„Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt. Ein kleiner Erlebnisgang durch die Frankfurter Buchmesse.“

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Nach diesem Zitat von Jorge Luis Borges war ich heute dem Paradies sehr nahe – auf der größten Buchmesse der Welt. So bin ich den ganzen Tag zwischen Büchern und Menschenmassen gewandelt und habe mich mitnehmen lassen in eine fast andere Welt. Neben tausenden Neuerscheinungen waren auch viele Autorinnen und Autoren da, haben ihre neuen Werke vorgestellt, über ihre Motive und Motivationen gesprochen und so für sich und ihr Werk geworben. Der wunderbare Kinderbuchautor Andreas Steinhöfel hat sich über die Angst der Eltern ausgelassen, die ihre Kinder unmündig machen und so sehr verunsichern, dass die Kinder, sobald sie das Haus verlassen, am besten immer einen Helm tragen sollten. Aber, so Steinhöfel, ein Helm könne die Kinder nicht vor den Unsicherheiten der gesellschaftlichen Verschiebungen schützen. Recht hat er, also Helm runter. Immer Recht hat der kluge und etwas selbstverliebte Roger Willemsen, der sich gut gelaunt und scherzend unter die Menge mischte. Wahrscheinlich können seine dabei gemachten, streng soziologischen Beobachtungen, dann im nächsten Zeitmagazin nachgelesen werden. Der Franzose Thomas Piketty hat über sein so außergewöhnliches wie umstrittenes Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ gesprochen und seine kapitalismuskritischen Thesen verteidigt. Dabei hat er mir soviel Lust gemacht, sein Buch zu lesen, dass ich es mir gleich bestellt habe. Und zwischendrin wurde es hektisch, vor allem bei den Verlagen, die etwas mit den neuen Friedensnobelpreisträgern (Friedensnobelpreis ging zurecht heute an die zwei Kinderrechtsaktivisten Malala Yousafzai aus Pakistan und Kailash Satyarthi aus Indien) zu tun hatten. Aktuell will man sein. So aktuell wie die vielen jungen, gut aussehenden und eloquent argumentierenden Aboverkaufsfrauen und -männer, die gefühlt an jeder Ecke standen und die paradiesischen Zustände der Besucherinnen und Besucher ausnutzen wollten. Klar, wir wollen alle ein bisschen intellektuell sein und da helfen Zeit, Süddeutsche oder Welt im Alltag gerne nach. Ach ja, zwischendurch durften auch meine beiden Kollegen und ich aus unserem Buch „Warum ich nicht mehr glaube“ lesen und uns dem interessierten und wohlwollenden Publikum stellen. Im Forum der Bildung – wenn das keine Motivation ist.

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