Die letzten Woche war ich auf dem EKD Zukunftskongress in Wuppertal/Dortmund, hörte interessiert zu, traf unterschiedlichste Menschen und gestaltete mit Oberkirchenrat Dr. Roger Mielke und Pastor Jost Stahlschmidt zwei Seminare zur Frage der Anschlussfähigkeit der Kirche in den bestehenden Transformationsprozessen. Der Eröffnungsabend in der beeindruckenden historischen Stadthalle Wuppertals zeigte, dass die mittlere Führungsebene der Kirche Zielgruppe war. Der Ratsvorsitzende Schneider eröffnete feierlich den Abend, Bundespräsident Gauck sprach, ganz Pastor, über den Inhalt des Evangeliums, das niemals mehrheitsfähig und immer unbequem bleiben wird, die Moderatoren führten professionell durch den Abend, die Orgel umrahmte das Programm feierlich und das Ensemble Thios Omilos präsentierte a capella Gesang. Wenn „the medium the message“ ist, ist die Zukunft der Kirche (milieuorientiert gedacht) ziemlich klar umrissen. Zur inhaltliche Einführung ins Thema ‚Information, Transformation, Reformation’ sprach der Soziologe Prof. Dr. Knoblauch und präsentierte die aktuellen gesellschaftlichen Transformationsprozesse („Die Transformation von Religion und Gesellschaft“). Eine sehr gute und kompakte Zusammenfassung der aktuellen Diskurse mit Hinweisen, was dies für die kirchliche Arbeit bedeuten könnte. Eine Steilvorlage für die anschließende Podiumsdiskussion, die diesen Ball aber kaum und wenn, dann eher widerwillig aufnahm. Das verwunderte mich und je länger der Abend dauerte, desto mehr verfielen die Teilnehmenden in eine Art ‚Abstiegsrethorik’ (lag vielleicht daran, dass der HSV zeitgleich spielte), in der das eigene Vorgehen verteidigt und Durchhalteparolen zum Besten gegeben wurde („Ja, die Situation ist nicht einfach, aber Rücken durchdrücken und durch, wir machen doch keine schlechte Arbeit“). Gerade auf das von Knoblauch immer wieder ins Spiel gebrachten Thema „Respiritualisierung der Gesellschaft“ wollte keiner so recht eingehen. Stattdessen wurde auf die eigene Lage hingewiesen und die sähe doch ganz anders aus, wie die aktuelle Mitgliederbefragung der EKD zeige, die Mitglieder sehen sich selbst wieder engagierter, persönlicher und öffentlicher, traditioneller. In den Seminaren und bei den vielen Gesprächen beim Essen und zwischen den Veranstaltungen wurde dagegen kontroverser diskutiert, sowohl was Defizite als auch Chancen angeht. Es ist deutlich zu merken, dass viele sich sowohl ein geistliches Arbeiten mit den Menschen in und außerhalb der Kirche wünschen wie auch notwendige strukturelle Reformprozesse.
Insgesamt viel Gutes, aber es fehlte an mutigen Ideen und Basisorientierung. Nicht alles muss auf ‚500 Jahre’ angelegt sein, vielleicht braucht es mehr Experimente und „Gottesbegegnung in vorläufigen Formen“. Mehr Mut, in den bestehenden Strukturen Freiräume für neue Netzwerke zu schaffen, dass mehr Menschen sich an Kirche beteiligen können. Eine Chance wären vielleicht neue Formate gewesen, auch wenn dies bei Großveranstaltungen schwer umzusetzen ist. Aber wo anders sollen die Teilnehmenden positive Erfahrungen damit machen?
Hi, Tobias,
es ist ja an die “mittlere Führungsebene” gedacht.
Ich versuche seit einiger Zeit, unsere Pastorin der ev. Landeskirche dazu zu bewegen, wieder diese spirituellen neuen Rahmen gemeinsam zu machen. Als die Gemeinde 1 Jahr ohne Haupt war, habe ich Hauskreise gegründet und eine Mission aufgebaut, die sehr groß geworden ist. Jetzt lebe ich in der etwas absurden Situation, daß wir medial ein Millionen Publikum erreichen und unsere Gemeinden sehr stark wachsen, aber es gibt keine Cooperation, weil es diese besagte “mittlere Führungsebene” nicht will. Oft werden dann “Feuer- und Sicherheits-Richtlinien” der Gemeinderäumlichkeiten oder “Platzmangel” vorgeschoben. WÄRE ES MÖGLICH; HIER MAL VOR ORT solch einen Transformationsprozess in Gang zu setzten?- LG – Rev. Bishop Uwe Rosenkranz
Ja, aber für solche Prozesse war der Kongress glaube ich gut. Es muss mehr Begegnungsflächen geben, um gemeinsame Visionen zu entwickeln…
In diesem speziellen Fall hätte ich auch Feuer- und Sicherheitsrichtlinien geltend gemacht.
Erfreulich, dass es in der “mittleren Führungebene” dieser Gemeinde noch evangelische Reflexe gibt.
Ja, es tut sich einiges, hier noch ein interessantes Beispiel: http://blogmatthiasjung.wordpress.com/2014/05/20/gemeinden-zwischen-subversivitat-heimelichkeit-und-systemaufstellungen-anmerkungen-zu-einem-beitrag-von-martin-horstmann/