In wie weit prägt unsere Biographie unseren Glauben? Wo ist unser Glaube abhängig von der Zeit in der wir leben? Dies waren zwei Leitfragen an unserem Studientag, die wir anhand des Lebens Zinzendorfs durchgearbeitet haben. Sehr spannend die Theologie und Glaubenspraxis durch die Brille der Biographie zu verstehen und vielleicht durch den zeitlichen Abstand, manches besser für heute zu begreifen. Zinzendorf verkörpert das, was viele Christinnen und Christen sich wünschen: visionär, unkonventionell, gemeinschaftlich, enthusiastisch, bewegend eine ganze Generation begeisternd Glauben leben und teilen. Dabei gab es in der Zeit fast genauso viele Kritiker, die ihm Schwärmertum, Einseitigkeit und Bibelverrat vorwarfen. Und wenn man so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Bengel und Zinzendorf gegenüberstellt, dann wird schnell klar, dass diese beiden nicht miteinander konnten, dabei hätten sie sich so gut ergänzt. („Das war der langweiligste Tag meines Leben“ Zinzendorf über Bengels Vortrag über seinen heilsgeschichtlichen Entwurf der Bibel.) Und ich muss mich an die eigene Nase fassen, da sich da bis heute wohl nicht viel geändert hat….
Herausfordernd ist die Frage von Zinzendorf nach Individualität und Sozialität, eine Spannung in der wir gerade als Christen und Gemeinden stehen, wir wünschen oft Gemeinschaft bis in utopische Formen und sind doch gefangen in unserer individualistischen Prägung (ich wünsche mir mehr Gemeinschaft). Eine Spannung, die nur schwer zu ertragen ist. Da merke ich, dass es sich lohnt sich noch Mal mit Zinzendorf zu beschäftigen, es gibt noch einiges zu lernen….
6 Comments
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Bezug nehmend auf die Überschrift “Biographie&Glaube” möchte ich auf das Buch “Glaubensriesen – Seelenzwerge?: Geistliches Wachstum und emotionale Reife” von Peter Scazzero. Vielleicht ist es ja ein Beitrag zu Deinen Gedanken.
http://naruacomdeus.blogspot.com/
passt zwar nicht zum aktuellen post – aber einfach so 🙂
Gruß, Wibke
@edmont: Danke, guter Tipp, habe das Buch und finde es auch richtig gut!
@wiebke: Danke, sehr interessant…:)
Ich finde es für die Nachfolge essentiell wichtig wich seiner eigenen Persönlichkeit gewahr zu sein und wie “man” funktioniert. Nicht umsonst werden ja immer wieder bestimmte Persönlichkeitstypen von unterschiedlichen Frömmigkeitsarten angezogen oder abgestoßen. Es heißt nicht, wenn man eine bestimmte Frömmigkeit für sich gefunden hat, das man damit
auch die volle Wahrheit des Glaubens entdeckt hat. Eher zwanghafte Typen werden natürlich eher von gesetzlichen Glaubenssystemen angezogen. Emotionale Typen, das sage ich völlig wertungsfrei finden sich im charismatischen Stil wieder. Das bringt eine Chance als auch eine Gefahr mit sich. Diese Relativität der “gefunden” Glaubenswahrheit dar nicht aus den Augen verloren werden. Der eigene Glaube hat immer etwas mit der eigenen Geschichte zu tun und drauf weist Scazerro in seinem Buch sehr nachvollziehbar hin. Und das spiegelt sich auch bei Zinzendorf und Bengel wieder und das steckt auch im Bild des Leibes wieder, das Paulus gebraucht.
Amen! 😉