„Mehr Leben!: Auf dem Supermarktparkplatz fing alles an. Wie Milieumauern überwunden werden können. Ein Bericht aus dem Plattenbau in Gotha und dem Projekt STADTteilLEBEN.”

Kultur & Glaube

Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Gotha-Siebleben hat eine lange Tradition und ein lebendiges kirchliches Leben. Geographisch liegt ihr Einzugsgebiet in zwei ganz unterschiedlichen Milieus, an einem Ende die bürgerliche Mitte, die auch das Gemeindeleben ausmacht und am anderen Ende ein Plattenbaugebiet. Eine Kirchengemeinde und doch eine fast unüberwindbare unsichtbare Milieutrennung. Um diese zu überwinden fasste die Gemeinde den Entschluss, dort vor Ort ein Angebot zu entwickeln. Mit anderen Unterstützern der Gemeinde begannen Diakonin Andrea Haase das neue Viertel sichtbar zu machen, befragten die Menschen und entdeckten das neue Umfeld. Das ist jetzt genau zehn Jahre her und Andrea Haase staunt, was seitdem alles passiert ist.

Mit Gebet fing alles an

„Alles hat damit angefangen, dass wir für das Viertel gebetet und danach gefragt haben, was Gott hier tun möchte.“ Der erste Treffpunkt war dann auf dem Supermarktparkplatz in der „Clara-Zetkin-Straße“. Ganz einfach wurden da Spiele- und Begegnungsnachmittage mit Kaffee, gemeinsames Basteln oder Spielen durchgeführt. Bei den Menschen sein, zuhören, um die Botschaft die man ihnen bringen möchte, neu zu lernen. Das ist nicht spektakulär, aber vielleicht liegt gerade in diesem „leisen“ Vorgehen das Geheimnis. Ganz praktisch Fragen wie das Wohnumfeld verbessert und der nachbarschaftlichen Zusammenhalt gestärkt werden kann. Die Menschen praktisch im Alltag Unterstützung und mit ihnen Angebote sinnvoller Freizeitgestaltung entwickeln. Möglichkeiten der Begegnung schaffen und die gute Nachricht von Jesus Christus ganzheitlich verkündigen.

Mit STADTteilLEBEN ging alles weiter

Und die Arbeit entwickelte sich langsam aber stetig weiter. Neue Angebote wie der „Kids-Club“ im Stadtteilhaus oder ein Fußballtreff namens „FAIRPLAY“ in der Sporthalle einer Grundschule kamen ebenso hinzu, wie der offene Kinder- und Jugendtreff „OpenHouse“ in den Räumen des DRK-Ortsverbandes. Getragen wird die Arbeit inzwischen von einer kleinen Lebensgemeinschaft von jungen Leuten, die vor Ort wohnen. Und so wuchs das Leben im Stadtteil unter der regen Beteiligung der Leute, die dort wohnten. Ist das jetzt schon Kirche? Andrea Haase schaut etwas unsicher und sagt dann bestimmt: „Ja, wir sind ganz Kirche, aber nicht die ganze Kirche, wir sind vollwertige Kirche, aber nicht vollständig. Wir arbeiten sehr eng mit unserer Mutterkirche, der Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Gotha-Siebleben zusammen und sind ein Teil von ihr.“ Und dann erzählt sie von „Mixed Economy“, einem Konzept aus England, wo bewährte Kirchen und neue Start ups (Fresh X) gemeinsam das neue Kirchenbild der Anglikanischen Kirche prägen. Darüber schreibt sie auch ihre Masterarbeit (in Transformationsstudien) und ist ganz begeistert über die neuen Möglichkeiten.

Mut für Experimente: Erprobungsräumen wagen

Strukturell ist STADTteilLEBEN den Erprobungsräumen der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland angegliedert, einer groß abgelegten Initiative für Wieder- und Neubelebung der Kirche. So war es möglich ab 2016 einen hauptamtlichen Mitarbeiter anzustellen, der über den Förderverein der Kirchengemeinde für die Arbeit von STADTteilLEBEN gefördert wird. Aber es kommt nicht in erster Linie auf das Geld an, sagt Andrea Haase, sondern auf die innere Haltung mit denen wir den Menschen begegnen: „Trotz begrenzter Ressourcen wollen wir den Menschen da begegnen, wo sie leben, möchten ihnen Wertschätzung geben und sie stärken.“

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