Da an Feiertagen in Marburg die Busse nur sehr spärlich fahren, musste ich heute eine halbe Stunde warten. Ich setze mich neben einen Obdachlosen, der im Rollstuhl neben der Bank sitzt und beginne zu lesen. Dann ergibt sich folgender Dialog:
Toby: Hi, ja hab ich.
OL: Kannst du mir was geben?
Toby: Für was brauchst du es denn?
Ol: (überlegt kurz) Für Bier, bin Alkoholiker.
Toby: Gibt ihm was.
OL: Danke.
Toby: Wie heißen Sie denn?
OL: Andy, kannst ruhig du sagen.
Toby: Ich heiße Toby. Cool dich kennen zu lernen? Was hast du mit deinen Beinen gemacht?
Andy: Ich habe schon von Geburt an Durchblutungsstörungen in den Beinen gehabt, bin deshalb mein ganzes Leben an Krücken gegangen und hatte letztes Jahr einen doppelten Beckenbruch, seitdem ist alles kaputt, hab jetzt ne Stahlplatte im Becken und kann nicht mehr laufen.
Toby: Und seit wann trinkst du?
Andy: Seit 40 Jahren. Wie alt bist du?
Toby: 38.
Andy: Du siehst jünger aus.
Toby: Und wie alt bist du?
Andy: 53. Ich seh aber älter aus! (beide lachen)
Toby: Und wo wohnst du?
Andy: Im Waldtal, in einem Sozialzimmer. Und du?
Toby: In der Ecke Schwanalle/Gisselbergerstarße…
Andy: Im „Jesus-lebt-Haus“?
Toby (überrascht) Ja, genau…
Andy: Da haben früher Diakonissen drin gewohnt.
Toby: Ja, die sind jetzt aber nicht mehr da.
Andy: Ich war da öfters, die haben mir immer was zu essen gegeben. Die waren alt, aber sehr nett und haben sich mit mir unterhalten, obwohl sie wussten, dass ich schlucke.
Toby: Das finde ich gut.
Andy: Was machst du denn?
Toby: Ich bin Theologe.
Andy: (lacht) Jetzt kenn ich einen Theologen. Und er sitzt neben mir und spricht mit mir.
Toby: Klar, warum denn nicht?
Andy: Naja, nicht alle Leute sprechen mit mir. Aber die Studenten sind ganz nett und ich mach auch niemand Probleme. Ich komm ja nicht mehr weit mit meinem Rollstuhl und dann sitzt ich halt den ganzen Tag hier und naja, trinke und naja du weißt schon. Aber du bist ganz schön nett für einen Theologen…
Toby: Also, eigentlich sollten alle Theologen, alle Christen nett sein…
Andy: Ich wurde auch christlich erzogen, aber dann ist einiges schief gegangen in meinem Leben, aber ich glaub immer noch, dass der Herrgott auf mich aufpasst. (Pause) Und der, der ist gerecht, da glaub ich dran, der ist bestimmt gerecht…
krass!
Sehr krass, ja. Und schön – auf ‘ne gewisse Art. Und es berührt.
jo … gibt schon ne runde zu denken …
mir gibt es auch zu denken – immer noch…
…überraschend… unser Gott!
total schön!
hammer.
..und wie gings weiter?