„Lobpreis als Liturgie der Jugend oder: Der Verlust an Körperlichkeit im Glauben. Ein Blick durch die „Rosa Brille“ auf die Generation Lobpreis.“

Kultur & Glaube

Kaum eine Zeit wird so emotional erlebt wie die Tage von Karfreitag bis Ostersonntag. Tod und Leben. Verlust und Wiedergewinn. Nichts und Alles. Und wie haben wir diese Emotionalität erlebt? Nachempfunden? Gespürt? Zumindest wir als Protestanten haben da oftmals ein Problem, durchdenken die Dinge lieber, verstehen, was da Karfreitag und Ostersonntag geschehen ist, aber spüren, das wäre ja auch etwas viel verlangt. Genau hier befinden wir uns bei einem Kernproblem, nämlich der fehlenden Emotionalität und der der fehlenden Körperlichkeit im Protestantismus. Und genau aus diesem Dilemma sucht die neue fromme Generation an evangelischen Jugendlichen einen Ausweg. Gesellschaftlich hochindividualisiert, emotionalisiert und auf das eigene subjektive Erleben getrimmt, suchen viele nach Wegen, dies auch in ihrem Glauben auszudrücken, von Taize über Lobpreis bis zur Erwartung, dass auch eine Predigt ein emotionales Ereignis ist. Was früher die Liturgie im Gottesdienst darstellte, bleibt heute oftmals eine Leerstelle.

Lobpreis als Resonanzraum

Klar, jede Generation muss für sich wieder neu lernen, den eigenen Glauben auszudrücken, dies ist zumindest die allgemeine religionspädagogische Meinung, der wohl die wenigsten Menschen widersprechen würden. Liturgie hingegen verändert sich nicht, bleibt beständig, auch durch den Wandel der Zeiten. Allein von dieser Ausgangslage her ist es nicht verwunderlich, dass kirchliche Liturgien bei Jugendlichen, die sich gerade in der Phase der Aneignung des eigenen Glaubens befinden, auf wenig Resonanz stoßen. Den Wert von Liturgien erkennen viele erst in der zweiten Lebenshälfte, in der diese als feste Rituale Sicherheit und Halt geben. Bei unserer Studie haben wir bemerkt, dass für viele Jugendliche Lobpreis eine große Bedeutung hat, dabei geht es auchum Musik, um Emotionalität, um Körperlichkeit, um einfache Texte – vor allem abergeht es um eine Art Lebensstil, der in der Lobpreismusik seinen Ausdruck findet. Um dies besser darzustellen, möchten wir zunächst versuchen, die Generation Lobpreis durch die Brille des Soziologen Hartmut Rosa zu sehen, der uns einige Erklärungshilfen geben kann, warum ausgerechnet Lobpreis hochreligiöse Jugendliche anspricht.

Die Generation Lobpreis und die Suche nach Authentizität

Der Soziologe Hartmut Rosa hat mit „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“(2016) ein spannendes und vielbeachtetes Buch geschrieben, in dem es darum geht, wie wir Menschen, in aller Unterschiedlichkeit auf die Veränderungen unserer Welt reagieren und wie unsere Weltbeziehung dabei aussieht. Dies ist ein großes Thema, aus dem wir nur einen Aspekt herausnehmen wollen, der uns für das Verstehen der Generation Lobpreis von Bedeutung erscheint. Rosa geht davon aus, dass der Mensch seit der Aufklärung danach strebt, selbstständig und glücklich zu leben. Der Schlüsselsatz der Moderne zur eigenen Lebensführung, so Rosa, lautet: „Die Frage nach dem Glück und nach dem guten Leben.“ Um das gute Leben zu erreichen, muss jede*r für sich selbst entscheiden und auch verantwortlich sein. Dies klingt in unseren Ohren zunächst vielleicht nicht spektakulär, allerdings beinhaltet es letztlich ein radikales Autonomieversprechen und starke Selbstbestimmung in Hinblick auf Beruf, Partnerschaft, Familie, Wohnort, Glaube, politische Orientierung, Sexualität, Bildung, Kleidung etc. Rosas Beobachtungen durch die letzten Jahrhunderte ist, dass sich diese Entwicklung zur Selbstverantwortung immer stärker beschleunigt und es uns westlich geprägten Menschen immer schwerer fällt „gute“ Entscheidungen für unser Leben zu fällen. Dabei unterliegen wir einer Steigerungslogik, in der (so Rosa) alles immer schneller entschieden werden muss. Nach welchen Kriterien entscheiden wir überhaupt? Sind es ethische Leitlinien? Ist es die Vernunft? Die Erfordernisse des Gemeinwohls? Die Religion? Laut Rosa ist es die Authentizität (die eigene, innere Stimme bzw. das „wahre Selbst“ zu finden, auszudrücken und sich darin treu zu bleiben und nicht verbiegen zu lassen). Sie wird zum Maßstab der Selbstverwirklichung. Rosa folgt in dieser Beurteilung dem großen Sozial- und Religionsphilosophen Charles Taylor, der die „Authentizitätsthese“ in seinem Opus eindrucksvoll begründet hat (zuletzt in seinem Buch „Ein säkulares Zeitalter“). Darüber hinaus gibt es eine wechselseitige Kausalität zwischen der Selbstbestimmung des Subjekts und dessen sozioökonomischer Positionierung. In diesem Kontext kommen nun Beschleunigung und Sehnsucht nach Authentizität zusammen und bestimmen die Beziehung zur Welt, in der wir als Menschen jeweils stehen. Diese Weltbeziehung bezeichnet Rosa als „Resonanzraum“. Was damit gemeint ist, formuliert Rosa fast lapidar: „Wenn Beschleunigung das Problem ist, dann ist Resonanz vielleicht die Lösung“.Er meint damit, dass wir als Menschen Resonanzerfahrungen machen und zwar in all den Erfahrungen und sozialen Zusammenhängen, die vorhin genannt wurden (Beruf, Partnerschaft, Familie, Wohnort, Glaube, politische Orientierung, Sexualität, Bildung, Kleidung etc.). Rosa fasst seinen Resonanzbegriff in einem Interview gut zusammen:

Resonanz ist ein Zustand, eine Art und Weise des Verbundenseins mit der Welt, bei der tatsächlich in uns so was zu schwingen beginnt. Man kann das, glaube ich, wirklich in diese Metapher fassen, weil das eine Art des In-der-Welt-Seins beschreibt, bei dem uns Dinge noch berühren oder bewegen oder ergreifen – das sagt ja schon unsere Sprache, also etwas in Schwingung kommt –, wo wir aber auch das Gefühl haben, wir können da draußen sozusagen Klänge erzeugen, also Dinge in Schwingung bringen.“ (Rosa 2016)

Schauen wir auf die Ergebnisse unserer Studie, dann steht die Generation Lobpreis für vieles, was wir aus der Analyse Rosas kennen. Die Generation Lobpreis lebt in einer beschleunigten Welt unter dem „Diktat der Authentizität“ und versucht nun, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln den eigenen Resonanzraum zu gestalten. Viele Jugendliche leben in einer Spannung zwischen Autonomie und dem Streben nach einem guten Leben. So kommt es, dass hochreligiöse Jugendliche an einen liebevollen Gott glauben, der in ihr Leben eingreifen kann, für das sie jedoch selbst verantwortlich sind. Sie sind sich ihres Glaubens sicher, sehen Mission aber eher kritisch, finden die Bibel wichtig, entscheiden in der Gemeinde aber eher pragmatisch. Wichtigstes Kriterium in diesen Spannungen ist für die Jugendlichen, dass sich ihre Entscheidungen authentisch anfühlen, für sie stimmig sind oder, um es mit Rosas Worten zu sagen: Für die Jugendlichen muss in ihrem Resonanzraum etwas zum Schwingen kommen.

Lobpreis als Resonanzraum zwischen Selbst und Welt

Eine zentrale Funktion in diesem Resonanzraum spielt der eigene Körper. Denn die primäre Resonanzerfahrung vollzieht sich durch unseren Körper (beim Atmen, Essen, Lieben, Lachen etc.). Der Körper stellt dabei eine Art „Mittlerfunktion“ zwischen Selbst und Welt da, daher gibt es keine Welterfahrung ohne körperliche Vermittlung. Wir stehen mit den Füßen auf der Erde. Durch das Schuhwerk wird die Resonanz zwischen mir und der Welt auf Distanz gebracht. Die Haut ist wie eine Membran zwischen der Welt und dem Selbst. Körperliche Erkrankungen können auch ein Zeichen für eine gestörte Weltbeziehung sein. Der Körper drückt unser Selbst aus. Wir sagen dazu: „Ich fühle mich wohl in meiner Haut.“ Hartmut Rosa nennt dies die „Welt-Körper-Beziehung“. Ohne Körper gibt es keine Weltwahrnehmung. Jugendliche heute wachsen in einer Welt auf, in der die Wahrnehmung des eigenen Körpers oftmals nicht gefördert wird, manchmal sogar gestört ist. Was aber passiert, wenn der Körper die Mittlerrolle zwischen Selbst und Welt nicht mehr oder nur eingeschränkt einnehmen kann? Wir können heute vielfältige Störungen in der eignen Wahrnehmung des Körpers und seiner Mittlerfunktion erkennen. Burnout oder Zwangs- und Essstörungen können Ausdrucksweisen solcher Störungen sein. Aber auch ein übersteigertes Körperbewusstsein durch Sport (beispielsweise Marathon als neuer Volkssport) oder überzogene Körperästhetik (beispielsweise in den sozialen Medien mit dem dortigen Fitnesstrend) sind solche Zeichen, die eine Weltbeziehungsangst und eine Entfremdung vom eigenen Körper aufzeigen. Wenn Rosa Recht hat und es keine Weltwahrnehmung ohne Körper gibt, dann gilt dies auch für den Glauben, denn für Rosa ist Gott die Vorstellung einer antwortenden Welt. Welche Rolle spielt der Körper für den Glauben hochreligiöser Jugendlicher? Welche spirituelle Vermittlung kann er für die Jugendlichen und ihren Glauben einnehmen? Das sind wichtige Fragen, wenn es um die heutige jugendliche Spiritualität geht. Nun ist der evangelische Glaube nicht gerade für eine hohe Körperlichkeit bekannt, sondern wird eher kognitiv vermittelt – im Vordergrund steht das Wort und dessen Verkündigung. Natürlich gibt es das Gesangbuch, die Liturgie oder das Abendmahl und somit auch explizit körperliche spirituelle Elemente und Erfahrungen. Jedoch sind diese Elemente für Jugendliche meist fremd. Sie suchen Elemente, die ihre (kulturelle) „Sprache sprechen“, in der sie sich ausdrücken können, kurz: die bei ihnen Resonanz erzeugen. Lobpreis scheint ein solcher Resonanzraum zu sein.

Emotional und körperlich lässt Lobpreis die Jugendlichen ihren Glauben spüren

Emotional und körperlich lässt Lobpreis die Jugendlichen ihren Glauben spüren, er überwindet den Dualismus aus Körper und Geist und verbindet beides miteinander. Lobpreis ist auf Begegnung und somit auf Resonanz angelegt, der Mensch mit Körper und Geist reagiert darauf. So wird Lobpreis für die Jugendlichen zu einer Resonanzerfahrung zwischen Gott und sich selbst.[i]Rosa selbst bezieht religiöse Erlebnisse explizit in seine Theorie mit ein. Er argumentiert mit Martin Buber, dass es gerade die Ansprechbarkeit Gottes ist und das Gegenversprechen, dass dieser antwortet, welches eine Art Tiefenresonanz in uns Menschen hervorruft. Diese Sehnsucht, die Rosa hier ausdrückt, spiegelt wunderbar die Sehnsucht vieler hochreligiöser Jugendliche wieder: „Da ist einer, der Dich hört, der Dich versteht, und der Mittel und Wege finden kann, Dich zu erreichen und Dir zu antworten.“ (Rosa 2016) Hier geht es um eine Gottesbegegnung, die sich im Lobpreis zeigt, aber auch über Lobpreis als Musik hinausgeht. Es geht um eine Art Hermeneutik des Alltags, in der die Beziehung in der Glaubenspraxis beschrieben wird, die die Kraft hat, die eigene Welt zu verwandeln. Der österreichische Theologieprofessor Michael Nausner fasst dies gut zusammen, wenn er schreibt:

Es geht [bei der aktuellen Generation] um eine grundlegende Lebenshaltung, eine Weltbeziehung, die nach meinem Dafürhalten viel gemeinsam hat mit einer christlichen Lebensführung. Denn geht es im christlichen Leben nicht um ein aufmerksames ‚Widerhallen’ auf den Anruf Gottes, ja auf die ganze Vielfalt der Schöpfung, die von Gott ständig neu erschaffen wird?“.

In klassisch evangelischer Tradition würde die Liturgie als ein solcher Resonanzraum gelten, aber wie wir festgestellt haben, gilt dies nur für einen sehr kleinen Ausschnitt der Generation Lobpreis. Deshalb wollen wir nun der These nachgehen, Lobpreis sei für hochreligiöse Jugendliche ihre Liturgie, eine Liturgie mit den Mitteln ihrer Kultur.

Lobpreis als kultureller Ausdruck von Identität

Im Verlauf der Arbeit an diesem Buch gab es am Rande einer EKD-Sitzung ein interessantes Gespräch zum Für und Wider von Lobpreis in der Kirche. Die Diskussion darüber wurde sehr emotional geführt und endete mit der Aussage: „Da können die Jugendlichen ja gleich in ein Popkonzert gehen und nicht in die Kirche!“ Ja, das ist gar nicht so verkehrt. Vielen Jugendlichen geht es genau darum. Sie wollen ihren Glauben mit den Mitteln ihrer kulturellen Präferenzen ausdrücken. Die meisten Jugendlichen haben sicher nichts gegen Liturgien, sie sind ihnen lediglich fremd und haben nichts mit ihrer Lebenswelt zu tun. Sie verstehen die Sprache nicht, finden die Gesänge befremdlich und, wenn wir ehrlich sind, gibt es auch wenig Hilfe, diese Dinge kennenzulernen. Ich war vor einiger Zeit zur Konfirmation meiner Nichte in der evangelischen Kirche in Bayern und habe im Gottesdienst eine echte Fremdheitserfahrung gemacht. Denn aus der badischen oder kurhessischen Landeskirche sind mir bestimmte Liturgien bekannt, allerdings fühlte ich mich den ganzen Gottesdienst unsicher, weil ich nie wusste, wann ich aufstehen muss, was jetzt von wem gesungen wird und was als nächstes dran ist. Während des Gottesdienstes musste ich daran denken, dass es vielen Jugendlichen wahrscheinlich genauso geht: Das ist ihnen fremd. Was für die einen ein wertvolles Ritual ist, um Gott zu begegnen, ist für andere fremd, ja sogar abstoßend. Auch beim Thema Lobpreis sind die Erfahrungen ähnlich polarisierend. Für die einen ist Lobpreis ein legitimer Weg zur Gottesbegegnung in einer hoch informalisierten, erlebnisorientierten und individualisierten Kultur, für die anderen ist er emotional manipulierend und geistlich vereinseitigend. Liturgie und Lobpreis – vielleicht haben sie mehr gemeinsam als auf den ersten Blick vermuten lässt.

Liturgie und Lobpreis – mehr Gemeinsamkeiten als gedacht?

Was nun, wenn die aktuelle Generation sich ihre eigene Liturgie erfindet, die alte ablöst, ja sie ersetzt? Sie ersetzt durch Sprache und Musik, die Jugendliche aus ihrem Alltag kennen, in der sie sich sicher fühlen und die ihnen echt vorkommt. Im Folgenden wollen wir einige aus der Liturgie bekannten Merkmale aufnehmen und sie auf die Generation Lobpreis übertragen:

  • Die Gegenwart Gottes:Liturgie ist nicht zweckfrei, sondern soll in die Gegenwart Gottes führen. Der Grazer Liturgiewissenschaftler Bert Groen sagt, dass Liturgie die Brücke zwischen Gott und Mensch ist, um dem Geheimnis Gottes näherzukommen. Liturgie ist daher niemals Selbstzweck, sondern hat zum Ziel, dass eine Gottesbegegnung stattfindet. Ähnlich würden das viele Jugendlichen aus der Generation Lobpreis bei Anbetung oder Lobpreis beschreiben. Es geht nicht in erster Linie um Musik oder Texte, sondern diese sind Mittel zum Zweck. Lobpreis führt in die Gegenwart Gottes.
  • Klar und fest:Eine Liturgie lebt von Wiederholung, Einfachheit (nicht mit Banalität zu verwechseln!) und der Einprägsamkeit der Texte. Auch hier gibt es Parallelen zum Lobpreis. Auch Lobpreis lebt von Wiederholungen. Die Texte sind oftmals eher einfach gehalten, und viele Jugendliche können spätestens bei der dritten Wiederholung des Refrains mitsingen. Diese oft kritisierte Einfachheit sehen wir bei vielen Lobpreisliedern, die wiederum viele unterschiedliche Lobpreistypen vereint. So wie die Liturgie einen festen Aufbau und Ablauf hat, gibt es auch im Lobpreis einen festen Ablauf und bestimmte Abfolgen, die man schnell erkennen und erlernen kann. Diese Wiederholungen von Liedern oder Liedzeilen, Gebeten oder Einladungen zeigen, wie man sich Gott öffnen und sich auf ihn einlassen kann.
  • Affirmativ und emotional:In einer rationalisierten und digitalen Welt wächst die Sehnsucht berührt zu werden. Gerade in einer eher kognitiven Tradition, wie der des Protestantismus, fehlt es an Emotionen und Körperlichkeit. Liturgie und Abendmahl sind Elemente, die nicht nur über den Verstand, sondern ganzheitlich wahrgenommen werden. Lobpreis wird ebenso von vielen Jugendlichen als Berührung Gottes verstanden. Ganz hingegeben spüren die Jugendlichen die Gegenwart Gottes und erleben diese als eine Art subjektiven Gottesbeweis.
  • Gemeinsam erleben:Liturgie lebt über die gemeinsame Sprache, den Rhythmus des Sprechens, das Gemeinschaftliche. Sich mitnehmen lassen, auch unabhängig von den eigenen Gefühlen und Erfahrungen. In der Liturgie trägt die Gemeinschaft den Einzelnen. Auch Lobpreis, das gemeinsame Singen, hat eine große Kraft, die gerade in einer individualisierten Welt zur Rarität geworden ist. Das Gefühl, zu einer Gemeinschaft zu gehören, sich tragen zu lassen vom Rhythmus und der Schwingung, ist für viele junge Menschen ein wichtiges Erlebnis. Gerade hochreligiöse Jugendliche erleben auf ihren Glauben im Alltag von Schule, Studium und Beruf nicht nur positive Resonanz, sie fühlen sich nicht immer verstanden und suchen gerade durch gemeinsamen Lobpreis Gemeinschaftserfahrungen, die sie in ihrem Glauben tragen und bestätigen.

Unterschiede zwischen Lobpreis und Liturgie

Natürlich ist uns klar, dass es deutliche Unterschiede zwischen Lobpreis und Liturgie gibt. Gerade was die Kraft der Liturgie durch die Jahrhunderte ausgemacht hat. Trotzdem glauben wir, dass es sich lohnt, über die genannten Vergleiche zumindest nachzudenken. Was beide Zugänge gemeinsam haben, ist, dass sie von der aufrichtigen Haltung der Teilnehmenden leben. Ebenso verlieren beide ihre Kraft, wenn sie rein egoistisch für das eigene Wohlempfinden genutzt oder ihre Texte nur lapidar dahingesprochen werden.  Doch schon in diesem Gedanken, den wohl die meisten Christ*innen heute unterschreiben würden, liegt ein starker Subjektivismus, beziehungsweise schwingt die Kultur der Authentizität mit. In diesem Sinne ist klassische Liturgie tatsächlich anders gedacht: Indem ich eine Liturgie mitspreche, werde ich zum Teil einer Gemeinschaft, die schon seit vielen Jahrhunderten besteht. Ich klinke mich ein in einen Rhythmus, der schon lange vor meiner Existenz entstand. Entscheidend dabei ist, dass ich mich einklinke, Teil davon werde. Es ist egal oder zumindest nicht primär wichtig, was ich dabei empfinde. Liturgie in diesem Sinn befreit mich vom Diktat der Aufrichtigkeit und vom Zwang der Ungezwungenheit.

Kommen wir noch einmal auf Rosa zurück. Er spricht von „Entfremdung“, wenn es nicht zu einer „Gleichschwingung“ kommt, was bei vielen Jugendlichen in Bezug auf klassische Liturgien geschieht. Es entstehen keine Resonanz, kein Resonanzraum, keine Schwingungen. Beim Wort Resonanz schwingt jedoch bereits etwas Musikalisches mit. Rosa erklärt:

„Wenn zwei Instrumente, etwa Klavier und Geige, miteinander in Resonanz treten, dann bedeutet das, dass jedes in seiner Eigenfrequenz spricht und auf das andere reagiert. Ich meine mit Resonanz eine Beziehung zur Welt, in der man einerseits offen ist, um sich berühren zu lassen, vielleicht ergreifen zu lassen, aber andererseits auch selber seine eigene Stimme entfalten kann und damit etwas oder jemanden erreichen kann in der Welt.”

In diesem Verständnis beschreibt Lobpreis genau solch einen Resonanzraum und stellt eine neue Form jugendlicher Liturgie dar.

 

Der Text stammt aus dem Buch: „Generation Lobpreis und die Zukunft der Kirche“ und ist im Neukirchener Verlag herausgekommen.

Bild: GospelLife Center

 

No Comments Yet.

Leave a comment