“Was ist emerging church? Part 4: Eine soziologische Perspektive”

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Das Interessante an Soziologen ist, dass sie in erster Linie gesellschaftliche Veränderungen auf verschiedenen Ebenen beobachten, dazu suchen sie eine kritische Distanz. Diese Beobachtungen werden erst Mal wahrgenommen und nicht gleich gewertet oder bewertet. Wenn man die „emergente Bewegung“ in Deutschland beobachtet, dann stellt man fest, dass sie sich vor allem in bestimmten Milieus und Altersstrukturen abbildet. Nach den Sinus Milieus würde man die emerging Bewegung ursprünglich von den Experimentalisten ausgehend einordnen und von dort entwickelt sie sich, wie bei vielen neuen Bewegungen, langsam nach links in die Bürgerliche Mitte hinein. Wenn man die U27 Studie zur Hilfe nimmt (siehe Grafiken), dann kann man gut erkennen, dass sich die Milieus in den Altersstrukturen von Jugendlichen (14-19 Jahren und 20-27 Jahren) noch deutlich verschieben. Danach bleiben sie relativ stabil. Der Hintergrund ist einleuchtend, Milieus sind nicht starr nach sozialer Lage eingeteilt, sondern beschreiben die Lebenswelten von Menschen mit ihren Wertvorstellungen, Vorlieben und Interessen. Diese verschieben sich in jungen Jahren noch deutlich. Hier sind Menschen, entwicklungsbedingt, viel stärker von gesellschaftlichen (der Makro Ebene) Einflüssen prägbar. Werte der Herkunftsfamilie werden oftmals abgelehnt und eigene Lebensweisen gesucht. So ist es nicht verwunderlich, dass die Etablierten, Traditionellen und Konservativen Milieus kaum eine Rolle spielen. Neues wird gesucht und als anziehend erlebt. Dies gilt auch für den Glauben oder den „Traum von einer Kirche“. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass viele junge Erwachsene im Milieu der Experimentalisten eine hohe Affinität zum Religiösen haben und auf der Suche nach Spiritualität sind. Die emergent Bewegung spricht deshalb junge Erwachsene in besonderem Maße aus diesem Milieu an. Aus diesen Anfängen hat sich die deutsche Bewegung aber in die anliegenden Milieus (postmaterielle, bürgerliche und hedonistische) ausgebreitet. Besonders im klassisch bürgerlichen Milieu stößt sie natürlich auf Skepsis, da sie klassische „bürgerliche Werte“ für den Gemeindebau in Frage stellt, wie den Ablauf des Gottesdienstes, traditionelle Evangelisationsmethoden oder Gemeindeleitungsstrukturen. Aber aus der bürgerlichen Mitte wird auch viel Hoffnung in die emerging Bewegung gesetzt. Durch die Sehnsucht nach einem authentischen und gesellschaftsrelevanten Christsein öffnen sich viele den Gedanken und Überlegungen und beginnen neu zu überlegen, was ihr Glaube und ihre Gemeinde für eine Relevanz im Alltag hat.

2 Comments

  1. Danke! 🙂 Die Sinus-Milieus kannte ich, aber ich hab’ sie noch nie auf das Thema “emerging church” angewendet.

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