„Gott braucht dich nicht. Eine Bekehrung“ von Maria Magnis

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Ich lese gerade von Esther Maria Magnis „Gott braucht dich nicht. Eine Bekehrung“. Nach dem Vorabdruck in der Zeit und einigen euphorischen Rezensionen habe ich mich am Anfang etwas schwer getan die autobiographische Geschichte der Esther Maria Magnis begeisternd zu folgen. Eine junge Frau erzählt rückblickend ihre Kind- und Jugendzeit, die stark von einem katholischen Elternhaus geprägt wurde. In dieser religiösen Auseinandersetzung des Erwachsenwerdens gibt es zwei schwere Schicksalsschläge, zum einen stirbt ihr Vater und später ihr Bruder. Zwischen den biographischen Berichten gibt es zunehmend religiöse Auseinandersetzungen mit ihrem geprägten Gottesbild. Diese Auseinandersetzungen begeistern mich dann doch zusehends und geben dem Buch, dank Magnis kraftvoller und erdiger Sprache, einen ungeahnten drive. Das Ganze erinnert ein wenig an die Auseinandersetzung und Suche zur „zweiten Naivität“, wie der der französische Philosoph Paul Ricoeur es genannt hat (damals als Reaktion auf Bultmann). Mit zunehmender intellektueller Infragestellung geprägter Bilder und Rituale und mit den konfrontierten Wirklichkeitserlebnissen, kommt der eigene „Kinderglaube“ ins Schwanken (und fällt): Glauben – Krise – Kritik – und die spirituelle Suche beginnt. Magnis Auseinandersetzung damit ist schonungslos, kraftvoll und ehrlich. Aber es ist auch eine Anklageschrift gegen ein laues und alles erklärendes Gottesbild der Moderne. Eine lohnende Lektüre und ein kraftvolles Plädoyer für den Glauben, das viel Stoff zum Nachdenken in sich birgt. Hier ein Ausschnitt:
“Aber ich glaube eben nicht daran, dass Gott bloß ein abstrakter, unsichtbarer, ätherischer Gedanke ist, eine nackte, bodenlos wabernde Wahrheit, die, wenn überhaupt, nur mit dem Geist eines Menschen zaghafte Berührungen eingeht, die sich nur für die reine Vernunft interessiert. Für das Klare, Saubere. Daran glaube ich nicht. Denn ich komme aus keinem unschuldigen Land. Ich bin nicht mit einem sauberen Kaiserschnitt in die Welt geholt worden, sondern auf diese ziemlich gestörte, natürliche Art mit Tränen, Schweiß und Blut, und ich habe als Kind den Mohn auf den Feldern meiner Heimat nicht nur betrachtet, ich habe nach ihm gegriffen, ihn zwischen Hand und Lenkrad gequetscht und versucht, ihn zu besitzen. Und die Schweine, die hier geschlachtet wurden, habe ich gegessen. Meine Gebete waren nie ein Geflüster von Wind zu Wind, von meinem reinen Seelchen zu seiner reinen Klarheit. Meine Gebete waren randvoll mit Erde, mit Freude und Achselschweiß und Leid und Stuss und Langeweile. Ich glaube nicht an den göttlichen Funken in mir, der glitzernd aus der dunklen Welt heraus zum großen Licht hinbetet und dahin befreit werden will und sich wünscht, endlich erlöst zu sein von allem, was berührt werden kann. Ich gehöre zur berührbaren Wirklichkeit. Und dass durch die Wirklichkeit ein Riss geht, dass die Wirklichkeit dieser Welt auch ganz schön geschrottet und pervers ist, das kann ich nicht ändern. Auch nicht, indem ich mich von ihr distanziere. Ich gehöre dazu. Und mit dieser Einsicht endete mein Alleingang im Glauben. Denn ich verstand, dass mein Spatzenhirn nicht ausreichte, um Gott ganz neu und klar und reinzudenken und eine vollkommen saubere neue Glaubensweise zu entwickeln”

aus: “Gott braucht dich nicht. Eine Bekehrung.” Von Esther Maria Magnis, Seite 202ff

Ein Beitrag der Autorin im Deutschlandradio.

5 Comments

  1. Allein das Zitat ist schon so wunderbar, dass ich das Buch wohl oder übel bestellen muss. Danke für die Rezi!

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  2. Frank Lüdke

    Das Buch ist der Hammer! Ich habe es in drei Tagen durchgelesen. Die Frau durchlebt jedes Gegenargument gegen den christlichen Glauben, geht durch tiefes Leid und landet am Ende umso fester bei dem Gott, der sich in Jesus gezeigt hat. Ich hab manches von eigenen Glaubenskrisen darin wiedergefunden und werde das Buch sicher noch manchem Zweifler empfehlen …

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  3. Ja, so ging es mir auch, wobei das Interessante ja ist, dass alle “klassischen Argumente der Apologetik” bei ihr ins leere greifen und sie trotzdem (oder gerade deshalb?) so fest im Glauben gehalten wird….

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