Waren es zu Beginn der Kontextualisierung die so genannten „Drittweltländer“, die den „Abschied vom Gott der Europäer“ gefordert hatten, so haben sich inzwischen die Europäer weitergehend von ihrem Gott verabschiedet und somit ein neues Kapitel von Kontextualisierung aufgeschlagen. Besonders die Entwicklungen im Zuge der Postmoderne verstärken den Einfluss der kontextuellen Theologie innerhalb der westlichen Kultur, da die traditionellen kirchlichen Dogmen des christlichen Abendlandes immer mehr an Bedeutung verlieren und sich eine neue Säkularisierung breit gemacht hat. Die Auswirkungen des Pluralismus und des Individualismus auf die Missionswissenschaft und deren Praxis sind nicht zu übersehen. Die religiöse De-Institutionalisierung der christlichen Religion beginnt und eine individuelle religiöse Orientierung breitet sich in der westlichen Welt aus. Diese grundlegenden Veränderungen in den letzten Jahrzehnten haben besonders in der Theologie Spuren hinterlassen und eine neue Diskussion hervorgerufen. Europa und insbesondere Deutschland hat sich in den letzten Jahren stark verändert und viel „christliches Abendland“ ist verloren gegangen. Diesem Verlust kann nachgetrauert werden oder aber man nimmt diese neue Situation als Chance, dann muss aber auch die Situation ernst genommen werden, das heißt, die Menschen und ihr Glaube und Unglaube, ihr Hoffungen und Ängste, ihr Zweifel und ihre Subjektivität. Die christliche Theologie muss wieder ganz neu den europäischen Kontext der Postspiritualität ernst nehmen und überlegen was für eine Relevanz die Theologie für die Menschen hat. Dabei geht es nicht um ein Gegeneinander zwischen Forschung und Praxis, zwischen Evangelium und sozialem Handeln, sondern um ein kreatives und fruchtbares miteinander zwischen Forschung und Praxis, zwischen Evangelium und sozialem Handeln. Diese Spannung kann nicht aufgelöst werden, sondern sie steckt in Gott selbst und wird in der Inkarnation Christi sichtbar, der ganz Mensch geworden ist zum Heil der Menschen. Diese Kraft des Evangeliums wird dann sichtbar wenn wir sie leben – mitten unter den Menschen.
2 Comments
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Danke, solche recht schonungslose Analyse die nicht in Trauer endet, sondern nach den Chancen sucht, macht mir Mut!
Danke. Das macht Mut! 🙂