“Verhaltenauffälligkeiten im Alter”

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Wenn man an Leitungsstrukturen arbeiten möchte, dann ist es gut sich von allen möglichen äußeren Einflüssen zu befreien, um sich auf das Wesentliche zu Konzentrieren. So st es zu erklären, dass wir uns als Leitungsteam in ein Freizeit- und Naherholungsheim irgendwo in der hessischen Provinz zurückgezogen haben. Teilweise ist die Strategie auch aufgegangen und wir arbeiten hart und konzentriert, bis, ja, wie sagt man das, kleine Verhaltensauffälligkeit älter gewordener Mitmenschen mich zum Nachdenken gebraucht haben. Nein, nicht, dass mich das stören würde, wenn die Zimmernachbarin morgens um 6:00h ohne Hörgerät ERF hört oder der ältere freundliche Herr, von Zimmer 38 die Toilette blockiert, weil er heimlich raucht. Nein, ich habe dafür Verständnis und ich stelle mir vor wie ich im Alter sein werde, was für heutige Macken ich ritualisieren und kultivieren werde, was für mich unverzichtbar wird und wie ich auf meine Mitmenschen wirken werde. Interessant ist dabei auch das Verhalten in der Gruppe. Vor jeder Mahlzeit stellen sich ca. 40 Senioren im Kreis um das in der Mitte aufgebaute Buffet auf, sie singen einen Choral, lauschen dann den kurzen Worten eines Mannes, um sich dann, wie von der Tarantel gestochen, über das Buffet herzumachen, als wenn es die letzte Mahlzeit wäre. Wie ein wild gewordener Bienenschwarm summen sie um die Leckereien um sich dann plötzlich auf ihre Plätze zurückzuziehen, wo sie wieder in eine unheimliche Stille verfallen. Ein Schauspiel, das sich jede Mahlzeit wiederholt und das ich voller Erstaunen beobachte. Faszination pur. Das Leben ist spannend und irgendeiner der Senioren schreibt wahrscheinlich gerade in seinem blog über einen jungen Mann, der in einem Freizeit- und Erholungsheim zu Besuch war und der so getan hat als hätte er noch nie eine Gruppe Senioren beim Essen gesehen…

12 Comments

  1. Der Mann von Zimmer 38 – sehr geil! ^^

    Hab vor kurzem auch über “das Alter” nachgedacht. Zur Zeit ist ja der Begriff “Generationen” im Kommen (Vgl. Generationenhäuser). Ich selbst mag Gemeinden, die Alt und Jung verbinden. Missionsorganisationen entdecken die Senioren und senden sie all over world =)

    Ist eigentlich sehr geil! Immer aktiv im Leben und in der Gemeinde. Aber was ist, wenn die alten Leute denn komsich werden? Nur noch von der “Guten alten Zeit” reden und gestzlich werden?
    Dann hat man irgendwie den Tod im Topf sprich Gemeinde/Missionsteam.

    Gar nicht so leicht…

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  2. Hab mich zum Teil in meine Zivizeit zurückversetzt gefühlt, da hab ich vieles nicht verstanden, aber gelernt ältere Menschen zu schätzen und von ihnen zu lernen

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  3. Ich find alte Menschen toll!! Klar, es gibt seltsame Exemplare (wie unter den Jungen auch), aber ich finde es sehr lehrreich und u.U. MEGA segensreich von Älteren lernen zu können – sei es auf Beziehungs- oder Beobachtungsebene.
    Nachdem ich 3 Jahre zur Untermiete im Altenheim gewohnt habe (jaja, es gibt keinen Spruch den ich dazu nicht gehört hätte), hab ich einiges beobachten können: Macken und Angewohnheiten kommem im Alter viel stärker raus, Grundeinstellungen zum Leben im Allgemeinen und Speziellen werden offensichtlicher… das Leben wird automatisch mehr reduziert und daher basic – Sachen wie n leckeres Essen werden vielleicht zum Highlight. Meine Oma (wurde 98) war mir da ein Riesenvorbild: dankbar, Beterin und Missionarin in ihren Möglichkeiten und jederzeit bereit für den Himmel. Ich dachte da voll oft: “So möchte ich auch mal werden!” Da kann ich mir richtig vorstellen, was der Prozess der “Heiligung” eigentlich so bedeuten kann – trotz Macken und Kanten. Ich will jedenfalls mal ne Oma sein, die Lachen kann – v.a. über sich selbst 🙂

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  4. Alte Menschen sind etwas tolles.
    Ich kann alten Menschen oft stundenlang zuhören wenn sie erzählen.Und in einigen Jahren werden diese persönlichen Erinnerungen nicht mehr von alten Menschen erzählt werden können. Da stirbt die Kriegsgenartion aus und was meinen Kindern bleiben wird sind Geschichtsbücher und meine Erzählungen über die Erzählungen meines Großvaters. Aber die Unmittelbarkeit von Menschen welche z.B. den Krieg erlebt haben, wird dann leider fehlen.

    Matthias

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  5. Also ich finde alte Menschen nicht grundsätzlich toll… so wie ich Menschen nicht grundsätzlich toll finde.

    Da war der Typ, der mich mit den Knüppel vom Moped klopfen wollte – nur wegen dem Sportauspuff.

    Manche keifen. Andere belehren einen den ganzen Tag lang. Eng und festfahren. Laut und mürrisch.

    Naja… gibt beides. Altsein allein, bringt es nicht!

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  6. @matthias: Ja, ist schon komisch, mit den Kriegsgeschichten, da bleiben nur noch unsere Geschichten vom Mauerfall, den erleben die KIds von heute wahrscheinlich ganz ähnlich: nur per GEschichte!

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  7. @manfred: Das sehe ich ähnlich. Im Alter wird man nicht automatisch nett und lieb, sondern da kommt das zum Vorschein, was man wirklich ist und das kann auch ganz schön ernüchternd sein. Deshlab ist es so eichtig, in jungen Jahren schon an seinem CHarakter zu arbeiten…

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  8. Ja, genau. Klar “Alt-sein” per se hat nix Tolles oder gar Heiliges an sich – das würden alte Menschen selbst wohl auch ganz anders sehen. Mich motivieren meine Erfahrungen aber schon jetzt Einstellungen und Angewohnheiten zu kultivieren, für die ich mich im Alter mal nicht schämen muss wenn ich sie dann zelebrierend auslebe 🙂

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  9. @ Manfred,Julia

    Sicherlich hat das Alter auch seine negativen Seiten. Vor fast zwei Jahren habe ich Urlaub in einer Benediktinerabtei gemacht. Die Mönche die noch dort waren, waren meist jenseits der 60. Bei sovielen Altersmacken auf einen Haufen bekommst Du das schon intensiv mit, oder zu spüren.Aber es geht mir um die Grundwertschätzung älterer Menschen in einer Gesellschaft, welche ‘ewig jung und dynamisch’ (so zumindest die Medien) ist. Aber vielleicht haben ältere Menschen für mich einen persönlichen Zauber, da ich als Kind stundenlang den Erzählungen meines nun verstorbenen Großvaters lauschen konnte.

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  10. JA, ich glaube, dass der gesellschaftliche Druck groß ist “ewig jung” zu sein und irgendwann stellst du fest, dass du es trotz alle Anstrengungen und Hilfsmittel nicht mehr schaffst und dann ….

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  11. “….. über das Buffet herzumachen, als wenn es die letzte Mahlzeit wäre.”
    genialer satz und klasse eintrag. ja und du hast wahrscheinlich recht mit deinem letzten satz. der blogt bestimmt darüber

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