“Gemeinde vs. Gemeinschaft?”

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Die Gespräche mit Markus am WE gehen mir immer noch nach und ich denke noch über Gemeinde und Gemeinschaft nach und wie ich das leben kann und will und soll. Es gibt in unserer heutigen christlichen Landschaft ganz unterschiedliche Modelle von Kirche und Gemeinde/Gemeinschaften, die ihre Legitimation alle aus der Bibel beziehen. Was sagt die Bibel aber über Gemeindebau und was können wir davon für heute lernen? Der Hauskreis (und Kleingruppen allgemein) ist inzwischen zu einem wichtigen Bestandteil im missionarischen Gemeindebaufbau geworden. Trotzdem stellt sich die Frage, inwieweit der Hauskreis neutestamentlich begründet werden kann. Wir sind heute gewohnt, dass jede Gemeinde eine Kirche und ein Gemeindehaus hat in denen alle gemeindlichen Veranstaltungen stattfinden. Das Privathaus wird darum nicht gebraucht. Für die meisten Christen gehört heute das Haus zum intimen, privaten Bereich, wohin man sich zurückzieht, um Ruhe von der Öffentlichkeit zu finden. Gemeinde und Haus sind heute weithin zwei getrennte Bereiche, die nur wenig oder auch gar nichts miteinander zu tun haben. Im Gemeindebau des Neuen Testaments war dies aber nicht der Fall. Das Gemeindeleben hat sich weitgehend in den Privathäusern abgespielt. Zwar gab es manchmal größere Versammlungen im Tempel oder Synagogen, aber das eigentliche Gemeindeleben fand in den Häusern statt. Oft waren es größere „Herrenhäuser“, in denen Platz war für eine größere Gruppe Menschen (durchaus 60-80 Leute). Also haben die „Reichen“ Platz gemacht für die ganze Gemeinde, haben ihr Haus geöffnet und das nicht nur am Sonntag, sondern öfters in der Woche. Gemeindeleben war also nicht nur „Gemeinde“, sondern auch Gemeinschaft – im Sinne von Leben teilen. Die heutige Doppelstruktur die wir weitgehend haben ist vielleicht ein Übel unseres mauen Gemeindewachstums. Wir reden immer von der „Privatisierung“ des Evangeliums, merken aber nicht, dass wir es selbst in unseren Gemeinden leben.

18 Comments

  1. ebbelwain

    Gestehe, ich schwanke hin und her. Einerseits haben sich auch die ersten Christen im Tempel und den Synagogen getroffen und ihnen war das sehr wichtig, zumindest die Judenchristen sahen sich ja auch weiterhin als Juden. Andererseits wurde „Gemeinschaft“ primär in den Häusern gepflegt (soweit das die wenigen Bibelstellen hergeben).
    Einerseits war das sicherlich auch einfach kaum anders möglich als (von Juden, Römern und Griechen zumindest argwöhnisch beobachtete, bisweilen bekämpfte) Minderheit, andererseits war diese enge „Lebens-Gemeinschaft“ ein Hort der Sicherheit und inniger Anteilnahme.
    Einerseits liebe ich meine Kirche (das Gebäude), andererseits liegt mir die tiefe Gemeinschaft in der Kleingruppe (Hauskreis o.ä.) sehr am Herzen.
    Einerseits beobachte ich in unserer Kirchengemeinde (ev.) wie intensiv unsere Gottesdienste Menschenherzen bewegen oder auch Veranstaltungen wie ProChrist. Andererseits höre ich wie Gemeinschaft in den Hauskreisen gelebt wird und Menschen Heimat finden.
    Einerseits ist Konzentration auf eine Sache effizienter als ein Spagat zwischen zwei „Welten“, andererseits ist Diversifikation bereichernd.
    Mein persönliches zwischenzeitliches Fazit: Einerseits wird und sollte es Gemeinden oder Gemeinschaften geben, die sich auf eines konzentrieren, andererseits wird und sollte es Gemeinden im klassischen Sinne geben.
    Offen bleibt für mich: ist unser „bescheidenes“ Wachstum nicht eher ein Ausdruck unseres fehlendes „Wollens“. D.h. haben sich nicht viele Gemeinden in der Vergangenheit mit fehlendem oder bescheidenem Wachstum begnügt („es geht halt nicht mehr“ oder „es ist ja auch der schmale Weg“ – also geringe Zahlen geradezu als „Beweis“ der eigenen Rechtgläubigkeit). Fehlt(e) vielleicht der Drang, eine nicht versiegende innere Sehnsucht nach Rettung und Erlösung für meine Mitmenschen? Trau(t)en wir vielleicht Gott es letztlich auch nicht zu?

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  2. Ich glaube nicht, dass es am Gebäude an sich liegt, sondern an der Annahme der Menschen um uns herum. Ich denke, gerade weil Religion für den säkularisierten Menschen Privatsache geworden ist, müssen wir die Menschen wieder in unser “Privates” lassen. Hauskreise werden zu oft Stätten des Wohlfühlens, statt Orte der Integration.

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  3. ebbelwain

    Wenn ich dich richtig verstehe, heißt das, meine Nachbarn und Freunde in mein Haus zu holen, damit sie sehen wie ich als Christ lebe, wie Christsein sich in meinem Leben / Alltag auswirkt. Richtig? Mir ist es noch nicht ganz klar … In unserem Kirchenvorstand überlegen wir an der 40 Tage „Leben mit Vision“-Aktion teilzunehmen. Dort ist ja ein wichtiger Aspekt eben jene Nachbarn und Freunde in mein Haus einzuladen. Hauskreise als „Orte des Wohlfühlens“ sind für mich eher exklusive. Man hat sich in seinem “Kuschelclub der Erretteten” bequem gemacht. Als „Orte der Integration“ sind sie eher in Bewegung (meint jetzt: es kommen neue hinzu, der Kreis teilt etc.). Komme ich damit deiner Vorstellung näher?

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  4. Jein, ich meine keine “Missionsstrategien”, sondern mehr natürliche Kontakte, Nachbarn und Freunde einladen zum Essen, Zeit miteinander verbringen, Einblick geben in das was einem gerade beschäftigt, ehrlich sein, einander helfen in praktischen Dingen ….
    Ich bin nicht gegen die anderen Sachen, aber manchmal sind sie mir organisiert, ich denke, wir müssen niederschwelliger anfangen.

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  5. ich kann den ansatz gut verstehen und gerade vereine ich beides… ich wohne direkt im Gemeindehaus (ohne weitere Haustür) das heißt, wer ins Gemeindehaus kommt, kommt irgendwie auch zu mir und bleibt mal schnell auf nen Kaffee. Ich finde das sehr schön (ideal auch weil teens mal einfach so vorbeischauen können) aber es ist schon auch anstrengend. Ihr merkt das am bibs ja auch… man gibt irgendwie sein Privatleben auf. Für mich ist gerade die spannende Frage, ist das schlimm?

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  6. vielleicht ist auch ein faktor der, dass man als leitung in einer gemeinde mehr einfluss hat.

    wenn du viele hauskreise hast, dann ist das nicht nur gut.
    es bietet in seiner eigenheit und “einsamkeit” auch viel potential für ungute entwicklung (einfluss durch “irrlehren”, psychologische sachen, sonderinteressen einzelner)

    ich nöchte damit aber keinesfalls gegen hauskreise sprechen!
    es ist halt die frage, wie die echte identifikation mit dem “großen” hergstellt und erhalten wird.

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  7. @sandra: Das ist echt spannend. Ich glaube, dass es von der Persönlichkeit und der Lebenssituation abhängt wie viel Privatsphäre man braucht. Einen Teil sollte sich jeder sichern, einen Raum, der für einen selber bleibt, zum regenerieren und auftanken. Freunde von mir haben in ihrem Haus mit den Jugendlichen aus dem Dorf gelebt und haben dabei ihre Privatsphäre ganz aufgegeben, woran letztendlich die Ehe gescheitert ist. Andererseits ist es natürlich gerade für Jugendliche die Chance anteil am Leben zu nehmen, was sehr prägend für sie sein kann.

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  8. @manni: dein Post (“einfluss durch irrlehren, psychologische sachen, sonderinteressen einzelner”) erinnert mich irgendwie an die Hausgemeinden in Korinth, dagegen hat schon Paulus gekämpft. Wir stehen als in einer guten Tradition… 🙂

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  9. Anonymous

    lieber toby als nichttheologe kann ich dir nur zustimmen. es geht ja häufig nur noch “um meinen gott und um mich” und die ganze gesellschaftliche dimension des glaubens geht verloren.

    auch die exklusivität als christen ist ein thema.
    eigene schulen, zeitungen, wir haben uns in einer welt in der welt eingerichtet und machen es uns häufig darin sehr gemütlich.

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  10. Ja, da machst du noch ein Fass auf! Die Abwendung von der “Welt” bekommt durch die ganze christliche Subkultur eine neue Dimension, gerade in der PHase der Säkularisierung und des Wertepluralismus, sollten wir eigentlich nicht “davonrennen”, sondern “Salz & Licht” sein.

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  11. @tobi

    nur kann man eben doch nichts erreichen..
    irgendwie ist “alles” so schnell im einer..
    wer hört schon auf so ein paar fromme idioten?

    erst der materialismus (und ich bin ein teil davon) und dann irgendwann der islam oder so.

    der letzte macht das licht aus.

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  12. hm… da bin ich anderer meinung, ok, ich bin idealist, das gebe ich zu, aber wir müssen doch auch nicht gleich die ganze Welt verändern… wenn wir unseren Nachbarn damit erreichen und er sich davon anstecken lässt sind wir schon mal zwei… so in der Art Schneeballprinzip ganz nach dem Film “Das Glücksprinzip”….wer weiß was passiert… die Hoffnung stirbt zu letzt

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  13. hey sandra und tobi.

    also vor einigen wochen sitzt bei mir jemand am tisch und erzählt mir, dass ein junge (um die 15) jetzt in einer drogenklinik ist.

    ich hab den besagten teenie auf ner freizeit kennen gelernt und ne menge zeit mit ihm verbracht – ich mochte ihn einfach sehr.

    ich weiß, was jesus getan hat. aber den rest nehme ich auch war.

    was ist hoffnung?

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  14. @toby die welt will ich auch nicht mehr retten, das habe ich aufgegeben 😉 aber verändern kann ich sie ja noch…
    @manni, da kann ich mich nur Toby anschließen, so platt wie es manchmal klingt. Aber es ist doch immer wieder der strohhalm, der mich in dieser welt überleben lässt, wenn alles zusammenbricht. Jesus gibt die Hoffnung nicht auf. Weder für uns noch für andere…

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  15. ich persönlich bin für hk und gottesdienste. beides ist wichtig.

    subkultur sollten wir nie sein. ich bin für offen sein. auch wenn das dem “ort des wohlfühlens” etwas zu wiederläuft, was ich selbst gemerkt habe, aber dann auch den gewinn gesehen.

    (ranbemerkung: “psycho-sachen” sind in einer großveranstanltung genauso möglich. würde man HKs abschlaffen würden komische dinge an einem andern ort passieren, ohne dass es jmd sehen kann…..)

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