“Von der Ausgrenzung zur Umarmung” von Miroslav Volf

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Über manche Bücher freut man sich beim Erscheinen besonders, weil sie für einen selbst etwas Besonderes sind. So ging es mir heute als ich „Von der Ausgrenzung zurUmarmung“ von Miroslav Volf in den Händen hielt. Als ich das Buch vor einigen Jahren auf englisch las, hat es einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen und ich habe das große Thema “Versöhnung und Identität” klarer gesehen und verstanden. Jetzt ist das Buch in der Edition Emergent auf deutsch erschienen (in einer klasse Übersetzung von Peter Aschoff) und ich kann es allen empfehlen, die sich mit dem Thema beschäftigen und etwas “tiefer graben” wollen.

Aus der Einleitung:

Wenn ein Buch 16 Jahren nach Erscheinen übersetzt wird, muss es triftige Gründe geben. Für das vorliegende Buch gibt es gleich mehrere, so wurde es von der populären US Zeitschrift „Christianity Today“ zu den wichtigsten 100 Büchern des 20. Jahrhunderts gewählt und gewann 2002 den mit 200.000 $ dotierten „Grawemeyer Award in Religion“. Der britische Theologe N T Wright würdigte das Buch in dem er sagte: „Von der Ausgrenzung zur Umarmung“ von Miroslav Volf ist ohne Zweifel das beste theologische Buch, das ich in den letzten 20 Jahren gelesen habe“, und der Tübinger Theologe Jürgen Moltmann sagt über das Buch, dass er „in diesen Tagen keine bessere Theologie gelesen habe“. Warum? Weil es eine lebendige Theologie ist, denn der gebürtige Kroate Volf schreibt ein Versöhnungsbuch als einer, der eigentlich allen Grund hatte, Versöhnung zu verweigern. Seine bitteren Kriegerlebnisse im ehemaligen Jugoslawien haben ihn geprägt und sein Weg der Versöhnung ist in diesem Buch nachzulesen. Volf nimmt dabei seine Leserinnen und Leser mit auf eine Reise in eine Welt voller Konflikte und fordert sie heraus diesen nicht auszuweichen, nein im Gegenteil ihnen zu begegnen, sie aufzunehmen und Versöhnung als Prozess einer christlichen Identität zu leben. Und das nicht nur auf der persönlichen Ebene wie Familie, Gemeinde und am Arbeitsplatz, sondern auch im gesellschaftlichen Kontext – fünf Jahre vor dem 11. September 2001, vor den Kriegen in Afghanistan und dem Irak, vor der Finanzkrise, vor dem dem arabischen Frühling und was sonst noch an regionalen und globalen Konflikten unsere Welt bis auf diesen Tag in ständige Zerreißproben stürzt. Damals wurde diese Auseinandersetzung mit ethnischen und sozialen Brandherden, ihrer soziologischen Einschätzung und den philosophischen Hintergründen schon als wichtig empfunden. 

Live wird Volf übrigens am 15.+16. 2013 März in Marburg zu hören sein.

15 Comments

  1. Schön zu hören, dass das Buch tatsächlich gedruckt wird!
    Bei meiner Amazon-Vorbestellung steht schon seit einer gefühlten Ewigkeit “voraussichtliches Lieferdatum unbekannt” 🙂

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  2. In Volfs politischer Theologie, die keine Mühen scheut um zu zeigen, dass Moslems und Christen denselben Gott anbeten, spielt die Trinität Gottes sicherlich keine entscheidende Rolle.

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  3. @Hans-Christian: ja und nein, nein, dass die Trinität bei Volf eine große Rolle spielt, ein kurzes Zitat aus dem Buch:

    : „Nehmt einander also an, so wie Christus euch angenommen hat“ (15,7). Um den Prozess des Annehmens zu beschreiben, verwende ich die Metapher der „Umarmung.“ Die Metapher erscheint gut geeignet um drei miteinander verzahnte Themen zusammenzubringen, die zentral sind für meinen Entwurf: (1) die Gegenseitigkeit sich selbst hingebender Liebe in der Trinität (die Gotteslehre), (2) die ausgebreiteten Arme Christi am Kreuz für die „Gottlosen“ (die Lehre von Christus), (3) die offenen Arme des „Vaters“, der den „verlorenen Sohn“ aufnimmt (die Lehre von der Erlösung).

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  4. Tobias, selbst auf die Gefahr, mich zu wiederholen:

    Vermutlich lässt sich in den Annalen menschlicher Irrtümer kein Beispiel größerer intellektueller Verwirrung finden als dasjenige der Beibehaltung orthodoxer christlicher Formen und Begrifflichkeiten durch eine rein naturalistische Theologie, wie sie der Modernismus darstellt.

    Es ist so, als würde man Säure in eine Wasserflasche füllen, ohne das Etikett zu wechseln.

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  5. @Hans-Christian: Einer meiner früheren Professoren, Matthias Haudel, hat sich in seiner Habilitation dem Titel “die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes“ gemäß mit drei trinitarischen Entwürfen und deren direkter Verbindung zur jeweiligen Ekklesiologie beschäfigt. Einer dieser drei Entwürfe war der von Miroslav Volf. Volf selbst hat sich ja mit einer Schrift über “Trinität und Gemeinschaft“ habilitiert. Sicher hat Haudel seine Kritikpunkte, wie jeder bestimmte Aspkete von jemand anderem kritisiert (im Sinne von wählen, urteilen). Aber erzähl mir bitte nicht, Volf vertrete keine Trinitäts-Theologie. Vielleicht liest Du mal die ein oder andere Habil. und urteilst danach nochmal?!

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  6. Philipp, danke für die Leseempfehlung!

    Ich habe nicht geschrieben, Miroslav Volf hätte keine Trinitätstheologie.
    Er hat eine. Doch sie ist diametral gegensätzlich zu derjeniger der orthodox-protestantischen Theologie.

    So wie ich ihn verstehe, vertritt er eine Art sozial-trinitarische Christologie, deren Wesen in enger Korrelativität zum Menschen besteht.

    Damit befindet er sich in bester Tradition mit Ernst Bloch und Jürgen Moltmann.

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  7. Freut mich, nach dem langen Warten das Buch „Von der Ausgrenzung zur Umarmung“ in Kürze auch in den Händen zu halten. Die tiefsinnigen Einsichten und praktische Orientierung machen das Buch zu einem der Bücher die eins bewirkt haben und weiter bewirken: einen Paradigmenwechsel im theologischen Verständnis zu eröffnen und einen in die Weite des persönlichen und gemeinschaftlichen Handeln zu führen.

    @ lieber Hans-Christian Beese: Was auch immer Sie an dem Blog von Toby Faix auf die Palme bringt, wahrscheinlich die bloße Tatsache, dass es diesen Blog gibt, könnten Sie sich an einfache Spielregeln halten:
    1. Über den Inhalt der Posts zu schreiben und nicht über persönliche theologische Ergüsse, die kein Mensch nachvollziehen kann. Die Ergüsse bitte auf einem eigenen Blog posten.
    2. Persönliche Neidattakten (besonders auf Tobias Faix) zu unterlassen, weil sie einfach nerven.
    3. Sich bitte erst äußern, wenn man Autoren gelesen hat. Gerade bei Volf ist die Karikatur des „wir glauben alle an den selben Gott – Synkretismus“ völlig fehl am Platz. Das Wiederkäuen der im Netz umherirrenden primitiven Fundi-Verschnitte einfach nur lachhaft.
    Danke!

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  8. Ich schätze Tobys Blog sehr, nichts darin bringt mich auf die Palme, und ich dachte, ich hätte mich sachlich und relevant geäußert.
    Dass Sie es nicht nachvollziehen können, ist 🙁

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  9. p.s.
    … aber “Paradigmenwechsel” hört sich immer gut an, ebenso wie “kopernikanische Wende”.
    Ich habe allein in 40 Jahren Christsein schon schon mindestens ein halbes Dutzend davon mitbekommen.
    Jedoch bei näherem Hinsehen, sind sie alle nur ein Wiederkäuen des Paradigmenwechsels des Philosophen aus Königsberg.

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  10. so, ich hoffe, wir werden uns hier einig! 🙂

    @Hans-Christian: Ich gebe dir Recht, dass man mit den Worten “Paradigmenwechsel” und “kopernikanische Wende” vorsichtig sein muss, da man Dinge dieses Ausmaßes meist erst im Rückblick erkennen udn begreifen kann. Aber es ist eben auch nicht sehr konstruktiv alles was nach der Reformation kommt abzubügeln und runter zuschreiben. Es gibt nicht nur “Säure und Wasser”, schwarz und weiß, richtig und falsch etc. unser oder zumindest mein Leben und meine Wahrnehmung ist komplexer…

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  11. Gibt es überhaupt noch Wasser, oder nur verschiedene Verdünnungsgrade von Säure 😉

    Im Ernst: Mir gehts darum, dass Eigenschaften Gottes, wie seine Selbständigkeit und Unabhängigkeit, Allmacht und Vorsehung, Dreieinigkeit, wie sie in den alten Bekentnissen konstituiert und in der Reformation, insbesondere von Calvin bestätigt wurden, nicht im Zuge einer Reihe von “Paradigmenwechsel” von der modernen Theologie zu Grenzbegriffen im Kantschen Sinne degradiert werden.
    Sie sind dann zwar noch der Form nach vorhanden, nur bedeuten sie nicht mehr das, was sie ursprünglich bedeuteten.
    Alles, was sie dann noch sind, sind sie einzig und allein mit Bezug auf den Menschen, dessen autonomer Verstand von nun an ihren Bedeutungsrahmen absteckt.

    Die Theologie ist somit ihrem Wesen nach phänomenologisch und positivistisch geworden.

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