„Werden christliche Singles in Gemeinden benachteiligt? Über die Ambivalenz christlicher Singles im Kontext von Gemeinde.“

Uncategorized

 

„In vielen christlichen Kreisen und Gemeinde kommt man sich schon manchmal wie ein Außerirdischer vor, wenn man mit 35 immer noch ohne Ehering und Kinderwagen die Gemeinde betritt.“

„Ich bin ein alleinerziehender Vater von zwei Kindern. So ein Fall wurde wohl nicht berücksichtigt. Der schwerste Schritt in meinem Leben war das Beantragen der Scheidung. Dort wurde ich von allen allein gelassen. Die Kirche hat das auch wenig interessiert.“

„Manchmal fühle ich mich in der Gemeinde nicht ernstgenommen und höre Pauschalantworten. Für Singles gibt’s zu wenig Aufmerksamkeit in den Gemeinden.“

 

Die Zahl an Singles in Deutschland steigt kontinuierlich an – trotzdem spielen Singles in vielen Gemeinden eine untergeordnete Rolle. Wir als Forschungsinstitut empirica haben die letzten Jahre deutschlandweit über 3200 christliche Singles befragt, unter anderem nach ihrer Gemeindezugehörigkeit. Fast Zweidrittel der befragten christlichen Singles geht gerne in eine Gemeinde und fühlt sich dort auch grundsätzlich wohl. Oftmals finden Singles ganz praktische Hilfe und Anschluss in Gemeinden, wie Unterstützung falls sie/er Hilfe benötigt. So positiv die Werte der Gemeindebindung sind, so negativ empfinden viele Singles zugleich das Gemeindeleben spezifisch als Singles, d.h. sie fühlen sich in der Gemeinde als Single stigmatisiert und nicht verstanden. Dies hat unterschiedliche Aspekte. Zum einen erleben nur 30 Prozent, dass es in ihrer Gemeinde völlig normal ist, ohne Partner*in zu sein. 41 Prozent haben das Gefühl, dass ihre Bedürfnisse in ihrer Gemeinde vernachlässigt werden. Dazu kommt, dass knapp ein Drittel der befragten Singles (30 Prozent) davon ausgeht, dass sie als Singles in ihrer Gemeinde weniger Wertschätzung als Familien und Paare bekommen. Fast jede*r Dritte (30 Prozent) fühlt sich von der eigenen Gemeinde stigmatisiert. Zudem konnten wir einen Zusammenhang feststellen: Je stigmatisierender die Gemeinde gegenüber Singles ist, desto stärker ist der Wunsch der Singles nach Inklusion in der Gemeinde. Diese Stigmatisierungserfahrungen sind für Singles nicht ungewöhnlich, wie andere Studien festgestellt haben, und kommen leider auch in Gemeinden vor. Singles erleben immer wieder Ausgrenzungen, da ihre Lebensweise als eine Abweichung von der Norm angesehen wird. Dies führt dann zu einer sozialen Stigmatisierung und ist besonders bei Singlefrauen zu beobachten. Die Folgen können unter anderem Selbstwertprobleme und Selbstzweifel sein („Was ist falsch mit mir?“, „Warum bin ich nicht wie alle anderen?“). Es gibt also eine Art „Teufelskreis“, in dem sich christliche Singles hier befinden, denn je stärker die Stigmatisierung, desto schlechter die Gemeindebindung und ihre Lebenszufriedenheit. Die größte Stigmatisierung erleben Singles im mittleren Alter (30 bis 50 Jahre), dies hat wahrscheinlich damit zu tun, dass in diesem Alter viele Altersgefährtinnen und -gefährten eine eigene Familie gründen oder bereits haben. Dabei lässt sich insgesamt feststellen, dass Frauen in Gemeinden besser eingebunden sind als Männer.

Viola beschreibt, warum sie sich stigmatisiert fühlt: „Ich fühl mich ganz oft in Kirche und Gemeinde ausgegrenzt. Als Single, als Frau, als Nichtverheiratete, als Nichtmutter.“ Auch Anna thematisiert dies: „Dieses Thema, dass wir Singles zu wenig wahrgenommen werden in Gemeinden, in der Kirche. Das ist etwas, was mir sehr wichtig ist. Und ich find’s ganz wichtig, dass es in der Kirche wahrgenommen wird, dass Singles nicht nur diejenigen sind, die viel Zeit haben und die vielleicht auch besonders hilfsbereit sind.“ Von einer Singlefreundin erzählt sie: „In einer Freikirche, und ich möchte über ihre Gemeinde nicht schlecht reden, aber als sie krank im Bett lag, kam keiner und hat sie besucht. Aber als sie wieder halbwegs gesund war, wurde es ganz selbstverständlich wieder erwartet, dass sie ihre Ehrenämter macht. Und so was find ich ganz, ganz schlimm.“

Je stigmatisierter sich Singles in der Gemeinde fühlen, desto geringer ist die allgemeine Lebenszufriedenheit, was sich auch im Selbstwertgefühl und der Unzufriedenheit mit der eigenen Partnerlosigkeit zeigt.

Gemeinden werden dann als positiv wahrgenommen, wenn die Singles sich dort gesehen und wertgeschätzt fühlen. Negativ werden dagegen Gemeinden empfunden, die primär familienorientiert sind und in denen Singles sich tendenziell ausgeschlossen oder als Menschen zweiter Klasse fühlen.

Besteht aus Auszügen aus dem Buch „Christliche Singles. Wie sie glauben, leben und lieben“ von Künkler, Faix &Weddigen , das am 7. März 2020 beim SCM Verlag erscheint.

 

Zur Studie über christliche Singles

Das Institut empirica der CVJM-Hochschule befragte christliche Singles zu den Themen Alltag, Glaube, Sexualität, Kirche und Partnersuche. Die Ergebnisse geben Einblicke in die Gefühlswelt und den Lebensstil Alleinstehender: Wie gestalten sie ihr Leben, ihre Netzwerke und ihren Glauben? Wie zufrieden sind sie und wie gehen sie mit ihren sexuellen Bedürfnissen um? Diesen und vielen weiteren Fragen ist das Forschungsinstitut empirica nachgegangen und hat über 3200 christliche Singles im deutschsprachigen Raum befragt. Die Ergebnisse geben einen tiefen Einblick in die Gefühlswelt und den Lebensstil Alleinstehender und zeigen, welche Rolle dabei Glaube und Gemeinde spielen.

 

Fachtag am 7. März wo die zentralen Ergebnisse präsentiert werden

Auf dem Fachtag wollen wir zentrale Ergebnisse der Studie aufzeigen und darüber hinaus gemeinsam diskutieren, was dies z. B. für Gemeinden vor Ort konkret bedeutet.

Neben der Präsentation der wichtigsten Ergebnisse der Studie durch die Professoren Künkler und Faix, sowie die Johanna Weddigen, wird es eine Einordnung der Ergebnisse in den Forschungsstand zu Singles in Deutschland durch Dr. Stephan Baas geben und durch Dr. Michael Diener die Frage beantwortet, was die Bedeutung der Ergebnisse für die Gemeinde(-leitung) bedeutet. Außerdem wird Astrid Eichler nach der Bedeutung der Ergebnisse aus expliziter Sicht der christlichen Singlearbeit fragen.

 

Alle Informationen und Anmeldung.

 

 

 

2 Comments

  1. Dorte K

    This is interesting. Ten years ago I did a qualitative sociologisk study on singles in evangelical lutheran congregations, on behalf of these, drawing a very nuanced and constructive picture. The response from others (married men and women) when it reached Christian magasins: whether i felt bitter myself (being single at the time)! I decided never to touch on that topic again while being single nydelig since i did not want to appear bitter (which I wasn’t).

    Antworten

Leave a comment