„Das Christentum ist nicht die religiöse Wattierung eines bürgerlichen Lebens – Fulbert Steffensky zum 80sten.“

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Heute feiert der ehemalige Benediktinermönch Fulbert Steffensky seinen 80sten Geburtstag und dies ist doch einen Eintrag wert. Der Ehemann von Dorothee Sölle gehört zu den Menschen, die mich durch ihre Schriften immer wieder begeistern und berühren. Bücher wie ‚Schwarzbrot-Spiritualität’, ‚Der Schatz im Acker’ oder ‚Gewagter Glaube’ sind lesenswert und horizonterweiternd (alle erschienen im Radius Verlag). Es ist geht bei Steffensky nicht nur darum was er sagt und schreibt, sondern auch wie er es sagt und schriebt. Seine Sprache hat immer etwas von „sanfter Poesie“ und ist gerade deshalb eindringlich und präzise.
Lange stand er im Schatten seiner prominenten Ehefrau Dorothee Sölle und nicht viele sagten, dass beide wie „Feuer und Wasser“ waren. Während die Prophetin Sölle, sich mit der Gegenwart auseinandersetze, beschreiben seine Worte eher die leise Hoffnung der Zukunft. Beides brauchen wir. Heute denke ich aber an ihn und danke ihm, für seine leise und eindringliche Stimme.
Hier ein Textausschnitt:

„Die zweite Aufgabe hängt mit der ersten, Gott zu loben, zusammen. Unsere Spiritualität ist nicht eine des luftleeren Raumes. Sie ist nicht eine Frage religiöser Techniken, die unabhängig wäre davon, wofür ein Mensch steht, welche Optionen er hat. Beten kann man, wenn man weiß, wofür man betet. Die Spiritualität der Kirche ist zu allererst ihre Aufmerksamkeit auf die Gesichter der Menschen; auf ihre Leiden, auf ihr Glück. Spiritualität ist die Erkenntnis der Augen Christi in den Augen des hungernden Kindes, der gequälten Frauen, der Menschen, die aus allen Sicherungen herausgefallen sind. Diese Spiritualität lehrt also Fragen stellen: Wer leidet? Warum leider er? Wer macht Leiden? Das Christentum ist nicht die religiöse Wattierung eines bürgerlichen Lebens, zu dem es so oft geworden ist. Gerechtigkeit, Erbarmen und Gotteserkenntnis sind untrennbar miteinander verbunden.“

‚Schwarzbrot-Spiritualität’, 63
‘Es ist schön, mehrere Heimaten zu haben’. Der WDR portraitiert Fulbert Steffensky.

10 Comments

  1. Hallo Tobias, was genau hat denn Frau Sölle prophezeit.
    “Gott hat sich in Auschwitz selbst entmythologisiert” und “Gott braucht uns, um wirklich gute Macht zu haben”. Das ist unkaschierter Antitheismus.
    Leute wie Pauls Schneider, der “Prediger von Buchenwald”, und Corrie ten Boom beweisen, dass KZs weniger über Gott aussagen, als über diejenigen, die mit ihnen in Berührung kommen, und sei es als Tourist, wie Sölle, die nach einer Besichtigung beschloss, Gott habe offensichtlich keine Macht und sei deshalb klinisch tot.

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  2. Das meine ich gar nicht, obwohl ich das auch anders sehe. Ich zielte eher auf ihre ‘politische Spiritualität’ ab, in der sie vieles anmahnte, was wir heute diskutieren, wie Friedenspolitik, Ökologie und Gerechtigkeit. Eigentlich müsste sie dir doch gefallen, eine streitbare Kämpferin gegen den kompletten männlichen Theologenmainstream der damaligen Zeit….

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  3. Was ist daran prophetisch, auf den Wagen der Grünen und Linken aufzuspringen?

    Dem Mainstream-Antitheismus ihrer Zeit eine Herausforderung oder Alternative entgegen zu stellen, war nicht ihr Ziel. Sie hat eher “noch einen drauf gesetzt”:

    Der allmächtige, absolut selbst-bestimmte Schöpfer- und Erlöser-Gott der Bibel ist tot. Ohne uns kann Gott doch gar nichts!

    Dass den Gemeinden während der frühchristlichen Verfolgungswellen das nicht schon aufgefallen ist…

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  4. es können halt nicht alle so einen festen und unerschütterlichen Glauben haben wie du. Sei doch wenigsten ein bisschen barmherzig und gnädig mit denen die auch so was wie Zweifel kennen. Wäre ja auch eine Art von Glauben teilen…

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  5. Ich habe volles Verständnis, wenn jemand zweifelt oder auch verzweifelt, jedoch sich mit seinem “Zweifel” auf Kirchentagspodien und Kanzeln zu stellen oder in Buchlänge gegen den allmächtigen Gott zu publizieren, heißt, seinen Zweifel zur Maxime zu erheben und Synergismus zur neuen Orthodoxie zu machen.

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  6. Im Letzteren gebe ich dir Recht, ansonsten kann es für Andere ja auch hilfreich sein, die evtl. ähnliche Zweifel haben. Ich teile nicht den Glauben von Sölle, kann aber einige ihrer Fragestellungen gut nachvollziehen und finde manche ihrer Gedanken tatsächlich hilfreich.
    Außerdem musst du es doch am Besten verstehen, der du sehr offensiv deine Glaubenshaltung in der Öffentlichkeit vertrittst. 🙂

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  7. […] Konstantin Sacher hat zum zwanzigsten Todestag der Theologin Sölle das Buch Dorothee Sölle auf der Spur veröffentlicht. Er bemüht sich um Fairness gegenüber der Frau, die Theologie nach dem „Tode Gottes“ treiben wollte und die fragte, ob man auch atheistisch an Gott glauben könne. Doch insgesamt fällt das Buch kritisch aus. Obwohl Sölle inzwischen  nicht mehr allzu viele Leser hat, gibt es immer noch einen Fankreis. Der Postevangelikale Tobias Faix hält sie etwa für eine Prophetin. […]

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