„Keine Toleranz der Intoleranz. Oder: Das schwarze Loch der Menschheitsgeschichte“

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„Das Kind schwieg, während die Erwachsenen mit den Worten starben: Es lebe die Freiheit. Weil nun das Kind viel leichter war als die Erwachsenen, röchelte es noch lange. Wiesel hörte eine Stimme hinter sich: Wo ist nun Gott?  Und er fährt fort: „Eine Stimme in mir sagte: Dort. Er hängt am Galgen“. „An diesem Abend schmeckte die Suppe nach Leichnam“. Aus Elie Wiesels Auschwitzroman „Die Nacht“
„Seid auf der Hut  vor Leuten, deren Theologie vor und nach Auschwitz dieselbe ist.“ Johann Baptist Metz
Heute sind der offizielle „Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus“ und auch der „Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts“ (es ist der Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz). Und es ist gut und wichtig, inne zu halten und der Geschichte und deren Opfer zu gedenken. Vor allem Juden, aber auch Kommunisten, Zeugen Jehovas, oppositionelle Priester und Pastoren, Sinti, Roma und Homosexuelle wurden auf grausamste und unbarmherzigste Weise hingerichtet. Auschwitz ist ein Mahnmal, tief eingebrannt in unsere Geschichte. Ein DenkTag an die Vergangenheit, aber auch für die Gegenwart und die Zukunft. Nicht nur wegen des laufenden NSU Prozesses, sondern auch wegen der immer wieder sich latent einschleichender Intoleranz gegenüber jüdischen Mitbewohnern und Minderheiten in Deutschland. Wehret den Anfängen, jeden Tag neu, nicht nur heute, auch morgen…

Der Auschwitzprozess zum Nachhören und Nachlesen.
Der Deutschlandfunk über „Keine Toleranz der Interoleranz“.

3 Comments

  1. Hi Toby,

    wo findest Du denn konkret das Zitat von Metz umgesetzt? Habe mich in den letzten Tagen und Wochen wieder intensiver mit Hans Jonas‘ “Gottesbegriff nach Auschwitz“ auseinandergesetzt, bin dabei auch auf Kritiken und Alternativen gestoßen, wie beispielsweise Jüngel, Moltmann und peripher auch Welker. Ich halte Jonas Ansatz – und darin steht er der Prozesstheologie ja in nichts nach – zu radikal und einseitig.

    In der jüdischen Religionsphilosophie gibt es ja auch wesentlich gemäßigtere Ansätze wie den von Fackenheim beispielsweise, der Gott – ähnlich wie Wiesel – mit im Exil/Ausschwitz verortet und statt einer Erklärung ein 614. Gebot gibt, weiterhin Zeugnis der Jüdischkeit abzulegen, um nicht indirekt Hitler in die Hände zu spielen. Aber die große Frage stellt sich doch, ob die Shoah einzigartig in der Geschichte steht oder nicht. Selbst von jüdischer Seite gibt es zahlreiche Denker, die sich uneins sind bzw. es nicht so sehen (Berkovits, Greenberg, Heschel u.a.). Hat also Metz recht, wenn er eine neue Theologie nach Auschwitz fordert und – wenn ja – wie müsste diese christlicherseits aussehen? Jüngel beispielsweise fokussiert sich sehr auf die Trinität und das damit verbundene Leid Jesu am Kreuz, womit er das Leid zwar nicht erklärt, aber zumindest einen Weg findet, um die Massivität des Leides von Auschwitz zu verorten, d.h. im Wesentlichen bleibt er beim traditionellen Gottesbild.

    Welker geht einen Schritt weiter, wenn ich es richtig verstanden habe (müsste mich mal näher mit seinem Ansatz beschäftigen): Er greift Whiteheads Prozesstheologie auf und fordert einen Abstand vom theistisch abstrakten Gottesbegriff, wie er spätestens im aristotelisch beeinflussten Mittelalter geprägt worden ist. In der jüdischen Religionsphilosophie, besonders bei Heschel, finden ich mit dem Theologumenon des Pathos Gottes einen sehr guten Ansatz in diese Richtung, dass Gott nämlich mitleidet und seinen Propheten (was aber im Prinzip bei Heschel jeder sein kann) dieses Leiden mitteilt und sie daran teilhaben lässt.

    Lange Rede, kurzer Sinn: Ich frage mich, inwieweit Auschwitz tatsächlich schon in die christliche Gotteslehre miteingeflossen ist bzw. bei wem. Kennst Du gute Beispiele? Oder wie siehst Du das selbst?

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  2. Danke, berechtigte Frage. Ich glaube, dass es Metz nicht darum ging eine neue Theologie zu fordern, sondern un solar zu machen, dass manch (einfache?) schnelle? scheinbar richtige?) Fragen nach Auschwitz nicht haltbar sind oder zumindest diskutiert werden sollten. Es ist nach meinem Verständnis eine Kritik an einer rein deduktiv verstandenen Theologie. Eine Theologie, die sich in ihrer Wahrheit gefällt und genug ist und den (leidenden) Menschen aus dem Blick verliert. Dies gilt ja nicht nur für die Theologie, sondern auch für die Anthropologie oder den Humanismus.
    Die radikalste Auseinandersetzung habe ich bei Dorothee Sölle gefunden.

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  3. Ja richtig, Dorothee Sölle hatte ich ganz vergessen – guter Hinweis. Aber ich verstehe, was Du meinst. Jonas ist sich selbst bewusst, dass es zur Beantwortung dieser Frage theologisch die Christen etwas einfacher haben. Im Gegensatz zu seiner Gegenüberstellung von Jenseitsbezogenheit bei den Christen vs. diesseitiger Gerechtigkeit bei den Juden würde ich aber mit Moltmann (und Jüngel) doch bei der Trinität ansetzen. Alles andere wird etwas zu pauschal. Das wäre auch meine grundsätzliche Kritik an Jonas, dass er an manchen Punkten zu pauschal bzw. schwarz-weiß argumentiert.

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