“Warum Gott das Leben liebt und wir es auch tun sollten.”

Kultur & Glaube

 

Mensch.Sein.Feiern.

Essen, genießen, sich Gutes wünschen.

Begehren, existieren, sich hingeben.

Weinen, ärgern, sich verlieren.

Gott hat den Menschen geschaffen, mit all seinen Emotionen, seinen Wünschen und Begierden. In der hebräischen Bibel steht, dass der Mensch eine Seele (nefesch) ist, eine Einheit aus Geist und Körper. Gott hat ihn als Ebenbild seiner selbst kreiert und hat ihm seinen Atem eingehaucht (Genesis 1,27 und Genesis 2,7). Und so wurde der Mensch ein lebendiges Wesen, ein Gegenüber Gottes, ein Teil von Gott, ein Verwalter und Gestalter dieser Erde. Und Gott sah, dass es sehr gut war. Und er feierte das Leben, dass er geschaffen hatte. Und der Mensch feierte mit und freute sich und gab all dem, was Gott geschaffen hat, einen Namen. Und der Mensch fand das alles perfekt und nannte es Paradies.

Und heute? Heute ist das lange her und in einer globalisierten, rationalen und perfekt organisierten Welt vergessen wir diese Ursprungsgedanken des Menschseins manchmal. Wir vergessen zu leben. Wir arbeiten stumpf und funktionieren, aber wir vergessen zu feiern, zu begehren und zu wünschen. Aber genau dafür sind wir geschaffen, um uns an uns und anderen zu freuen. Unsere Sinne einzusetzen, sich aneinander zu beglücken, uns Namen zu geben. Aber was machen stattdessen? Wir versuchen selbst perfekt zu sein, es uns selbst und anderen Recht zu machen. Perfektion statt Beziehungen. Wiederholung statt Kreativität. Alltag statt Neugier und Unterbrechung des Gewohnten. Aber in einer Welt, die aus den Fugen geraten ist, fällt das schwer, ja, ist vielleicht unmöglich. Sünde nennt die Bibel die Entfremdung des Menschen zu seinen Beziehungsebenen. Und die Folge? Wir leben auf den Kos- ten anderer, treten die Würde unserer Mitmenschen mit Füßen, nur um ein paar Euro beim Kleidungs- oder Lebensmittelkauf zu sparen. Lassen die Unterdrückten für uns arbeiten und nennen das lakonisch „Folgen der Globalisierung“. Dazu flößt uns die Konsumgesellschaft das schleichende Gift der Unzufriedenheit ein, das uns sagt: „Wir haben immer noch nicht genug.“ Und so stehen wir in einem Kreislauf der ständigen Frustration, der das Leben nicht feiert, sondern zerstört, unseres und das der anderen. Und wie im Paradies schämen wir uns dafür, wollen nicht darüber reden, verstecken uns hinter unseren Konsumgütern und hoffen, dass da niemand kommt und unseren Namen ruft. Wir singen fromme Lieder und hören Predigten so oft und so laut, dass wir die Stimmen der leidenden Menschen nicht mehr hören, die wir mit Füßen treten. Wir spüren, dass das nicht zu dem Leben gehört, das wir feiern sollen, das lebendig macht und Gott widerspiegeln soll. Und wir schauen betroffen zu Boden und hoffen auf den Himmel, in dem dann alles besser wird und halten jetzt noch etwas durch und singen noch etwas lauter unsere frommen Lieder und hören noch mehr Predigten, die uns sagen, was wir eigentlich schon längst wissen. Und wenn wir ehrlich sind, spüren wir um den Riss, die Sünde der Entfremdung, die uns am Leben hindert.

Und wir wissen auch um die Hoffnung. Die Hoffnung, die Jesus heißt und mit dem Wunder Auferstehung das vollbracht hat, was keiner für möglich hielt. Jesus, der sich selbst erniedrigte, ausgebeutet und missbraucht wurde. Der sich in seinem Leiden solidarisiert hat mit den Ausgebeuteten und Vergessenen. In seiner Auferstehungskraft liegt die Hoffnung dieser Welt. Die Hoffnung auf die Wiederentdeckung und die Wiederherstellung des Lebens. Als Christinnen und Christen feiern wir diese Auferstehung. Dieses Wunder, dass wir wieder lebendig werden dürfen. In aller Gefallenheit dieser Welt weht uns die Auferstehungskraft um die Nase und wie der erste Atem Gottes dürfen wir sie einatmen. Dieser Atem Gottes macht uns lebendig. Lässt uns feiern und wünschen und begehren. Und es beginnt etwas Neues mitten in dem Alten. Die Bibel nennt das Reich Gottes. Mitten in dieser Welt verändert sich etwas in uns, um uns und mit uns. Menschen und Strukturen erkennen die wahre Würde des Menschen und fangen an sich und den Nächsten zu würdigen. Einander zu respektieren. Nicht nur auf die eigene Würde zu achten, sondern den ganzen „Leib“ zu sehen und mitzuleiden und Acht zu geben auf diejenigen, die wir in unserem Alltag verdrängen.

Jesus nennt das die „neue Gerechtigkeit“, die uns als Christinnen und Christen unterscheidbar macht mitten in dieser Welt. Denn das Reich Gottes zeigt ganz praktischen Umgang mit unserem Nächsten. Darin wird die Würde des Menschen sichtbar und die Welt auf den Kopf gestellt. Die Auferstehungskraft ist dabei das Benzin im Motor der Nachfolgerinnen und Nachfolger. Nicht perfekt, sondern in Beziehungen, kreativ und voller Neugier auf das, was Gott geschaffen hat. So sieht Anbetung Gottes aus und das Leben gewinnt. Niemand sagt, dass das einfach sei, aber muss es deshalb unmöglich sein? Nur im Miteinander wird die Würde des Menschen gewahrt und der gemeinsame Auftrag die Erde zu verwalten und gestalten umgesetzt. So können wir das Leben gemeinsam feiern und sollten umgehend damit anfangen. Freuen wir uns an dem, was Gott geschaffen hat und sind neugierig auf die Menschen, die wir noch nicht kennen. Am Anderen, der uns vielleicht heute mit dem ergänzt, was uns selbst gerade fehlt.

Gestern hat die Michawoche angefangen, eine Woche in der besonders Christinnen und Christen über Gerechtigkeit und Frieden nachdenken. Dieser Text stammt aus dem Impulsheft „VERLIEBT WIE AM 7. TAG. IMPULSE UND ANDACHTEN ZUM „WEG DER WÜRDE“, der viele gute Impulse für diese Woche und darüber hinaus gibt!

 

 

 

 

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