„Ich lehne Mission ab. Oder doch nicht?“

Mission

Diese Woche wurde ich in der Stadt von einer jungen Dame angesprochen und es ergab sich folgender Dialog:

Junge Dame: Entschuldigung, darf ich ihnen ein paar Fragen beantworten?
Ich: Äh, was für Fragen?
JD: Fragen zum Thema „Ärzte ohne Grenzen“!
Ich: (entdeckte jetzt auch den Stand, der ein paar Meter weiter stand) Habe ich Fragen dazu?
JD: Klar, wir sind hier um diese Fragen zu beantworten?
Ich: (überlegt kurz) Also, wer hat denn Ärzte ohne Grenzen gegründet?
JD: es folgte ein 5min Vortrag über die Geschichte mit der Aufforderung am Ende, was ich davon halte
Ich: Ich finde das Klasse, ich kenne viele Hilfsorganisationen. Können da eigentlich nur Ärzte mitmachen?
JD: Nein, da kann jeder mitarbeiten. Was machen Sie denn?
Ich: Ich bin Theologe.
JD: Oh, dann dürfen Sie nicht mitmachen!
Ich (erstaunt) Warum nicht?
JD: Weil wie weltanschaulich neutral sind und Mission ablehnen…
Ich: Also dafür sind sie ganz schön missionarisch.
JD: (jetzt auch erstaunt) Bin ich nicht.
Ich: Also Sie haben mich als Fremden angesprochen und behauptet sie würden meine Fragen beantworten, die ich gar nicht hatte und lassen auch nicht locker, sind sehr engagiert, nehmen sich frei und bekommen wahrscheinlich nicht mal Geld dafür. Das nenne ich einen hohen missionarischen Eifer.
JD: (überlegt lange) Stimmt eigentlich.
Ich: Und sie haben sicherlich auch eine innere Motivation, vielleicht keine christliche, aber sie wollen mit ihrer Mission was erreichen, oder? Menschen aus Marburg für ihre Organisation gewinnen: Aufklären, Spenden und Mitarbeiter gewinnen.
JD: Also so habe ich das noch gar nicht gesehen.
Ich: Ich muss jetzt leider los. Habe auch noch eine Mission auszufüllen….
JD: Gibt mir noch ein Infoblatt und wir verabschieden uns

17 Comments

  1. @christian: Darüber war ich erst auch erstaunt, aber ich glaube, es liegt daran, dass sie noch nie in diese Richtung gedacht hat. Diese Woche ist der Stand noch Mal da, vielleicht gibt es eine Fortsetzung…. 🙂

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  2. Sehr schön! 5 Sterne!
    Nenn mich naiv, aber ich staune immer noch, wie wenig viele “aufgeklärte Zeitgenossen” diese Fragen reflektieren – siehe die aktuelle “Debatte” (Kampagne?) um die “Missionierungsvorwürfe” gegen die im Jemen Ermordeten und Entführten.

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  3. Schön den Punkt getroffen – bin gespannt auf die Fortsetzung, eiegtnlich wäre da die Frage fällig, was eigentlich “weltanschaulich neutral” bedeutet bzw. ob es sowas geben kann.

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  4. Sehr cool, Toby – am besten fand ich ihren Gesprächseinstieg: Haben Sie Fragen die ich Ihnen beantworten kann?

    Christen pflegen ja meistens auch die Fragen noch gleich mit vorzugeben…

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  5. Sehr schön, Sokrates 🙂
    Vermute aber, dass auf “ihrer” Seite noch ein guter Punkt möglich gewesen wäre: “Immerhin behaupte ich nicht, dass man ewig in die Hölle kommt, wenn man nicht Mitglied bei Ärzte ohne Grenzen wird.”
    Neben der subjektiven Überzeugtheit ist also wohl auch der Umfang des Anspruchs ein Teil der momentanen Problems mit Mission, oder?

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  6. Gabriel

    Das bringt die Sache wunderbar auf den Punkt. Vielen Debatten, die über ‘Mission’ in den Medien kursieren, würde durch eine phänomenologische Betrachtung des Gegenstandes der Wind aus den Segeln genommen werden. Zum einen würde deutlich, dass in Anlehnung an Watzlawick, man nicht nicht-missionarisch sein kann, sprich dass es eine nicht-missionarische Existenz nicht geben kann, weil Leben immer mit Beziehungen, Beeinflussung und Überzeugen zu tun hat. Würde ich dies phänomenologisch(!) verneinen, müsste ich meinen Job als Lehrer an den Nagel hängen. Daraus resultiert, dass die aufgeladenen Diskussionen von den Entführten im Jemen, über ‘Judenmission’ bis zum Themenkomplex ‘missional’ sehr viel nüchterner geführt werden könnte.

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  7. @gabriel: ha, “Watzlawick, man nicht nicht-missionarisch sein”, gefällt mir gut. Danke, muss ich unbedingt mit aufnehmen. 🙂

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  8. Schön ist auch Fulbert Steffensky: “Mission ist die gewaltlose, ressentimentlose und absichtslose Werbung für die Schönheit eines Lebenskonzepts,” wobei er unter absichtslos folgendes versteht: Mission “geschieht nicht mit der Absicht, jemanden zur eigenen Glaubensweise zu bekehren, wohl mit der Absicht, daß auch der Fremde schön finde, was wir lieben und woran wir glauben.”

    Und genau, die Hölle kommt wann anders dran …

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