„Der orthodoxe Häretiker. Oder: Warum der Umgang mit Zweifel so wichtig ist.“

Uncategorized



„Vor allem war das Ausschlaggebende für meine Abkehr vom Glauben die theologische Auseinandersetzung mit Bibeltexten und biblischen Themen wie Sünde und den Vorstellungen von Himmel und Hölle. Ich habe gemerkt, dass sich viele Widersprüche bei mir nicht haben auflösen lassen.“ (Sophia)
„Der Glaube ist eine ganz große intellektuelle Anforderung und nicht, weil ich so klug bin oder so etwas, sondern weil es echt schwer ist, finde ich, mit den Widersprüchen in der Bibel zu leben und eben auch emotional hinterherzukommen. Es hat ja auch eine emotionale Komponente. Und ich konnte auch nie mit den Liedern, die da gesungen wurden, da habe ich die totale Krise bekommen. Also, diese Worship-Songs, die sind für mich sowieso eine einzige Phrase.“ (Magdalena)
„Glauben basiert auf Gefühlen, nicht auf Fakten.“ (Frieda)

 

Ein zentrales Leitmotiv unserer Dekonversionsstudie war „Intellekt & Zweifel“. Wie gehe ich mit meinen Fragen, Anfragen, Zweifel und Verzweiflung um? Seien es rationale Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Bibel oder emotionale Zweifel am (Nicht)Handeln Gottes. Was mache ich mit diesen Gedanken, die sich in meinem Hirn eingenistet haben und hartnäckig und regelmäßig sich auch ungefragt zu Wort melden? Keine leichte Situation und es gibt keine einfache Lösung. In unserer Studie gab es, bei aller Unterschiedlichkeit im Umgang mit Zweifeln, eine Gemeinsamkeit: Die Zweifelnden haben sich alleine gefühlt, mit kaum jemand gesprochen und sich mit ihren Zweifeln zurückgezogen. Manche, weil sie nicht verstanden wurden, manche, weil sie mit schnellen Antworten abgespeist wurden und manche, weil sie sich ihrer Zweifel geschämt haben. Aber dieser Rückzug war meines Erachtens genau das verkehrte. Zweifel sind nicht zum Schämen, sondern zeigen eine selbstständige Auseinandersetzung mit Gott, der Bibel und dem Christsein. Ja, Zweifel sind notwendig um einen reflektierten Glauben zu bekommen. Und dennoch, Zweifel sind gefährlich, wenn sie die Macht über das eigene Denken und den eigenen Glauben bekommen. Deshalb braucht der Zweifelnde einen vertrauten Raum, in dem die Zweifel ausgesprochen werden können, ohne dass man geringschätzig angeschaut oder geistlich ermahnt wird. Zweifel müssen ausgesprochen werden, diskutiert und geteilt werden, erst dann werden sie fruchtbar für den eigenen Glauben. Eine praktische Möglichkeit dies einzuüben sind Hauskreise oder sonstige Kleingruppen, sowie Mentoringbeziehungen, ein tolles methodisches Hilfsmittel ist das gestern erschienene Buch von PeterRollins „Der orthodoxe Häretiker und andere unglaubliche Geschichten.“ Der englische Philosoph und Theologe versteht es in diesem Buch neue, oftmals provozierende Gleichnisse und Geschichten zu erzählen, die einem Helfen eigene Zweifel ernst zu nehmen und zu formulieren. Seine Erläuterungen helfen dies didaktisch einzusetzen und machen es somit zu einem wunderbaren Lese- und Arbeitsbuch für die genannten Gruppen.
Hier ein Auszug aus dem Vorwort meines Kollegen Tobias Künkler und mir:
„Ich stutze, lese den Satz noch einmal, er stimmt, ich überlege, lächle, ach so, jetzt verstehe ich….“ So in etwa ging es uns beim Lesen dieses herausfordernden Buches von Peter Rollins. Der irische Philosoph, Autor und Redner ist ein Provokateur und Querdenker, der seine Mitchristen und sich selbst immer wieder durch gewollte Irritationen zum Nachdenken zwingt. Nicht immer endet es mit einem Lächeln, manchmal ärgerten wir uns auch über seine Geschichten und Parabeln, aber sie brachten uns immer ins Nachdenken über unseren eigenen Glauben. Schon in der ersten Geschichte dieses Buches wird klar, Rollins geht es nicht um die ‚Religion Christentum‘, sondern um einen Blick hinter die Kulissen. Die folgenden Geschichten und Parabeln werden irritieren, in dem sie Gewohntes in Frage stellen, wohlbekanntes verfremden und vorhandene Widersprüche aufdecken. Doch transformative Lernprozesse, aus denen wir verändert hervorgehen und ohne die Nachfolge nicht möglich ist, sind nicht möglich ohne Irritation oder gar das Empfinden der Krise. Lernen, so die Lerntheoretikerin Frigga Haug „bedeutet das Verlassen einer als sicher aufgefassten Position […] und damit eine Verunsicherung.” Lernen im Sinne eines Umlernens, geht notwendig mit einem Verlernen, d.h. mit einem Verlust einher. Solche Lernprozesse werden erfahren, so Haug, „als Unsicherheit, als Unruhe, als Zweifel, als Bruch, eben als Umsturz, als Veränderung von Gewohnheit, Gültigem, für sicher und richtig Gehaltenem, als etwas Neues, das einen auch zwingt, anders zu leben.“

33 Comments

  1. Ich finde schon den Begriff Zweifler etwas abwertend und denunzierend. Die heilige Einfalt wird gelobt, der Zweifler dagegen zerfällt in zwei oder entzweit.

    Frager halte ich für neutraler.

    Thomas

    Antworten
  2. mmhh, ja, das kann schon sein, dass ‘Zweifler’ für manche eine negative Assoziation weckt, bei mir persönlich nicht und auch im Buch von Rollins sind Zweifel eher positiv besetzt. Aber kann das schon verstehen. Was ich nicht verstehe ist, was die ‘heilige Einfalt’ sein soll?

    Antworten
  3. sorry, die Autokorrektur hat mir einen Streich gespielt (DIE Ausrede für Legastheniker).

    Rollins hat mir nichts dir nichts die hermeneutischen Methoden des slowenischen dialektischen Materialisten Slavoj Žižek adaptiert, um selbst aus Jesus am Kreuz einen zweifelnden Thomas zu machen (der auch nach seiner – nicht belegten – Auferstehung noch von seiner Gottverlassenheit traumatisiert bleibt): Der a-theistische Gott!

    Darin geht er selbst für einen post-modernen Dekonstruktionisten sehr weit.

    Doch, wie ein emergenter Blogger kürzlich schrieb: “Alles ist erlaubt, was gefällt”, und ich ergänze: ” – solange die Ohren jücken und es nicht langweilt.” 😉

    Antworten
  4. Bei der “heiligen Einfalt” bin ich einfach vom Begriff (sancta simplicitas) ausgegangen, der ursprünglich ohne Ironie verwendet wurde.

    Und es passiert auch mir oft genug, dass mir auf kritische Fragen entgegengehalten wird, man solle “das Reich Gottes annehmen wie ein Kind” (ich habe als Kind schon kritisch gefragt), oder, der Wille Gottes übersteige all unsere Vernunft (stimmt ja, aber er fällt nicht dahinter zurück). Ich halte das in beiden Fällen für ein Missverständnis in dem Sinne, dass man sich selbst in Glaubensdingen einfältiger stellen sollte, als man ist.

    Antworten
  5. Thomas, es gehört zu den A-prioris reifer Vernunft, nicht seinen Ursprung und seine Grundvoraussetzung zu hinterfragen.

    Deshalb schreibt Paulus in 2Kor. 10,5:

    „Wir zerstören damit (d. h. mit den „Waffen unserer Ritterschaft“, zu denen laut Eph. 13,17 als integraler Bestandteil das „Schwert des Geistes“, das Wort Gottes gehört) die Anschläge und alle Höhe, die sich erhebt wider die Erkenntnis Gottes, und nehmen gefangen alle Vernunft unter den Gehorsam Christi.“

    Absolut freies, kritisches Denken ist demnach nicht nur unmöglich und absurd, sondern impliziert bereits in der Intention eine Leugnung des biblischen Gottes.

    Antworten
  6. Hans-Christian, das hört sich an, als würdest du Sokrates mit seinem “Ich weiß, dass ich nicht(s)weiß” die Reife der Vernunft nicht zuerkennen können. Das wäre absurd.

    Ich halt es da lieber mit Leuten wie Konrad Lorenz, der mal gesagt hat: “Es gehört zu den Aufwärmübungen eines Wissenschaftlers, jeden Morgen seine Lieblingshypothese über Bord zu werfen.”

    Antworten
  7. Thomas, wir reden vom christlichen Denken! Für Lorenzens Disziplin der vergleichenden Verhaltensforschung gilt, was für alle beobachtenden Wissenschaften gilt: Jede Beobachtung ist eine Korrektur der vorherigen Beobachtung.

    Sokrates hatte ebenfalls Prämissen, die wir als Christen ablehnen. Er wusste nichts von einem persönlichen Gott und daher auch nichts von einer durch und durch persönlichen Schöpfung. Über die abstrakte Idee des Guten kann man absolut nichts “wissen”.

    Grund und Schöpfer unserer Vernunft ist der dreieine Gott. Daher ist er eine unanzweifelbare Präsupposition, ohne die unser Denken absurd wird. Seine Selbstoffenbarung lässt uns an seinem Denken teilhaben. Wir können Wahrheit erkennen und wissen, ohne vollständig und umfassend zu erkennen. Das kann allein Gott.

    Antworten
  8. Hans-Christian, ich habe nicht von spezifisch christlichem Denken geredet, so weit möchte ich mich nicht einschränken.

    Du schreibst: “Grund und Schöpfer unserer Vernunft ist der dreieine Gott. Daher ist er eine unanzweifelbare Präsupposition, ohne die unser Denken absurd wird.” Selbstverständlich ist Gott bezweifelbar, viele Menschen tun das. Du vermischt Glauben und Denken. Du bezeichnest mit Deinem zweiten Satz implizit das Denken eines Sokrates als absurd, oder? So kommen wir nicht zusammen.

    Antworten
  9. Rollins’ Dezentrier- oder Dekonstruktionspraktiken haben irgendwie was Diabolisches. Die bewusst subversive Einführung des Begriffs “vielleicht” in konfessionelle Gemeinden erinnert an die Schlange mit ihrem “sollte Gott …”. Ihm selbst sind die nihilistischen Konsequenzen durchaus bewusst: “This approach questions confessional theology from within, opening it up to acknowledging the operative forces of contingency, history and fluidity.”
    Womit wir es also bei dieser Methode zu tun haben, ist eine Art Vakuumsauger wie in “Yellow Submarine”, der alles einsaugt, am Ende sich selbst.

    Antworten
  10. Sorry, aber das ist doch Quatsch. Hast du das Buch gelesen? Sicher, nicht alle seine Geschichten und Gleichnisse sind gleich gut, aber ich finde viele sehr hilfreich, konstruktiv und nachdenkenswert. Und ich glaube noch! 😉

    Antworten
  11. Toby, das ist leider kein Quatsch, denn Pete Rollins erläutert sein subversives Vorgehen selbst:;
    “What we must do then is … to build mutual respect and trust with others in our traditions, and carefully curate spaces that encourage this questioning; providing practices that allow the power of the “perhaps” to deepen and widen.”
    Es ist eine Technik, eine Methode, angewandt zu einem bestimmten Zweck. Der Zweck ist, konfessionellen Glauben zu hinterfragen und auszuhöhlen, und so zu einer “tieferen, reicheren Erfahrung” zu führen.

    Antworten
  12. Ja, das ist ja auch nicht grundsätzlich schlecht. Gerade du machst es doch ähnlich in dem du zum Beispiel diesen Blog kontinuierlich kritisierst, hinterfragt und den Inhalt in Zweifel ziehst. Wo ist der Unterschied? Wir brauchen konstruktive Kritik und ernst genommene Zweifel um zu einem biblisch gesunden Glauben in Gemeinschaft zu kommen…

    Antworten
  13. Mein Hinterfragen hat genau den gegenteiligen Zweck. Es ist defensiv und stellt sich genau dem entgegen, was Rollins mit zugegeben erfrischender Ehrlichkeit betreibt: der letztendlichen Abschaffung jeglicher Theologie bzw. jeglichen strukturierten Denkens über Gott. Das ist für mich zutiefst unbiblisch und destruktiv.

    Antworten
  14. Toby, ich will versuchen, es mit anderen Worten auszudrücken.
    Was der brillante, sympathische, humorvolle Herr mit dem schweren irischen Dialekt tut, ist folgendes:
    Er attackiert bewusst und zielgerichtet den in konfessionellen Gemeinden noch anzutreffenden Glauben an den Gott, der Himmel und Erde aus dem Nichts erschaffen hat und alles Geschehen gemäß seinem ewigen Ratschluss lenkt, und somit das Bewusstsein von einer durch und durch persönlichen Schöpfung.
    Zu dem Zweck “weckt er ihr Bewusstsein” für “die operativen Kräfte von Kontingenz, Geschichte und Fluidität” – kurz: Zufall.
    Und da er ja Christen erreichen will und sich vermutlich selbst als Christen sieht, geht es nicht ohne Gott. Nur: Es ist nicht der souveräne, alles Geschehen nach seinem Ratschluss lenkende Schöpfergott der Bibel, sondern eine Art rationales Pendant, ohne welches die Welt angesichts aller Irrationalität nicht bestehen könnte.

    Antworten
  15. 😉 wahrscheinlich nicht.

    Aber ich glaube, dass dir ein paar Geschichten gut gefallen sind, einfach weil sie intelligent und gut gemacht sind. Auch wenn du das hier nicht posten würdest! 😉

    Antworten
  16. Ja, das ist doch der fortwährende Abstiegskampf gegen den Atheismus. Dabei macht man so viele Zugeständnisse, dass man am Ende wahrlich keine Alternative und Herausforderung für das nicht-christliche Denken mehr zu bieten hat. Das fing ja schon bei Schleiermacher an mit seinen “Reden über den Glauben an die Gebildeten unter seinen Verächtern”. Dem Atheismus, oder besser: Antitheismus wird viel zu viel zugebilligt. Deswegen finde ich auch diese ganze Debatte über die “berechtigten” Zweifler, die Gott und der Bibel angeblich viel näher sind als manche “Fromme”, völlig daneben. Zweifler sind und bleiben “unsicher in all ihren Wegen”. Da gibt’s nichts schön zu reden. Es ist nichts Tolles, Heldenhaftes oder Kreatives am Zweifel. Es ist einfach nur: Zweifel.

    Antworten
  17. Tja, die sollten dich einladen, dann wäre alles gut. 🙂

    Aber viele Menschen erleben das Leben und den Glauben eben nicht so klar und stark wie du. Auch wenn du auf diese Menschen herabschaust, was übrigens nicht sehr jesusmäßig ist, solltest du sie zumindest respektieren…

    Antworten
  18. Zwecks besseren Verständnisses bündel ich meine beiden letzten Kommentare:

    Deine ad personam Bemerkung trifft daneben 😉

    Es sind zweierlei Dinge, ob jemand zweifelt (was menschlich ist), oder ob dieser Zweifel bewusst induziert, sanktioniert und zu einer Art existentialistischer Qualität und epistemologischer Methode erhoben wird, wie wir es bei Rollins finden.

    Es ist und bleibt “ein köstlich Ding, wenn das Herz fest wird, welches geschieht [nicht durch Zweifel, sondern] durch Gnade”.

    Jesus war kein Zweifler, wie Rollins suggeriert. Sein Ruf der Verlassenheit am Kreuz war nicht Ausdruck menschlicher Zweifel oder Schwäche. Es war schmerzlich empfundene Realität, sowie messianische Erfüllung von AT Prophetie und ist für alle Zeiten das Zeugnis davon, was der Sohn Gottes als unser großer Hohepriester für sein Volk getan hat: zeitweise Trennung vom Vater um der Sünden seines Volkes willen!

    Wie es in Hebräer 2,9 heißt: “Den aber, der eine kleine Zeit niedriger gewesen ist als die Engel, Jesum, sehen wir durchs Leiden des Todes gekrönt mit Preis und Ehre, auf dass er von Gottes Gnaden für alle den Tod schmeckte.”

    Wie eingangs von mir bemerkt, verwendet Rollins bewusst die aus dem DiaMat entlehnte Methode, durch permanent induzierte Zweifel, Negationen, Verunsicherungen im Rahmen einer Art fortschreitender Wahrheitsevolution zu neuen, jedoch nie endgültigen Erkenntnissen zu verhelfen. Er nennt es „Lernprozess“, eine Euphemismus, der suggerieren möchte, es gäbe so etwas wie ein Lernziel. Das ist jedoch nicht in Sicht, denn jedes Ergebnis wird erneut angezweifelt, negiert und hinterfragt, da Zweifel nach dieser Hermeneutik göttlich ist.

    Antworten
  19. Ja, da kommen wir in manchem tatsächlich zusammen. Ich glaube, dass ich die Dinge anders angehe. Ich teile zumindest die Spitze deiner Kritik an Rollins eine ‘Methodologie des Zweifel’ aufzubauen. Aber ich glaube, dass du seine Motive falsch einschließt, er will Menschen damit helfen und tut es auch. Ich kenne einige Christen die sagen, dass ihnen Rollins geholfen hat ‘am Glauben zu bleiben’ und ich selbst finde manche Geschichten sehr erfrischend und erbauend. Aber die hast du ja leider nicht gelesen. 🙂

    Antworten
  20. Stimmt, das ist immer blöd, wenn man über ein konkretes Buch redet, das der andere nicht gelesen hat. Ich würde gern mal reinschnuppern. Gibt’s irgendwo Leseproben?

    Antworten
  21. Gern, was kann ich dir schicken?

    Unabhängig davon hat die Vermittlung defizitärer Vorstellungen von Gott und der Erlösung, mit dem Ziel, “Menschen ihren Glauben zu erhalten”, hauptsächlich zur Folge, dass es immer mehr Menschen mit defizitärem Glauben gibt.
    Dass “der Zweck die Mittel heiligt”, war ein Motto der Jesuiten.

    Ziel aller Bemühungen sollte nicht sein, möglichst vielen Menschen “in ihrem Glauben zu helfen”, sondern Gott unter den Menschen zu verherrlichen.

    Antworten
  22. Ich komme noch einmal auf den von Rollins geäußerten Gedanken zurück, Jesus hätte am Kreuz Zweifel geäußert und sei auch fortan “traumatisiert” gewesen.

    “Denn worin er gelitten hat und versucht ist, kann er denen helfen, die versucht werden” (Hebr. 2,18)

    Dieses Thema des Christus, der versucht wird, ist deshalb so wichtig, weil irrtümliche Konzepte davon zwangsläufig eine äußerst entehrende Konzeption seiner makellosen Person zur Folge haben. Dass die Versuchungen, denen Christus unterworfen war, real waren, ist aus den Worten ersichtlich, dass er darunter “gelitten hat”; doch dass sie für ihn zu einem innerlichen Konflikt geführt hätte, oder dass es auch nur im Entferntesten die Möglichkeit gegeben hätte, dass er den Versuchungen erlag, muss entschieden verneint werden. Dass er Mensch wurde, mit menschlichem Geist, Seele und Leib, glaube ich 100%ig; doch dass auch nur die geringste Neigung in ihm war, sich bösen Inklinationen, oder Zweifeln zu beugen, ist allein schon als Gedanke destruktiv und verwerflich. Seine Menschlichkeit war nicht nur sündlos, sondern “heilig” (Lk. 1,35), und seine inhärente Heiligkeit wies die Sünde ab, wie Wasser das Feuer.

    Antworten

Leave a comment