„Gott gibt uns die Würde der Mitverursachung oder Gott und die Menschenwürde“

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Letzte Woche haben wir im Kontext von Modul 4 im Studienprogramm Gesellschaftstransformation über eine Theologie der Transformation diskutiert. Dabei wurde dieser Satz von Monika Deitenbeck-Goseberg eingebracht: „Gott gibt uns die Würde der Mitverursachung“. Im Hintergrund stand eine Diskussion über die Menschenwürde wie wir sie heute kennen („Die Würde des Menschen ist unantastbar“ (Artikel 1), so steht es in unserem Grundgesetz und so ist es festgehalten in allen großen Gesellschaftsordnungen von der Charta der Vereinten Nationen (1945) bis zur Grundrechtscharta der Europäischen Union (2000)). Die Geschichte der Menschenwürde geht bis in die Antike zurück. Die erste nachweisliche allgemeine Menschenwürde formulierte der Philosoph und Politiker Marcus Tullius Cicero im ersten Jahrhundert vor Christus und betonte dabei zweierlei, zum einen das Wesensmerkmal der Menschenwürde, die jedem Menschen unabhängig seines Standes zukomme und zum zweiten den Gestaltungsauftrag diese auch frei auszuleben und Gestalt werden zu lassen. Dieses Verständnis geht eigentlich noch früher auf die alttestamentliche Beschreibung der Imago Dei zurück, der Ebenbildlichkeit des Menschen gegenüber Gott in der Schöpfung (Gen 1, 26+27). Gott schafft den Menschen nach seinem Bilde und verschafft ihm dadurch, unabhängig von seinem Tun, einen absoluten und universalen Wert und eine Teilhabe an Vernunft und Macht, die der Mensch als Gestaltungsauftrag auf der Erde nutzen soll. Für den Tübinger Theologen Moltmann ist dies die Grundlage und der Kernbegriff seiner Anthropologie und er ergänzt, dass der Mensch nicht nur Repräsentant und Abglanz von Gottes Herrlichkeit ist, sondern damit auch eine Erscheinungsweise Gottes selbst, so schreibt er: „Nicht ein Fürst, sondern der Mensch, Mann und Frau gleichermaßen, alle Menschen und jeder Mensch ist Bild, Stellvertreter, Beauftragter und Abglanz Gottes“ (Moltmann 1985:224). Dabei ist klar, dass die Geschichte des Menschen mit Gen 1 nicht aufhört, sondern durch den Sündenfall (Gen 3) der Mensch verdunkelt, gestört und entfremdet wurde von sich selbst, Gott und der ganzen Schöpfung. Trotzdem nennt der Psalmschreiber David den Menschen „mit Herrlichkeit gekrönt“ und „ein wenig niedriger gemacht als Gott selbst“ (Psalm 8). Es gibt also nach dem Sündenfall eine Kontinuität der Ebenbildlichkeit Gottes in der ungebrochenen Würde und im Gestaltungsauftrag und eine Diskontinuität in der Gebrochenheit der Beziehungsebenen. Der Theologe Paul Tillich unterscheidet hilfreich zwischen dem Bereich der Schöpfung (Essenz) und dem Bereich des Falls (Existenz). „Sofern die Existenz des Menschen den Charakter des Selbstwiderspruchs oder der Entfremdung hat, wird eine doppelte Betrachtungsweise verlangt“ (Tillich 1956:81). Nirgends in der Bibel wird die Ebenbildlichkeit Gottes im Menschen aufgelöst, im Gegenteil, die Geschichte Gottes mit dem Menschen ist eine Geschichte der Wiederherstellung (der Existenz) der unterschiedlichen Beziehungsebenen des Menschen, die in Kreuz und Auferstehung Christi. Die ‚imago Christi“ (aus Gnade) und spiegelt sich in der eschatologischen Hoffnung in uns Menschen wider. Bis dahin leben wir in einer Spannung zwischen Ebenbildlichkeit und Fall. Dabei steht außer Frage, dass dies für jeden Menschen gilt, unabhängig seines Tun, seines sozialen Status, seiner nationalen oder sexuellen Identität. Die Würde des Menschen ist unantastbar…

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