„Gemeinde als Ort der Integration und nicht der Ausgrenzung“

Gemeinde

Ich habe vor einigen Wochen das Buch Sacharja gelesen, dort bekommt der Prophet acht Visionen in denen es um das neue Reich Gottes geht. In der dritten Vision (Sacharja 2,5-17) soll das neue Jerusalem auf Erden gebaut werden. Zuerst sollen die Mauern errichtet werden, denn eine Stadt ohne Mauern ist schutzlos. Doch Gott schreitet ein, sein neues Reich soll keine Mauern mehr haben, sondern soll offen sein für alle Menschen und Tiere. Gott selbst wird durch seine Heiligkeit wie eine Mauer aus Feuer sein. Diese Stelle hat mich sehr getroffen, baue ich doch sehr oft Mauern um mich und auch die Gemeinde auf. Eine Mauer ist schon sehr praktisch, sie ist nicht nur Schutz für die, die drin sind, sondern auch Ausgrenzung für die, die draußen sind. Was ist, wenn die, die draußen sind gar keine Feinde sind? Wenn die, die draußen sind von Gott genau so geliebt sind, wie die, die drinnen sind? Dann ist die Mauer ein Hindernis, ja sie muss weg. Als Christinnen und Christen haben wir eine lange Geschichte der „Ausgrenzung“ von Menschen und haben schon genug Mauern um unsere gut bürgerlichen Gemeinden gebaut. Gut begründet schließen wir auf den unterschiedlichsten Ebenen Menschen aus wie Kinder, Menschen mit Behinderungen, Frauen, Ausländer etc. Miroslav Volf beschreibt diese Ausgrenzung als ein zentrales Problem von uns Menschen, dass nur durch die Versöhnung durch Christus überwunden werden kann und unter uns Menschen praktisch vollzogen werden muss. Aber gerade im Letzteren habe ich oftmals meine Schwierigkeiten. Obwohl ich eigentlich genau weiß, dass der Kern der christlichen Botschaft die liebende und heilende Gemeinschaft ist, dass Integration und nicht das Ausgrenzung die Botschaft Christi ist. Aber die Mauer der Angst ist oftmals größer. Gott sagt in Sacharja: Ich selbst werde eine Mauer aus Feuer sein. Nicht wir sollen eine Mauer bauen, sondern wir sollen Gott vertrauen, er wird sich selbst darum kümmern. Er entscheidet, wer „drin & draußen“ ist. Ich wünsche mir Versöhnung statt Angst und Vertrauen statt Mauern und Integration statt Exklusion.

8 Comments

  1. Anonymous

    Das beschäftigt mich auch mehr und mehr. Bin zwar noch recht jung mit meinem Weg, aber als ich das gelesen habe ist mir ein Gedanke gekommen den ich teilen möchte:

    Natürlich geht es viel um eine innere Haltung den anderen Menschen gegenüber und auch einer Gemeinde, aber was wäre es für eine Offenheit, wenn ein Gemeindehaus wirklich in alle Richtungen offen wäre und zwar im wirklichen Sinn. Offen zu allen 4 Richtungen mit Einblick in den Gesamten Gottesdienstbereich von aussen. Ist nicht schon das hineingehen in ein unbekanntes Gebäude für viele ein Hinderniss. Was wäre wenn diese Hürde nicht da wäre und Menschen aus sicherer Distanz auch den Gottesdienst oder einen Hauch der Gemeinde sehen könnten von der Straße. 🙂

    Nur so ein Gedanke falls jemand eine Gemeinde bauen will 😀

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  2. Anonymous

    In einem Gespräch mit einem jungen Pastor (ich bin noch jünger) stellte er mir begeistert vor, wie seine junge Gemeinde Menschen in der Umgebung erreichen will. Es sollten die Ärzte, Rechtsanwälte und Leute sein, die in der Stadt was zu sagen haben. Einige Zeit vorher kam eine Anfrage von einer Gruppe Afrikaner, um der Gemeinde beizutreten. Der Pastor lehnte es mit der Begründung ab, dass wenn die Afrikaner in die Gemeinde kommen würden, sie ein Hindernis für die Ärzte und Rechtanwälte wären. So kann man auch um angeblicher Mission willen Menschen ausgrenzen. Ein Widerspruch in sich.
    Wäre in der Gemeinde nicht Platz für Afrikaner und Rechtsanwälte, Asylanten und Ärzte? Das wäre doch eine Integration, die für viele Integrationsprogramme modell stehen könnten. Gemeinde als Integrationsmodell für die Gesellschaft. Das ist zumindest die Vision vom Reich Gottes.

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  3. @anonym: Ein Freund von mir hat gerade mit seienr Gemeinde ein Autohaus gekauft und wird jetzt, mitten im Ort, darin die Gottesdienste feiern…

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  4. Anonymous

    Als Mutter eines Kindes mit Behinderung fühle ich mich plötzlich selbst als “Betroffene”. Mir wird immer mehr bewusst, dass sich die “Kultur der Ausgrenzung” in unserer Gesellschaft auch in unseren Gemeinden wiederspiegelt, ohne dass es den Gemeindegliedern bewusst ist. Aber solange unsere Gottesdienste so konzipiert sind, dass selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass man 1 Stunde lang (passiv) zuhören kann, im richtigen Moment aufstehen, lesen (auch Noten lesen), singen, der Predigt intellektuell folgen kann etc., werden Menschen keinen Platz finden, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen können.

    Statt Integration anzustreben, werden unsere Gemeinden immer größere Meister im “Sortieren”. Man schaue sich nur mal die ganzen “Zielgruppengottesdienste” an. Auch wenn sie vielleicht einzelne Zielgruppen ansprechen, sie tragen nicht gerade zu einer heterogenen Gemeinschaft bei.

    Es wäre sicher spannend, einmal zu überlegen, wie ein “barrierefreier Gottesdienst” aussehen könnte, bei dem ALLE auf ihre Kosten kommen.

    Leider ist das in den meisten (landeskirchlichen) Gemeinden kein Thema – noch nicht!

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