„Die zehn wichtigsten theologischen Bücher. Die ultimativ subjektive Rangliste.“

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Meine amerikanischen Freunde lieben sie, die „Ranglisten“ für alles und jenes und so ist es nicht verwunderlich, dass es sie für alles Mögliche gibt, auch für theologische Bücher. Davon habe ich mich jetzt inspirieren lassen und habe mal die zehn für mich wichtigsten theologischen Bücher aufgeschrieben. Gar nicht so einfach muss ich zugeben. Dabei war mir wichtig, dass ein Buch immer in eine bestimmte biographische Situation hinein wirkt, deshalb war für mich die Frage, wie stark und wie lange mich dieses Buch geprägt und/oder begleitet hat. Mit manch einem Buch habe ich theologisch vielleicht heute sogar „gebrochen“, doch hat es mich trotzdem über Jahre beeinflusst und beschäftigt. Manche Bücher habe ich (zuerst) in Englisch gelesen, dann schreibe ich den deutschen Titel noch dazu (wenn es ihn denn gibt).
Meine ultimativ subjektive Rangliste des theologischen Buchs:
  1. Bonhoeffer „Nachfolge“: Vielleicht das einflussreichste theologische Buch in meinem Leben. Kein Buch habe ich häufiger gelesen, keines vielleicht weniger in meinem Leben umgesetzt. Eine Lebensaufgabe. Ich lese weiter….
  2. David Bosch ‚Transforming Mission’ (Mission im Wandel): Als ich das Buch zum ersten Mal las, habe ich nachts meine Frau geweckt und ihr daraus vorgelesen. Für mich eines der wichtigsten und besten theologischen Büchern der letzten Jahrzehnte. Darüber hinaus ein Prophetisches. Schon 1991 beschreibt Bosch das, was heute mit „missional“ oder „emerging church“ beschrieben wird.
  3. Paul Schütz: „Das Mysterium der Geschichte. Von der Anwesenheit des Heilenden in der Zeit.“ Paul Schütz gehört zu den unterschätzen Denken des 20. Jahrhunderts. Im Grunde hätte ich alle seine Werke hier nennen können, aber „Das Mysterium der Geschichte“ war das Erste, was ich gelesen habe. Sprachmächtig. Anders, durchaus umstritten.
  4. Hans-Walter Wolf „Anthropologie des Alten Testaments“: Im Studium mein wichtigstes Buch zum Verständnis des ATs. Hat mir neue (theologische) Welten erschlossen. Danach machte Hebräisch lernen richtig Spaß…
  5. Thomas von Kempen „Nachfolge Christi“ Das Buch hat mir mein Mentor mal mit den Worten „Lies davon jeden Tag eines der kurzen Kapitel und es wird dein Leben verändern“ gegeben. Hat bei mir etwas gedauert, aber habe es vier Jahre lang (fast) täglich gelesen.
  6. Karl Barth: Beim Lesen habe ich mich wie Kapitän Ahab gefühlt und habe am Ende den „Kampf“ mit dem „weißen Wal“ verloren. Trotzdem: Ein prägendes Erlebnis und auch heute noch eine Quelle der Inspiration. Obwohl ich heute Brunner recht geben würde! J Und die ‚Tambacher Rede’ finde ich nach wie vor unschlagbar…
  7. Jürgen Moltmann: Was mich zuerst an Moltmann fasziniert hat, war mehr seine Sprache als seine Theologie. Wenn Moltmann schreibt, ist dies würdevoll, demütig und gegenüber Gott und den Menschen. Moltmann zu lesen heißt für mich Lust am Glauben zu bekommen.
  8. McGrath: Der Weg der christlichen Theologie: Eine Einführung. Ein kluges theologisches Buch, nicht nur weil es einen komprimierten und kompetenten Überblick über die Theologiegeschichte gibt, sondern weil McGrath auch außerordentlich gut schreiben kann und der britische Humor auch in einem theologischen Fachbuch nicht zu kurz kommt, was in Deutschland undenkbar wäre. Beispiel: In der Einleitung zur Pneumatologie: „Der Heilige Geist ist das Aschenputtel der Trinität“
  9. NT Wright: Ich mag Tom und NT Wright, der Wissenschaftler und der Pfarrer, beide in einer Person, beide bedingungslos aneinandergekettet. „Überrascht von Hoffnung“ (von Tom) und „Das Neue Testament und das Volk Gottes“ (von NT) sind zwei großartige theologische Werke, die ihren Platz in der Theologiegeschichte finden werden.
  10. Lesslie Newbigin: „Den Griechen eine Torheit“ war eines der ersten Bücher zum Thema Kontextualisierung und hat mich schwer ins Nachdenken gebracht. Dieses kleine, aber feine Buch des anglikanischen Bischofs, der über Jahrzehnte in Indien lebte und dann sein England kaum mehr erkannte, ist nicht nur voll guter Theologie, sondern auch reich an Lebensweisheit.

Natürlich gab es da noch CS Lewis oder den unwiderstehlichen Chesterton, Yoder oder Volf oder Sider oder oder Boff oder Nouwen…
Aber ich wollte mich mal auf einen Top 10 reduzieren und das sind sie nun. Zu jedem der Bücher könnte ich eine Geschichte erzählen, aber dafür ist ein Blog nicht so geeignet. Aber welche Bücher dich geprägt haben, dafür ist Raum und Platz…
Also nächstes kommen dann Romane, philosophische Bücher und mal sehen….


11 Comments

  1. sehr interessant, danke fürs Teilen! Mit dem Lesen ist es so eine Sache. Man liest, was einen interessiert, das wiederum bestätigt die eigenen Gedanken, so dass am Ende durch Interesse vorsortierter Input die Menschen immer weiter in ihren Positionen polarisiert. Insofern könnte man sagen: du wirst (durch Lektüre), was du schon bist.
    Zwischen Barth und Brunner würde ich nicht so grundlegend unterscheiden. Beide haben gemeinsam begonnen, sich dann über die Bedeutung natürlicher Theologie zerstritten, sind aber dennoch in ihrem kritischen, dialektischen Denken eigentlich nur graduell unterschiedlich geblieben.

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  2. BEi Barth und Brunner gebe ich dir Recht, beim ersten Punkt nur so halb, so homogen kann man ja gar nicht lesen, dass man immer nur sich selbst bestätigt, oder?

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  3. p.s.
    Meine Top Ten der Theologie würde ich aus den Reihen der Bücher von Leuten wie Johannes Calvin, Thomas Manton, John Owen, A. W. Pink, J. Grasham Machen, Herman Bavinck, und vor allem auch Cornelius Van Til rekrutieren.

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  4. sorry, ich fasse 2 Kommentare zusammen:

    Ich habe ja auch geschrieben: “von außen betrachtet” 😉

    Zu Schütz habe ich als Hamburger natürlich eine gewisse Affinität. Seine Aufzeichnungen vom Sterbebett des alten Waldbauern “Warum ich noch Christ bin” habe ich als Kontrast zu Bertrand Russells “Warum ich kein Christ bin” gelesen und fand es gegenüber Russell deutlich überzeugender.

    Im Gegensatz zu Bultmann und Barth suchte Schütz die Rettung des Glaubens vor der Wissenschaft nicht in absoluter Trennung der Kompetenzbereiche, sondern in einer Körperlichkeit des Glaubens.

    Mit Barth und Bultmann gemeinsam hatte er freilich das Verständnis, dass eine Rückkehr in die protestantische Orthodoxie nicht in Frage kommt.

    Bonhoeffer empfahl zur Verdauung von Schützes „Leiblichkeit“ des Glaubens einen gehörigen Schuss Kierkegaardschen Irrationalismus zu sich zu nehmen.

    David Bosch als Mitbegründer “missionalen Denkens” passt bestens in die Input-Reihe, und ein Mystiker wie Thomas a Kempis wird kaum für einen Kulturschock sorgen 😉

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  5. vielleicht … ausgenommen denjenigen, die auf dem Bibel- und Geschichtsverständnis der reformierten Bekenntnisschriften gegründet sind. Konzeptorientierte Theologie mit konstituierenden inhaltlichen Aussagen und “besitzendem” Glauben würden die von dir empfohlenen Autoren einstimmig als Wurzel und Gipfel allen Übels verurteilen.

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