Nun ist es also vorbei, das größte evangelische Jugendfestival und 13.600 junge Menschen haben daran teilgenommen. Fünf Tage wurde gefeiert, getanzt, gebetet, gesungen und Bibel gelesen. Keine Frage, es war ein riesiges Fest und die Stimmung war großartig und ansteckend. Die Stadt Karlsruhe, die Evangelische Landeskirche Baden und die Ev. Allianz waren hervorragende Gastgeber. Eine Frage, die sich nun stellt: Was bleibt? Hat dieses Christival die Kraft, neue Impulse für die Jugendarbeit in Deutschland zu geben? Welche Generation Jugendlicher war hier anzutreffen? Ein Tag nach dem Christival, ein erster Versuch Antworten zu finden.
Was die Alten nicht können, machen die Jungen vor: Gemeinsam für Jesus.
Waren die letzten Monate vor allem in der Deutschen Evangelischen Allianz von Streit, Missgunst und Machtkämpfen geprägt, wurde auf dem Christival ein deutliches Gegenbild gezeichnet. Gemeinsam für Jesus. Was in der Jugendforschung schon seit langem gesagt wird, wurde hier sehr deutlich: Die konfessionellen und denominationellen Grenzen sind für die neue Generation kaum noch ein Thema. Vernetzen ist das Stichwort der Stunde und so war es nicht verwunderlich, dass beim BarCamp die meisten Jugendlichen die Chance nutzten, um sich in ihrem PLZ Bereich mit anderen Jugendlichen zu treffen, Adressen auszutauschen, Facebookgruppen zu gründen und Termine für gemeinsame Begegnungsräume zu planen. So wie Uwe, der folgendes auf dem Feedbackzettel schrieb: „Geile Idee! Sollte es auf jedem Kongress geben. Wir haben uns jetzt per Facebook vernetzt und wollen bei uns in der Stadt gemeinsam einen Jugendgottesdienst starten.“ So sind Dutzende neuer kleiner Jugendallianzen quer durch Deutschland entstanden und das Feedback war auch deutlich: Wir wollen gemeinsam etwas bewegen. Glaubensunterschiede wurden diskutiert, aber das was, die „Alten“ momentan nicht hinbekommen, wurde ganz selbstverständlich umgesetzt: Trotz Unterschiede gemeinsam für Jesus leben. Das macht Mut und Hoffnung, auch wenn die nächsten Monate entscheiden, was aus diesen Hunderten kleiner Gruppen tatsächlich wird.
Die Helene Fischerisierung der deutschen Worshipmusik
Auch auf diesem Christival spielte Musik natürlich eine emotionalisierende und wichtige Rolle. Dutzende unterschiedlicher Bands heizten den Jugendlichen ordentlich ein. Auffallend war dabei die Rückkehr zu mehr deutschen Texten und ein deutlicher Hang zum Schlager. Dies wurde vor allem beim Christivalsong „Versöhnung“ der Band „Liveworship“ stellvertretend deutlich, der verdächtig nach „Atemlos“ klang. Diese Helene Fischerisierung der deutschen Worshipmusik mag zwar eingängig und massenkompatibel sein, war für mich persönlich aber nur schwer erträglich, was mich zum nächsten Punkt bringt.
Wo war das Prophetische?
Was bleibt für die Jugendarbeit? Zuerst das Gefühl, wir sind nicht alleine mit unserer Jugendgruppe. Mit teilweise bis zu 15.000 Menschen Gott feiern, gemeinsam singen, essen und das Abendmahl feiern, ist eine nicht zu unterschätzende und mutmachende Erfahrung. Dazu kommt, dass die Jugendlichen neue Formate der Jugendarbeit kennengelernt haben, wie „WortWechsel“ oder das „BarCamp“. -Dies waren Beispiele, wie interaktive und partizipatorische Formate Jugendarbeit verändern können, in dem sie den Jugendlichen selbst mehr Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten gegeben haben. Davon hätte ich mir mehr gewünscht. Ein deutlicher Trend war das „raus gehen“ und Christsein im Alltag leben. Über 50 Seminare zu den Themenbereichen: Interkulturalität, Schule und Beruf, Evangelisation und Mission, Politik und Gesellschaft machten deutlich, dass viele Jugendliche ihren Glauben ganzheitlich leben wollen. Die Hauptveranstaltungen haben auch dazu ermutigt, wobei dort der Tenor eher auf der glaubensstärkenden Seite zu finden war. Es war oftmals sehr individualistisch: „Du und dein Gott“, „Du bist geliebt und angenommen“ etc. Natürlich wichtig und richtig, aber in den nächsten Jahren werden wir das „wir“ vermehrt brauchen und es werden neue Formate von Jugendarbeit gebraucht, die auf die gesellschaftlichen Veränderungen reagieren können. Ansätze davon hat das Christival geliefert und wer die Jugendlichen beobachtet hat, merkte deutliche Veränderungen. Da dies aber schwer zu fassen ist, wollten wir es genauer wissen.
Wir wollen es deutlicher wissen: Wie lebt die neue Generation ihren Glauben?
Auf dem Christival wurden Daten für eine groß angelegte Jugendstudie erhoben. 1200 Jugendliche füllten einen 60 Fragen umfassenden Onlinefragebogen via Tablet aus, 30 Jugendliche wurden zusätzlich interviewt. Dabei ging es neben der Frage, was Jugendlichen glauben, vor allem um die Frage, wie Jugendliche ihren Glauben im Alltag leben. Wie verstehen sie die Bibel? Was bedeutet Gemeinde für sie? Wie gehen sie mit sexualethischen Fragen um? Was bedeutet ihnen Mitarbeit? Etc.
Die Umfrage wird zum einen bei zwei weiteren Jugendfestivals (als Kontrastgruppen) durchgeführt und zum anderen sie ist jetzt online beantwortbar. Also herzliche Einladung den Link zu streuen oder, wenn du zwischen 14 und 29 Jahre bist, sie selbst auszufüllen. Du wirst ca. 30min dafür brauchen: http://jugendstudie.net.
Kleiner Pressespiegel:
Bilder: Christival 2016
Die Sache mit der Musik (ich habe reingehört und (fast) durchgehalten) ist tatsächlich schwer erträglich 😉
Danke für die Beobachtung die ich durchweg teile!
Ich war auch dort mit meinen Jugendlichen und der Christival Song wahr für uns genau das, Helene Fischer für Christen, unerträglich 🙂