“Väter und Mütter im Glauben – das Generationenpotenzial nutzen lernen”

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Während EU und Bundesregierung die Generationenzusammenführung durch Millionensubventionen für Mehrgenerationenhäusern und Familienzentren strategisch fördern möchte, merken viele Kirchen und Gemeinden gar nicht, dass sie dies in ihrer Gemeinde gratis haben. Das Problem: In vielen Gemeinden leben Ältere und Jüngere nebeneinander her, ja betonen manchmal noch die Unterschiedlichkeiten und jammern über das jeweilige Liedgut des Anderen. Und vor lauter Selbstzentriertheit wird der Auftrag Gottes übersehen, dass alle Generationen in Christus zusammenhalten sollen und in ihm eine gemeinsame Glaubensbasis haben (Eph 4,1-6; Kol 3,11-17). Mir ist klar, dass dies nicht so einfach ist, aber wir brauchen eine Versöhnung der Generationen, wie sie uns in der Bibel beschrieben wird (Maleachi 3,24, Lukas 1,17), so dass wir als Christen uns gegenseitig im Glauben stärken können. Dabei sind die Väter und Mütter des Glaubens gefragt aufzustehen und ihrer Verantwortung gerecht zu werden und auf die jüngere Generation zuzugehen. Diese wartet schon, wenn man den Umfragen glauben darf, so haben bei einer deutschlandweiten Umfrage christliche junge Erwachsene auf die Frage: „Welches Angebot würdest du am liebsten wahrnehmen für dein geistliches Wachstum?“ folgendes geantwortet: 1. Mentoring: 42,4%; 2. Zweierschaft: 26,2%; 3. PartnerIn: 24,5%; 4. Kreative Gruppen: 18,2%; 5. Beziehungen zur älteren Generation: 15,2; 6. Hauskreis:15,0% und 7. Konferenzen: 10,1% (Quelle dranStudie 19plus 2010). Diese Zahlen zeigen deutlich die Sehnsucht der jungen Generation nach geistlichen Vätern und Müttern. Aber jetzt auch mir klar, dass dies in der Praxis nicht auf Knopfdruck geht, denn die unterschiedlichen Frömmigkeitsstile und gesellschaftlichen Prägungen bleiben natürlich bestehen, wenn die ‚Generation Facebook’ auf die ‚Generation Echtbuch’ trifft. Eine hilfreiche Methode mit der ich persönlich seit vielen Jahren erfolgreich arbeite ist Mentoring. Ein altes Prinzip, das sich durch die ganze Bibel zieht. So finden wir in der Bibel eine Fülle von Beispielen, in denen Männer und Frauen Gottes junge Menschen, die Gott für seinen Dienst gebrauchen wollte, in Mentorenbeziehungen stellte. Dort sollten sie sowohl im geistlichen als auch im persönlichen Bereich wachsen und für ihren späteren Dienst vorbereitet werden.

Paulus der geistliche Vater für Timotheus

Das fängt im Alten Testament an (Mose und Josua oder Elia und Elisa) und geht im Neuen Testament bei Jesus und seinen Jüngern weiter und wird dann bei Paulus und seinen Mentees professionalisiert (Timotheus, Titus, Johannes Markus etc.). Paulus suchte sich zum Beispiel den jungen Timotheus aus und ließ ihn mit sich auf die zweite Missionsreise ziehen. Über das fast väterliche Verhältnis zwischen Paulus und Timotheus geben die zwei Timotheusbriefe ausreichend Auskunft. In ihnen werden viele Punkte für ein gutes Mentoring angesprochen, wie: „Du aber bleibe bei dem, was du gelernt hast und was dir anvertraut ist, du weißt ja, von wem du gelernt hast“ (2. Timotheus 3,14). Timotheus hat eine Menge von seinem Mentor Paulus gelernt, arbeitete später selbständig in der Gemeinde in Ephesus, wo er die Arbeit des Paulus fortsetzte und selbst dort für andere zum Mentor wurde (1. Timotheus 4,11-16) weiter. Und dies ist nur ein Beispiel von vielen, was uns das Prinzip von Mentoring als generationsübergreifendes Modell beschreibt.

Geistliches Wachstum durch Nachahmung

Gelebter Glaube spricht lauter als all unser Wissen. Nachahmung ist dabei ein einfaches, fast unsichtbares Prinzip, das bei der Kindererziehung als selbstverständlich angesehen wird, aber im geistlichen Leben viel zu wenig Beachtung findet. Es findet natürlich (im wahrsten Sinne des Wortes) statt, aber oftmals unreflektiert und auch ungewollt. So geschieht es auch im Glauben. In einer Mentoringbeziehung mit einem jungen Mann, der frisch zum Glauben fand, ist mir das sehr deutlich geworden. Wir trafen uns regelmäßig einmal die Woche und haben das Johannesevangelium gelesen, darüber geredet, Dinge gemeinsam umgesetzt und gebetet. Nach ein paar Wochen sprach er mich etwas unsicher an und fragte mich, warum wir vor dem Gebet die Brille runternehmen und uns mit der Hand übers Gesicht fahren. Er mache dies gerne, das stehe außer Frage, aber er wollte einfach mal nach dem Hintergrund dieser Tradition fragen. Ich blickte ihn voller Erstaunen und Verwunderung an und brauchte ein paar Minuten um zu begreifen, dass er sich mein unbewusstes „Gebetsritual“ abgeschaut und einfach übernommen hatte. Nachahmung ist ein kraftvolles Prinzip, welches reflektiert und in einem guten Rahmen Glauben fördern kann. In diesem Schutzraum Mentoring kann sich der eigene Glaube langsam entwickeln, können Fragen gestellt, Zweifel zugegeben und miteinander Wegstrecken zurückgelegt werden. Es geht dabei nicht um eine möglichst hohe Effektivität, sondern um eine natürliche Entwicklung und eine Reife im Glauben. Ja, reifen wie eine Frucht, der man zwar beim Wachsen zusehen, aber scheinbar keine Fortschritte erkennen kann und doch wächst die Frucht und wird jeden Tag reifer. Mentoring ist nichts für den schnellen Erfolg, sondern für eine nachhaltige Veränderung. Für diese Veränderungen sollen die eigenen, vorhandenen Ressourcen neu entdeckt und eingesetzt werden. Gerade bei diesen Reifungsprozessen können erfahrene Christen jüngere gut begleiten.

Mehr zum Thema Mentoring gibt es am 18. April beim 2. Marburger Mentoringkongress des christlichen Mentoringnetzwerkes cMn.

Infos und Anmeldung hier.

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