“Wir sind kein dekadenter Rotwein-Scheiß.”

Kultur & Glaube

Mit 49 Jahren ist am Wochenende Christoph Schlingensief gestorben. Der seit 2008 an Krebs erkrankte Theaterregisseur und Aktionskünstler konnte sein letztes großes Projekt, seine „Oper in Afrika“, nicht mehr vollenden. Er wird fehlen. Keine Frage, nicht nur weil er mit dem klassischen bürgerlichen Kulturverständnis aufgeräumt hat, sondern weil er Kultur immer politisch gesehen hat und ohne Ansehen der Person. Der kleine Mann, der seinen Kopf am überdimensionalen „Kohlplakat“ verliert, war nicht nur eine Bildsequenz, sondern ein zentrales Motto seiner Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Ungerechtigkeit. Seine letzte „Reise“ kann in Buch und Videoblog nachverfolgt werden. Es lohnt sich…

Nicht immer geliebt, nicht immer verstanden, aber im Nachruf gewürdigt:
Zeit
Süddeutsche
Welt

6 Comments

  1. Monika Bylitza

    Leise Töne waren nicht seine Sache- jetzt ist sein Leben leise. Er hat aus seinem Herz keine Mördergrube gemacht- jetzt schlägt es nicht mehr.
    Seine Inszenierungen waren bewegend- jetzt ist er still.
    Seine Ideen wirkten auf mich wie “aus einer anderen Welt”- in welcher Welt wird er jetzt sein?
    Er hat mich herausgefordert, meine Gedanken zu überprüfen. Dafür bin ich dankbar.

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  2. charlotte

    …allein für seine Idee und Aktion das Feriendomizil von Helmut Kohl zu fluten, hätte man ihn küssen und seinen Namen preisen können und müssen. Er war eine große intellektuelle Kraft, ein rastloser Motor, eine Bereicherung für die Kulturszene, wie es sie in dieser Vielfältigkeit und Phantasie kaum mehr geben wird. Tobi, und so sehr auch ich den von Dir verehrten Helmut Krausser und im speziellen auch große Teile seiner Tagebücher schätze: Schlingensief (in eben diesen) als eine “Schindmähre der Pop-Kultur” zu verunglimpfen zeugt dann doch von kleinem Geist und mangelndem Scharfblick.

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  3. @charlotte: ich glaube, dass sich Krausser und Schlingensief auf bestimmte Art zu ähnlich waren, als dass sie sich mögen und verstehen konnten…

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  4. charlotte

    @Toby: diesen Gedanken hatte ich auch schon diverse Male, da ist sicher etwas Wahres dran… 😉
    Ein Nachruf auf Schlingensief, der sich durchaus auch kritisch mit ihm auseinander setzt, aber den ich nachvollziehen und verstehen kann – auch wenn ich ihn nicht in allen Punkten teile – ist der von Moritz Eggert, den er im “Bad Blog of Musick” veröffentlicht hat. Ich erlaube mir den Link mal hier einzufügen http://blogs.nmz.de/badblog/2010/08/22/gedanken-ueber-christoph-s/.
    Zumindest ein konstruktiverer Kritikansatz, der sicher seine Wahrheit hat. [Und gerade in der Textpassage “ganz authentisch war sein Wunsch, geliebt zu werden. Ich war erstaunt, wie sehr er als vermeintlich abgehärteter Provokateur unter jeder negativen Bemerkung über ihn litt, zum Teil die Journalisten persönlich anrufend, um Dinge richtig zu stellen”, sehe ich doch schon die von Dir vermuteten Paralellen zwischen C.S. und H.K.].Wie auch immer: Schlingensief war auf seine Art einzigartig, inspirierend und in vielen seiner Aktionen und Ideen auch genial. Zudem konnte er ein unglaublich symphatischer, offener und freundlicher Mensch sein (wenn er wollte ;-))Er wird mir in unserem – nicht immer sehr phantasievollen – Kulturbetrieb unglaublich fehlen. Herzlichen Gruß charlotte

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  5. Danke. Guter Eintrag und den blog kannte ich noch gar nicht.
    Und inhaltlich kann ich es gut nachvollziehen. Der “frühe Schlingensief” hat mich weit mehr beeinflusst als die letzten Jahre und seine politischen Aktionen (vor allem die Container in Wien) waren weit aus bedeutender als die ganzen Operngeschichten.

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