist so Sache, die Frag eist sicherlich woher sie kommt? und Warum sie nachlässt? Hat sicherlich auch gesamtgesellschaftliche Gründe, die wir vielleicht grundsätzlich gar nicht verhindern, oder verändern können. Vielleicht müssen wir lernen damit umzugehen. Appelle nützen ja nicht viel. 🙂
    Identifikation und Partizipation sind große Worte, die aber in meiner Gemeindepraxis sehr viel bewegt haben.

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  18. Ich glaube das Problem ist, dass die bürgerliche Mitte, die Implikationen der bürgerlichen Mitte aus dem Evangelium entfernen muss/ soll. Aber durch die bürgerliche Mitte sind sie ja erst da hinein gekommen. Dingdong: Blinder Fleck!
    Aber: Sehe ich besser? Was trage ich ins Evangelium ein? Meine bewegte Jugend mit Friedensbewegung und Umweltschutz? Kommen wir überhaupt raus aus unserem Vorverständnis?

    Authentizität und gesellschaftliche Relevanz bleiben Schlagworte, an denen ich mich orientieren will. Vielleicht ist das auch ein “Einstieg” in Millieus, mit denen die bürgerliche Mitte sonst nichts zu tun hat. Wenn wir der Gesellschaft dienen, wird sie es merken.

    So, da packe ich mich dann mal an die eigene Nase …

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