„Wenn ich zum Feind Jesu werde!“

Bibel, CT, Gemeinde, Gottesdienst

Nur das Richtige wollen reicht manchmal nicht. Gestern habe ich im CT gepredigt (Jesus & seine Feinde) und bin bei der Vorbereitung über mich selbst erschrocken. Es ging um eine Gruppe von Menschen, die man wie folgt beschreiben kann und die mir oft sehr ähnlich ist:
• Sie kümmerten sich um die Armen (Armenführsorge nach den Geboten)
• Sie lebten in Gemeinschaften (Chaberuth)
• Das AT (Bibel) ist für sie heilig: „bibeltreu“
• Ziel: Glauben im Alltag radikal und konsequent leben
• Sie hatten eine klare Mission
• Meist waren es einfache Leute: Handwerker, Bauern, aber auch einige Theologen
• Haben geistlich eine große Rolle für die Menschen und die Gesellschaft gespielt
• „Reinheit“ und „Werte“ spielten eine große Rolle, die Gesamtzahl von 613 Ge- und Verboten aus dem AT musste genau eingehalten werden, ja noch mehr tun war gefragt, darüber hinaus freiwillig etwas umsetzen!
• Ca. 6000 gab es zurzeit Jesu

Klar, es geht um die Gruppe der Pharisäer, die gerade bei „Frommen“ oftmals sehr schlecht weg kommen. Sicherlich auch zu Recht, aber manchmal vielleicht auch deshalb, weil sie einem so ähnlich sind. Pharisäer sind ein Beispiel wie aus dem Streben nach Gerechtigkeit Selbstgerechtigkeit wird! Wie man aus dem Richtigen mit einer schlechten Motivation etwas Falsches machen kann. Wie durch Gesetzlichkeit das Leben, die Freiheit und die Mündigkeit verloren geht. Wie man andere in ihrem Glauben verurteilt und sich selbst (und das eigene Bibelverständnis) für das einzig Richtige hält. Wie man weiß wie Glauben funktioniert, aber es selbst nicht mehr leben kann. Und dass man vom Anderen Dinge verlangt, die man selbst nicht macht.
Da merke ich, wie ruhig werde …

13 Comments

  1. Eldarion

    Hatte Jesus Feinde? Und wenn ja, nannte er sie auch selbst so oder sprach von ihnen als Feinden?
    Wenn es damals einen ‘Konflikt’ gab, gab es ihn dann nicht mit den Sadduzäern?

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  2. Toller Beitrag! Der größte Pharisäer ist man ja nicht selten selbst. Von wegen Balken und Splitter und so…

    (Wobei schon dieser Kommentar pharisäisch-falsche Demut sein könnte. ;-))

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  3. Anonymous

    Was, wenn einfach jeder Leben darf, wie er/sie will. Absolute Freiheit.

    Einzige Einschraenkungen:
    Liebst du deinen Naechsten und kommst du zu Jesus, wenn du nicht klar kommst?

    matze

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  4. @eldarion: Sich ergab es den Konflikt auch mit den Sadduzäern. Jesus hat die Pharisäer nicht als Feinde bezeichnet, aber sie haben sich so verhalten? Nicht nur die Pharisäer, man kann ja auch andere Gruppen nennen, wie zum Beispiel bei der “Tempelreinigung”.
    Feind ist vielleicht ein starkes Wort, wobei es Jesus am Ende das Leben gekostet hat, von daher finde ich es schon gerechtfertigt.

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  5. @matze: Aber scheitert es nicht genau an dieser Nächstenliebe? Genau da habe ich ja meine Probleme, dne anderen höher zu stellen als mich selbst, gerade wenn ich denke, dass er oder sie unrecht hat!

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  6. Anonymous

    Sicher. Aber redet jemand in “unseren” Kreisen von den Dingen, wo wir scheitern und “umkehren” muessen zu Jesus?

    Ging es zur Zeit Jesu (vgl. Johannes der Taeufer) nicht genau darum?

    Vielleicht ist hier der Knackpunkt: Wir scheitern. Genau darum sollte es gehen. Ist das vielleicht sogar nah dran “am Guten der Guten Nachricht”?

    matze

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  7. Sehr gute Gedanken. Passt zu meinen derzeitigen zum Thema: Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst. Letzterer Teil klappt bei mir meisten ziemlich gut – fehlt also Gott und der Nächste. Natürlich nicht komplett, aber ich frage mich z.B.: woran liegt’s wenn die Liebe zu Gott und anderen nicht die Ausmaße/Auswirkungen hat, die ich mir eigentlich wünsche/vorstelle? Ich meine: wo Liebe herrscht ist ja kein Platz für Gesetzlichkeit und Heuchelei. Wenn man verliebt ist, muss man ja nix heucheln. Statistisch ausgedrückt: Pharisäertum und echte Liebe korrelieren negativ zu 1, soll heissen – je voller der Liebestank, desto leerer der Tank der Gesetzlichkeit/Pharisäertums. Bleibt die Frage für mich: wie kriege ich den ersten Tank voll – oder was trägt dazu bei, den zweiten zu leeren?

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  8. Ich denke, dass wir den Pharisäern mit dem Stichwort “Gesetzlichkeit” im landläufigen Sinne nicht gerecht werden. N.T. Wright hat das schön herausgearbeitet, wie die Kontroverse zwischen Jesus und Pharisäern lief, und dass es sich um die Frage drehte, wie Gottes Reich kommt, was sein Wille ist und woran man einen wahren Juden erkennt (wer ist “drin”?). Lohnt sich nachzulesen.

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  9. @peter: JA, das ist etwas “verkürzt”, aber ich wollte ja schon die Pharisäer etwas schützen, bei der Übertragung ist das aber nicht ganz stringent… 🙂

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  10. @matze: JA, dass ist die eine Seite, da gebe ich dir recht und die andere ist aber, dass wir die als Christen nicht nur Defizitorientierung denken und handeln…

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  11. Eldarion

    Am Ende haben die Pharisäer Jesus das Leben gekostet? Oder gespitzt gesagt, die Juden haben in ans Kreuz geschlagen?
    Ich denke, unsere Sünden haben in ans Kreuz gebracht. Oder kannst Du von Dir aus sagen, dass Jesus für dich nicht hätte sterben müssen?

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  12. @eldarion: Jetzt begeben wir usn natürlich auf ganz unterschiedliche Ebenen. Mir ging es weder um eine antijudaistische noch um meine persönliche Schuldfrage, sondern um die Stellung der Pharisäer in der damaligen Zeit und was wir daraus für uns heute lernen können. Eigentloiich war das eher selbstkritisch gedacht….

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