„Nicht eine Theologie für Jugendlichen sondern von Jugendlichen? Eine kurze Einführung in die Jugendtheologie”

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Spätestens seit die Schrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) „Kirche und Jugend. Lebenslagen – Begegnungsfelder –Perspektiven“ eine Theologie Jugendlicher explizit einfordert, hat das Thema ein Jugendtheologie Aufwind bekommen. Was in der ‚Kindertheologie’ schon seit einem Jahrzehnt selbstverständlich ist, bekommt jetzt im deutschsprachigen Europa auch auf universitärer Ebene Aufwind. Im Kontext der Forschung hat sich in der Theologie ein neuer Termini durchgesetzt: die ‚Jugendtheologie’. Natürlich gab es das Thema ‚Jugend und Theologie’ schon immer und doch zeigt das Spezifikum Jugendtheologie eine neue Dimension die nun beschrieben werden soll.
Neu ist nicht nur der Terminus Jugendtheologie, sondern besonders der ausdrückliche Bezug auf die Theologie. Hat man bisher viel vom Glauben, der Spiritualität oder Religiosität von Jugendlichen gesprochen, so wird im Begriff Jugendtheologie eine klare Eingrenzung des Begriffs vorgenommen, der im folgenden erläutert werden soll.
  1. Jugendtheologie als Laientheologie. Zuerst muss festgehalten werden, dass Theologie treiben keine generisch wissenschaftliche Disziplin ist, sondern dass die Theologie von Anfang an eine gedankliche und reflektierte Durchdringung des christlichen Glaubens darstellt. Dies kann auch schon von Kinder oder eben Jugendlichen vollzogen werden.
  2. Jugendtheologie als aktive Teilhabe. Jugendliche wachsen heute in einer postsäkularen Welt auf, was auf der einen Seite eine Reduktion von tradierten Glauben bedeutet, auf der anderen Seite ein ganz neues Interesse an theologischen Themen weckt, da sie für die Jugendlichen neu und unbelastet sind. Dazu kommt, dass wir eine neue Generation an selbstbewussten und an gesellschaftlichen Themen interessierte Generation vor uns haben, die an einer aktiven Einmischung stark interessiert ist. In vielen kirchlichen Jugendkreisen ist es normal, dass Jugendliche sich aktiv an theologischen Interpretationen und Debatten und um den christlichen Glauben beteiligen.
  3. Jugendtheologie ist immer auch Kommunikation des Evangeliums. Neben dem erwähnten reflektieren des christlichen Glaubens, geht es ebenso um die Kommunikation von diesem. Dabei ist es den Jugendlichen vorbehalten ihre Sprache und Ausdrucksweise für ihre Jugendtheologie zu finden. Dies ist sicherlich ein zentraler und herausfordernder Punkt, an dem es in der Praxis oftmals scheitert.
Wie sieht das jetzt aber aus? Schlag und Schweitzer schreiben in „Brauchen JugendlicheTheologie?“, dass es drei zu unterscheidenden Perspektiven in der Jugendtheologie gibt:
  1. Theologie mit Jugendlichen: Religionspädagogische Praxis der Schule und der  örtlichen Jugendarbeit. Theologie als Dialog verstehen.
  2.  Theologie von Jugendlichen: Gibt Einblicke in das Denken, Fühlen und Handeln jugendlichen Glaubens aus ihrer Lebenswelt .
  3. Theologie für Jugendlichen: Angefangen von Luthers „Kleinem Katechismus“ bis zur Volxbibel. Theologie für die Entwicklungsstufe Jugend.
Nur wenn alle drei zusammen kommen, entsteht das was sie Jugendtheologie nennen.
Dabei gilt es zu beachten, dass bei den Jugendlichen sowohl die impliziten theologische Orientierung (das was die Jugendliche vielleicht gar nicht als Theologie bezeichnen würden) als auch die explizite theologische Orientierung (das was von außen als Impulsen kommt) zu einer Jugendtheologie gehört. Der Darmstädter Religionspädagoge Carsten Gennerich hat dies in seinem Entwurf „Empirische Dogmatik des Jugendalters“ als wesentliche Grundlage einer Jugendtheologie ausgemacht und schreibt, dass „die expliziten und vor allem impliziten theologischen Orientierungen Jugendlicher empirisch aufzudecken und in ein Gespräch mit Interpretationsperspektiven der Theologie zu bringen sind“ (Gennerich 2010:11). Ganz praktisch heißt dies, dass man nicht eine Jugendarbeit für Jugendliche macht, sondern mit ihnen. Das man ihnen zutraut theologisch zu denken und zu reflektieren. Das sie in ihrer Meinung ernst genommen werden. Dies hört sich vielleicht selbstverständlich an, ist es aber oftmals nicht. Zwei Extreme als Beispiel: Einmal die offene Jugendarbeit bei der Jugendliche nicht mal mehr Wissen, dass es sich um eine christliche Jugendarbeit handelt und die Jugendarbeit in der die christliche Wahrheit von den Leitern an die Jugendliche weitergeben wird.
Bei der ganzen Frage der Jugendtheologie kommt man zwangsläufig auch auf die Frage der Milieus und der Bildungshintergründe von Jugendlichen. In der Oberstufe scheint eine Jugendtheologie ja durchaus denkbar, aber wie sieht es in der Hauptschule aus? Wie mit Jugendlichen die keinen christlichen Glauben haben? Gerade hier sind doch die Herausforderungen, auch der Jugendarbeit. Gerade wenn es keine gemeinsame Sprache über den Glauben mehr gibt, von den Jugendlichen, mit den Jugendlichen und für die Jugendlichen. Wie wollen wir in einen Dialog mit den Jugendlichen treten, wenn wir nicht verstehen, was sie sagen? Und sie nicht verstehen was wir sagen? Können Jugendliche überhaupt das ausdrücken, was als ihre Theologie verstanden wird? Wie sieht eine Theologie von Jugendlichen denn in der Praxis aus?
Das semantische Problem muss nicht nur ernst genommen werden, sondern ist die fundamentale Grundlage für eine Jugendtheologie, die mehr ist als eine neue wissenschaftliche Spielerei.
Wie eine Jugendtheologie in der Praxis aussieht hat die Kasseler Theologin Petra Freudenberger-Lötz in ihrem Buch „Theologische Gespräche mit Jugendlichen.Erfahrungen – Beispiele – Anregungen“ im Kontext der Religionspädagogik (die meisten ihrer Experimente und Erfahrungen gehen auf den Religionsunterricht in einer Oberstufe zurück) aufgezeigt. Sehr plausibel und nachvollziehbar zeigt sie auf, wie mit Jugendlichen dialogisch theologisch gedacht, reflektiert und diskutiert werden kann. Dabei werden die theologischen Fragen der Jugendliche aufgenommen und in ein didaktisches Modell gesetzt, wie bspw. „Wie würde Jesus heute auftreten?“ oder „Hat Jesus selbst Wunder getan?“. 


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