Nach was für einem Bibelverständnis leben und glauben wir? Nach einem objektiv wahren oder nach einem subjektive verstandenen? Konkret: Glauben wir an ein weißes, westlich geprägtes und verstandenes Bibelverständnis? Sieht das Evangelium von Jesus in asiatischen oder afrikanischen Ländern anders aus und wird anders verstanden? Vielleicht eine komische Frage. Aber nur auf den ersten Blick. 1997 veröffentlichte der Südkoreaner Hwa Yung sein Buch „Mangoes or Bananas?“ seine Gedanken zu einer Missionstheologie. Dabei vergleicht er die Missionsbemühungen in Asien durch die westlichen Missionare mit einer Bananentheologie die außen zwar „gelb“ und für die asiatische Kultur verständlich war, aber innen weiß und westlich. Er plädiert in seinem Missionsentwurf für eine kontextuelle Theologie der Asiaten die nicht nur außen gelb ist, sondern auch eine kontextuelle „gelbe“ Theologie vertritt. Dies gilt nicht nur für den asiatischen Kontinent, sondern auch für uns? Wie verändert sich unser Bibelverständnis? Ist Theologie nicht Theologie? Nicht objektive Wahrheit? Lesen wir nicht einfach in der Bibel, verstehen es und erkennen somit die göttliche Wahrheit. Gehen wir mal weg von den verschiedenen Kontinenten und betrachte ich nur mal mein Verständnis von der Bibel und Frage mich dabei was prägt und beeinflusst mich beim Bibellesen, da fallen mir gleich einige Sachen auf:
- Prägung von Eltern, Geschwister, Freunde, Lehrer, etc.
- sozialer Hintergrund
- religiöse Prägung
- die Geistesgeschichte des Landes, die mein Denken prägt, ohne dass ich dies beeinflussen kann(griechisches Denken, Aufklärung etc.)
- Zeitpunkt an dem ich Lebe, also das Jahr 2007
- Ethik, Moralvorstellungen der derzeitigen Kultur
- Politik (Wirtschaft, Verfassung, Religionsfreiheit)
- Sprache: Verständnis von bestimmten Worten
- Bildung, Wissen
- Geschlecht
- Gemeindehintergrund
- pers. Erfahrungen, Erlebnisse, Gottesbegegnungen etc.
- Denken, Weltbild
- Persönlichkeit
Und das sind bestimmt nicht alle Faktoren die mein Bibellesen und mein Bibelverständnis beeinflussen. Ich glaube, dass wir uns manchmal viel zu wenig Gedanken darüber machen und zu schnell zu absoluten Wahrheiten tendieren, die oftmals keine guten Auswirkungen für uns Christen haben. Und wir müssen immer wieder unsere kulturellen Einflüsse reflektieren, wenn wir über das Evangelium reden, damit die Menschen die es hören auch verstehen können. Mich lassen diese Gedanken demütig werden, demütig und abhängig vom Heiligen Geist, der trotz all dieser kulturellen „Widerstände“ zu uns spricht und uns hilft Gott und sein Wort besser zu verstehen.
bei diesem thema find ich zwei Aspekte besonders interessant:
1.) Bibelübersetzung, wie erklärt man einem Indianer im Amazonas Wüste? ist die Wortgenauheit wirklich so wichtig, wenn der andere es dadurch nicht versteht?
2.) wie gehen von einem relativ gleichen “weißen” Denken aus. Meine Erfahrungen sind, dass es keine “deutsche Kultur” unter den Jugendlichen gibt, sie sind geprägt vom Mulit-kulti und der Toleranz. Leider findet so etwas wie gesellschaftsforschung in den Gemeinden sehr selten statt. Da hinken wir oft hinterher, habe ich das Gefühl
@sandra: Das ist ja gerade das spannende, es gibt ganz viele Prägungen und doch gibt es auch eine deutsche Grundstruktur, viele sind deutscher als sie glauben, das merkt man spätestens dann wenn man im Ausland lebt. Es gibt übrigens einige Jugendstudien zu dem Thema…
als ich im Ausland war, habe ich nur gemerkt, wie “undeutsch” ich bin… habe mich da irgendwie wohler gefühlt;-)
Das ist in der Tat ungewöhnlich. Ich habe bspw. ein Jahr mit einer Koreanerin zusammengelebt und da bemerkt wie wichtig es mir ist direkt zu kommunizieren. Für sie wäre unhöflich, ja unmöglich gewesen mir zu sagen was sie möchte oder was sie denkt. Ich fand es äußerst anstrengend immer zu erahnen was sie will. So wurde jede TEambesprechung zu einem kulturellen Ratespiel. Oder ich fand es nervig, dass meine afrikanischen Geschwister zu unseren ausgemachten Terminen 2-3 Stunden zu spät kamen, so hab ich es empfunden, sie meinten sie wären “in time”. Naja, da habe ich bemerkt, dass ich deutscher bin als ich es wahr haben wollte…
Ich finde sehr “witzig”, dass sehr konservative oder gar strenge Christen sich komplett wandeln, gegenüber “zu missionierenden” anderen Kulturen und dort schnell progressiv werden, aber gegenüber Deutschen/in Dtl. konservativ bleiben. Echt krass.
ich glaube du hast da ein wichtiges thema für mission angesprochen.
mit diesen gedanken im hintergrund lässt sich die gesamte missionsgeschichte anders bewerten. von der begegnung jüdischer und griechischer christen bis zur missionierung deutschlands und weiter bis heute.
nicht nur die bibel muss in verschiedene sprachen übersetzt werden, sondern auch der glaube.
und das alles ist glaube ich nicht mal eine besonders neue, rein postmoderne sichtweise, wie ja oft unterstellt wird. ich denke das ist gut biblisch (siehe etwa apg.17, paulus in athen)
@andy: Das gute daran ist, dass wir von der Missionstheologie sehr viel lernen können, da sie der “normalen Theologie” meist einen Schritt voraus ist…
@tino: Ja, wir müssen ja nur das At und NT anschauen, es ist voll von “Kontextualisierungsbeispielen”, anders könnten wir Gott gar nicht verstehen.