“Nichts wird wieder wie es war und genau darin liegt die Chance. Über (digitale) Kirche in Zeiten von Corona.”

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Corona hat gezeigt, wie reformfähig und beweglich Kirche sein kann. Aber es bestehen die berechtigten Bedenken, dass dies nur temporäre Veränderungsprozesse sind und dass alte Muster sich in der Postcoronazeit wieder durchsetzen. Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek sagte im Höhepunkt der Coronakrise: “Wir werden durch Corona unsere gesamte Einstellung gegenüber dem Leben anpassen – im Sinne unserer Existenz als Lebewesen inmitten anderer Lebensformen.” Was für die einen wie ein Schreckensszenario klingt, bedeutet für andere Hoffnung. Deshalb ist eine Diskussion über die Verwandlung der Kirche notwendig und diese hat auch schon auf fast allen Ebenen begonnen. Nichts wird wieder normal und genau darin liegt für Kirche die Chance. Die geglückten Angstüberwindungen der letzten Wochen mit der praktischen Erfahrung, dass Kirche doch veränderbar ist, eröffnen eine neue Zeitenrechnung.

 

Kirche in Zeiten von Corona oder die Chance, dass nichts wieder normal wird

Das, worüber jahrelang diskutiert und theoretisiert wurde, erlebte in den letzten Wochen eine praktische Transformation: Kirche. Kirche kann auch digital. Nicht perfekt, nicht allumfassend, aber es gibt echte Gottesdienste, echte Begegnung und echten Glauben. Und zwar durch bis dahin für Kirche eher fremde Kommunikationswege wie YouTube, Zoom oder Facebook. Gottesdienste werden live gestreamt und erreichen in einem Monat mehr Menschen als analog im ganzen Jahr. Andachten werden zu Mutmachübungen in Krisenzeiten und die breite Öffentlichkeit diskutiert fleißig mit, ob und wann Kirchen wieder öffnen sollen.

Die digitale Kommunikation des Evangeliums

Das Zusammenspiel von Arbeitsplatz, sozialer Distanz und der sozialen Kommunikation mit physisch Nichtanwesenden erzeugt eine neue Lebenslage, die radikale Veränderungen mit sich bringen wird, vom Privatleben bis hinein in die Arbeits- und Wirtschaftswelt. Dabei wird die Fokussierung auf die Kommunikation insgesamt und auf die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im Speziellen signifikant ansteigen. Im Zuge dessen gibt es Synthesen zwischen Persönlichem und Öffentlichem, zwischen Privatheit und Arbeit, die sich auf den willig bereitgestellten Plattformen der Kommunikationstechnologieanbieter kumulieren werden. Diese Anbieter sind aber keine neutralen Kommunikationsplattformen, sondern beeinflussen und verändern sowohl unsere Kommunikation als auch unsere Beziehungen auf unterschiedlichen Ebenen:

  1. die soziale Funktion der Kommunikation: unsere Sprache verändert sich durch die sozialen Medien, durch das Teilen, Beobachten, Aushandeln, Spielen, Liken, Kommentieren, Diskutieren, Kritisieren etc.
  2. unsere Identitäten werden geformt: durch Selbstpräsentation, Rollenmuster, Feedback, hybride Identitäten, Positionierung, Selbstwert, Spiele mit Identitäten etc.
  3. dies prägt unsere Wirklichkeitswahrnehmung: verkürzte Nachrichten, kommentierte Meinungen, Fake News, Bildsprache, kollektives Gedächtnis, Filterblasen, Algorithmen etc.

Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf unsere religiöse Kommunikation, die genauso verändert und so zum Beispiel persönlicher, fragender, schwellenloser, scheinbar enttabuisierter oder situativer wird. Beispiele dazu finden sich in Internetgottesdiensten, Gebetsforen, Gedenk- und Trauerseiten, Bekenntnis-Foren und Seelsorgechats. Eine „entgrenzte Kirche“ oder „verflüssigte Kirche“ („Liquid Church“) wird sichtbar, die neue Merkmale entwickelt: nicht-konfessionell, schwellenlos, unbegrenzt, diskursiv, situativ und individualisiert. Diese Kirche entsteht, weil gewohnte und bisher übliche Grenzen und Schließungsmerkmale durch die technischen Möglichkeiten überwunden werden. Nehmen wir diese Entwicklungen ernst, dann haben wir es tatsächlich mit einer ganzheitlichen Transformation zu tun, die Inhalte, Methoden und nicht zuletzt das Gemeindeverständnis verändern wird.

Über den Unterschied zwischen digitalen Angeboten und digitaler Kirche

Zunächst müssen wir zwischen digitalen Angeboten der Kirche und einer digitalen Kirche unterscheiden. Keine Frage, gerade für den Raum der Kirche waren die letzten Jahre Zeiten des Aufbruchs, in dem es eine fast unüberschaubare Menge an neuen Formaten und Internetgeboten gab, die weit über die klassischen Serviceseiten wie evangelisch.de oder „Gemeindebriefportale” (unser-gemeindebrief.de), digitale Gesangbücher oder Lieder-Apps, Predigtdatenbanken oder Kirchenverzeichnisse hinausgehen. All das ist erfreulich und begrüßenswert, doch der große Sprung besteht darin, von den digitalen Angeboten zur digitalen Kirche zu kommen. Ein digital kommuniziertes Angebot macht noch keine digitale Kirche. Die US-Kommunikationswissenschaftlerin und Expertin für digitale Religion Heidi A. Campbell unterscheidet hilfreich zwischen „transferring“ (Liveübertragung eines analogen Gottesdienstes), „translation“ (der Versuch analoge Gottesdienste an eine digitale Formen anzupassen) und „transforming“ (Entwicklung neuer digitaler Formen für digitale Formate). Diese Unterscheidungen werden besonders an gestreamten Gottesdiensten deutlich, in denen oftmals ein analoger Gottesdienst live ins Internet übertragen wird. Dies ist sicher ein guter Schritt, aber es bleibt ein analog gedachter und gemachter Gottesdienst. Digitale Kirche heißt, in Form und Inhalt Kirche in den sozialen Medien zu sein. Ganz nach dem Medientheoretiker Marshall McLuhan („the medium is the message”) setzt sich Kirche digital auf unterschiedlichste Weise im Netz fort. Dies bedeutet, dass sich bei einem Onlinegottesdienst die Ansprache bei der Begrüßung verändert, da man nicht weiß, wer vor einem sitzt und klassische Besuchergrenzen sich verschieben, da die physischen Grenzen eines Gottesdienstbesuchs wegfallen. Ein Klick auf den weitergegebenen Link vom Nachbarn reicht und schon ist der kirchendistanzierte Nachbar Teil des Gottesdienstes. Sprache, Form, Inhalt und Methoden müssen also einer neuen Zielgruppe angepasst werden und sich von klassisch liturgischen Traditionen lösen. Neue Formen der Vernetzung, Interaktion und Beziehungspflege sind gefragt, Austausch über spirituelle Erfahrungen findet statt und das alles in einer Unabhängigkeit von Parochialgrenzen. Hier bekommen reformatorische Kerngedanken wie das „Priestertum aller Gläubigen“ oder der „Gottesdienst im Alltag“ einen neuen Stellenwert, stellen aber gleichzeitig das vorherrschende Kirchenbild in vielerlei Hinsicht in Frage. Dabei geht es weder um eine Sonderform von Kirche, noch um eine eigene Konkurrenz, sondern um eine Kirche, die sich auf unterschiedliche Art und Weise, sozusagen in hybrider Form, zeigt. Digitale Kirche ist also ein legitimer Part der Kirche. Digitale Kirche nimmt Teil am digitalen Leben der Menschen und ist ein Alltagsraum und kein Sonderraum. Deshalb bedeutet Digitale Kirche, gleichzeitig ganz Kirche zu sein, ohne dabei die Kirche ganz abzubilden. Sie fördert das Priestertum aller Gläubigen, denn sie ist fest verankert im Tagesablauf und garantiert so Kommunikation und Teilhabe in einer bis dahin nie dagewesenen Form. Dies erscheint gerade deshalb so wichtig, weil die klassische Mitgliedschaft ihre identitätsstiftende Kraft zunehmend verliert. Die Grenzen zwischen analogen und digitalen Kirchenangeboten, selbst zwischen digitalen Angeboten und digitaler Kirche, verschwimmen dabei.

Und was ist mit dem (digitalen) Abendmahl?

Im Zuge des liturgischen Ausnahmezustandes praktizieren etliche Kirchen in ihren Livestream-Gottesdiensten auch Abendmahl online und bei allem Ungewohnten erleben dies die Menschen in ihren Wohnzimmern als geistgewirkte Gegenwart Christi. Was nun folgt, ist die Frage, was dies theologisch und ekklesiologisch bedeutet und wie Abendmahl in Zukunft verstanden und gelebt werden wird. Natürlich werden in der digitalen Kirche besonders liturgische Formen und sakramentale Handlungen diskutiert und in Frage gestellt. Wurde sie von vielen vor ein paar Jahren als natürliche „Grenze der Vorstellung und Konzeption“ von digitalen kirchlichen Formaten angesehen, hat sich dies in der Zeit der Coronapandemie schlagartig verändert. So praktizieren im Zuge des liturgischen Ausnahmezustandes etliche evangelische Gemeinden in Livestream-Gottesdiensten auch Abendmahl online. Und ja, es gibt auch Kritik: Ist ein solches Abendmahl überhaupt ein Abendmahl? Während manche zum Verzicht während der Coronazeit auffordern (wie der Mainzer Professor Kristian Fechtner), sehen andere darin kein Problem. So zum Beispiel der Direktor des Michaeliskloster Hildesheim, Prof. Dr. Jochen Arnold, denn so Arnold, für Luther war die leibliche Gegenwart Christi in Brot und Wein entscheidend und dies sei auch in der digitalen Form gewährleistet. Dies ist nur ein Beispiel von vielen, die uns in den nächsten Monaten theologisch herausfordern werden. Die Frage wird sein, auf welcher Ebene wird dies diskutiert und wer wird in diese Diskussion mit hineingenommen?

Es braucht jetzt es eine Sammlung und Systematisierung der vielen digitalen Initiativen und Angeboten, um dann daraus inhaltliche, rechtliche und strukturelle Konsequenzen zu ziehen!

Update 16. Juni: Sehr interessant dazu ist die empirische Studie zu Digitalisierung und EKD von MIDI:

Es hat einen Digitalisierungsschub während der Corona-Krise in der evangelischen Kirche gegeben: 81% gaben an, dass sie ein digitales Verkündigungsformat angeboten hatten. Der Digitalisierungsschub ist nachhaltiger Natur: 78/% gaben an, dass sie durch die Corona-Krise „digitalisiert“ wurden. Die Digitalität ist in der Breite der Landeskirchen angekommen. 72% gaben darüber hinaus an, dass sie die digitalen Formate nach dem Lockdown fortführen wollen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass künftig vermehrt mit hybriden Formaten der Verkündigung zu rechnen sein wird.

Und hier der ganze Bericht.

 

Und jetzt? Zehn Thesen und Fragen zur Zukunftsdiskussion der (digitalen) Kirche:

  1. Den Mut feiern. Es ist mehr möglich als gedacht, jetzt ist es an der Zeit, diese Möglichkeiten zu reflektieren und das Gute zu systematisieren und für alle zugänglich zu machen. Nicht jede Kirchgemeinde muss ihre digitale Kirche neu erfinden. Wer organisiert und wo sind öffentliche Plattformen?
  2. Den digitalen Burnout vermeiden. Digitalisierung ist ein Marathon und kein Coronasprint. Es gilt Strukturen zu legen und Ressourcen zu sammeln, um digitale Kirche als einen Teil von Kirche rechtlich (auch Arbeitsrechtlich) und finanziell zu legitimieren.
  3. Digitale Kirche ist kein Hobby von Kirchennerds oder hippen Pfarrerinnen! Schulungen für Ehren- und Hauptamtliche gehören genauso dazu wie die Entdeckung und Würdigung der Menschen, die Teil von Kirche sind, aber bisher nicht gesehen wurden. Digitale Kirche ist kein Zusatz, sondern ein wichtiger und wesentlicher Teil von kirchlicher Arbeit.
  4. Es braucht eine Qualitätsdiskussion zu digitaler Kirche genauso wie zu analogen Gottesdienten. Eine Zeit des Umbruchs ist immer auch eine Zeit, um über das, was gerade stattfindet nachzudenken und zu reflektieren, was verbessert und geändert werden sollte. Dabei geht es auch um die Qualität spiritueller Inhalte im Gottesdienst und den Möglichkeiten der eigenen Gottesbegegnung.
  5. Kirche ist mehr als Gottesdienste und digitale Kirche mehr als Livestreams. Onlinegottesdienste allein greifen zu kurz, denn vom Kirchenrecht bis zur Diakonie sind alle Bereiche der Kirche involviert.
  6. Identitymarker der digitalen Kirche: Zugehörigkeit und Teilhabe als einfache digitale Zugänge sind wichtige Beiträge zu zentralen Zukunftsthemen der Kirche. Hier kann die digitale Kirche wesentliche Impulse zu den aktuellen Diskussionen wie Mitgliedschaft oder Teilhabe beitragen.
  7. Kommunikation des Evangeliums: Sprachfähig sein, im Netz und analog, ist die Voraussetzung, um gesprächsfähig zu sein. Denn digitale Kirche ist ein Dialog, in dem nicht nur das Senden von Nachrichten entscheidend ist, sondern auch das Verstanden werden und Verstehen anderer Nachrichten.
  8. Digitalisierung ist auch eine Sternstunde des Ehrenamts. Ad fontes, oder um es mit Luther zu sagen: Das Priestertum aller Gläubigen. Kirche ist zu hierarchisch und zu klerikal geworden – digitale Kirche kann helfen, verkrustete Strukturen aufzubrechen. Denn Digitalisierung ist vor allem eine Basisbewegung. Dazu braucht es neben digitalen Angeboten auch innovative neue analoge Formen von Kirche. Corona hat gezeigt, dass der Umgang und Gebrauch von digitalen Angeboten im Alltag der Menschen angekommen ist.
  9. Was ist der kirchliche Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion rund um das Thema Digitalisierung? Neben dem Nutzen und Gebrauch ist die Kirche besonders in der Frage der Netzethik gefragt. Eine evangelische Ethik, die in der Spannung zwischen Freiheit und Verantwortung steht, kann wichtige Impulse in den vielen schwierigen Herausforderungen geben, denn viele Fragen wie bspw. zur Datensicherung oder Netzneutralität sind immer noch nicht geklärt.
  10. Die Zukunft der Kirche ist hybrid! Bei allem momentanen Hype um die Thematik Digitalisierung und Kirche, geht es in der Zukunft um eine Selbstverständlichkeit für beides, der einen Kirche mit unterschiedlichen analogen und digitalen Ausdrucksformen.

 

Praktische Beispiele und Einblicke in die aktuelle digitale Kirchenwelt: Von Twitter über Posaunenchor bis Mitarbeiteranalysen

Natürlich kann man auch seiner Kirche in den sozialen Netzwerken folgen, wie beispielsweise der Nordkirche auf Twitter (@nordkirche_de), Facebook, Instagram oder Youtube. Darüber hinaus kann man sich auch Segensworte direkt aufs Handy senden lassen. Jeden Morgen um 7 Uhr kommen Menschen bei Twitter (#twaudes) zusammen und feiern eine gemeinsame Andacht, unabhängig von ihrer Konfession oder Herkunft und jeden Abend gibt es ein Abendgebet (#twomplet), in welchem der Tag zurück in Gottes Hände gelegt wird. Doch auch tagsüber kann unter @dnkgtt (danke Gott) Alltägliches geteilt werden. Dadurch können die unterschiedlichsten Menschen Anteil am eigenen Leben nehmen, miteinander dankbar sein, einander ermutigen oder auch in die Fürbitte gehen – ein unsichtbares Netzwerk an Gebeten bildet sich.

Tolle Praxisbeispiele: Wie Kirchen auf Corona kreativ reagieren, bei der Frischetheke

Zur Folge von Corona und die Zukunft der Kirche: Midi: Schließen die Kirchen Jesus aus?

EKD-„Sammelstelle“ für digitale Formate: Kirche von zuhause:

Sammlung von Gottesdiensten bei YouTube

Beispiele praktische Gemeindearbeit von. Theotabea

Relichat: Auf Twitter und als Blog

Selina Fucker in Die  Eule über digitale Gottesdienste

Diskussion rund um das Abendmahl: Gute Zusammenstellung der Diskussion von

http://nthk.moehrenzahn.de/2020/04/09/mehr-offene-als-geklaerte-fragen-beim-digitalen-abendmahl/

Diskussion von Philipp Greifenstein mit dem Digitalisierungs-Experten Hanno Terbuyken über digitale Kirche und Digitalisierung

Ulli Naefken von Cursor mit Anstößen, wie in einer Kirchengemeinde aus #DigitaleKirche und #AnalogeKirche eine #HybridKirche werden könnte:

Analyse und Handlungsempfehlungen zu den digitalen Bedarfen in der Kirchengemeinde von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Ev-Lutherischen Kirche Hannovers

Wer redet, wenn die Kirche redet? Schöne Diskussion über das Reden der Kirche während Corona.

OK, der folgende Beitrag hat nicht direkt mit digitaler Kirche zu tun, ist aber außerordentlich spannend: Religiosität in Zeiten der Corona-Krise, eine Untersuchung der Uni Wien zu Umgangsformen religiöser Menschen in der Coronakrise.

Sieben Anregungen für die (digitale) Kirche nach Corona.

In unserem Masterstudiengang Transformationsstudien an der CVJM-Hochschule werden wir uns im nächsten Modul mit Digitalisierung und Kirche beschäftigen und freuen uns u.a. auf wichtige Impulse von Christian Sterzik, Jonas Bedford-Strohm und Motoki Tonn uvm.

Aktuell läuft eine spannende internationale Umfrage zu “Corona & Kirche”, wer mitmachen möchte, hier!

 

Pfarrer Philipp van Oorschot hat sich ganz ähnliche Fragen gestellt und diese systematisiert, um sie mit seiner Kirchgemeinde abzuarbeiten. Fand ich hilfreich, vielen Dank:

Wie geht es in unserer Kirchengemeinde weiter?

  1. Was mussten wir wegen Corona lassen?
  2. Was haben wir wegen neu Corona angefangen?
  3. Was war trotz Corona möglich?
  4. Welche Erfahrungen aus der Corona-Zeit sind mir im Gedächtnis geblieben?
  • Wo habe ich Kirche/Gemeinde als präsent erlebt?
  • Wo haben wir gefehlt? Welche Menschen haben wir nicht in den Blick genommen?
  • Wo waren wir, wo wir sonst nicht waren? Was für Reaktionen gab es?

5.Was machen wir mit diesen Erfahrungen?

  • An welchen Orten wollen wir bleiben?
  • Welche Aktivitäten wollen wir fortführen?
  • Was hat sich nicht bewährt?
  • Welche Orte/Menschen/Zielgruppen müssen wir neu in den Blick nehmen?

6.Wie verändert uns das?

  • Welche neuen Bilder und Erzählungen braucht es über Gemeinde?
  • Was wollen wir auf jeden Fall beibehalten?
  • Welche neuen Formen wollen wir entwickeln?
  • Was können wir lassen?
  • Was müssen wir lassen?
  1. Welche Ressourcen benötigen wir zur Umsetzung?
  • Technisch
  • Finanziell
  • Personell
  • Regional

 

21 Comments

  1. Ein wesentlicher Grund für viele Menschen in die Kirche zu gehen besteht einfach darin, dort Bekannte zu treffen. Die kann man natürlich auch anderswo, aber eben nicht unter “christlichem” Vorzeichen. Mit dem sonntäglichen Gottesdienst hat sich für die meisten Kirchgänger die “Auseinandersetzung” mit religiösen Fragen erledigt (man hat seine Pflicht getan). Deshalb erwarte ich nicht, dass digitale Gottesdienste den Glauben beleben, sondern langfristig noch mehr Menschen auf das Christentum verzichten können.
    Nach einer Umfrage, sollen ja nur 1% (ich weiß jetzt nicht genau, ob das stimmt) der Befragten Spiritualität in der Kirche suchen. Dort erwartet man sie am allerwenigsten, was ich verstehen kann. Denn aufs Ganze gesehen, ist der christliche Glaube bei uns in der westlichen Welt recht substanzlos.
    Wer wirklich interessiert ist, findet im Internet überall gute spirituelle Angebote.
    Der christliche Glaube wird nur dann (wieder?) interessant werden, wenn er wirkliche Antworten auf die Fragen der Menschen hat und einen gangbaren Weg der Erlösung zeigt (und nicht nur eine Vertröstung auf ein besseres Jenseits).
    Zur Erneuerung des christlichen Glaubens ist es UNABDINGBAR die Reinkarnation im christlichen Zusammenhang darzustellen.
    Vorarbeiten habe ich dazu geleistet, z.B. diese hier:
    https://www.academia.edu/37936734/Genetik_Reinkarnation_Kirche
    Auch habe ich ein Buch geschrieben: “Warum gerade ich? – Schicksalsfragen im Licht neuester Erkenntnisse”, das die Anforderungen gerecht wird.

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  2. Damaris

    Heute im DLF kam ein interessantes Interview zum Thema, das noch mal einen neuen Aspekt hinzufügt: https://www.deutschlandfunk.de/philosophie-und-coronakrise-gottvertrauen-wird-unter-den.886.de.html?dram:article_id=478396

    Bei den oben im Blogartikel genannten Veränderungen/Prozessen/etc. geht es hauptsächlich darum: wie können wir unsere Angebote unter den besonderen Bedingungen weiterhin durchführen? Welche Bedingungen müssen wir dabei erfüllen? was und wie können wir investieren? Was ist bei digitaler Kirche zu beachten? Welche (neuen) Fragen müssen dafür geklärt werden? etc.

    Olivia Mitscherlich-Schönherrs Punkt ist aber auf einer “höheren” Ebene angesiedelt: Welches Narrativ legt die Kirche zugrunde, wenn sie sich mit den ganzen Auswirkungen von Corona beschäftigt (denn die alte Straffe Gottes Erzählung ist heute nicht mehr glaubwürdig)? Und sie stellt dabei fest, dass die Kirche in der ersten – aus meiner Sicht fast unaushaltbar langen Phase – sich überhaupt gar nicht geäußert hat. “Lautes Schweigen” wurde das treffend im Interview genannt.

    Und so sehe ich es auch mit Blick auf die oben im Blogartikel beschriebenen Bemühungen: wir müssen vorsichtig sein, mit Aktionismus über neue Formen eine Antwort der christlichen Kirche auf Corona insgesamt nicht zu verschlafen. Olivia Mitscherlich-Schönherr schlägt vor, die Kraft der Hilflosigkeit neu zu entdecken und was man daraus geistlich lernen kann. Denn die Antwort, die Kirche darauf findet, wird im digitalen Raum sicher eine sehr hohe Resonanz finden – sofern sie sich traut, überhaupt eine Antwort zu finden.

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    • Danke Damaris, gut und wichtige Ergänzung und ein spannendes Interview!
      Ich habe das tatsächlich nur am Rande (These 4) thematisiert, aber das wäre tatsächlich noch mal ein ganz eigener Post wert! 😉
      Und: Ich bin völlig gegen einen Aktionismus (These 2), sondern für ein systematisches Evaluieren dessen, was plötzlich möglich ist, um dann konsequent daraus zu lernen! Meine Bedenken sind eher, dass wir uns nach Corona erschöpft und glücklich zurücklehnen und sagen: Uff, noch mal Glück gehabt, geht doch so weiter wie immer….

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  3. Hi Tobi, gute Zusammenstellung. Danke. Mich fordert seit 2 Jahren der Realität des Participation shifts heraus, suche die Untersuchungen von Christian Schwarz. Participation shift hängt ja auch sehr eng mit der Digitalisierung zusammen. Was das für unsere Ekklesiologie bedeutet haben wir aus meiner Sicht erst gerade begonnen etwas zu realisieren. Da gibt es noch ganz viel zu tun für Forscher und für Gemeindepraktiker. Liebe Grüsse Horst

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  4. Thomas Berger-Holzknecht

    Danke für den anregenden Artikel. Für mich ist netzgemeinde-dazwischen.de/ auch ein ansprechendes Beispiel von digitaler ökumenischer Kirche.

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  5. Matthias Hiller

    Den Artikel finde ich anregend und horizonterweiternd. Was ich als Fragestellung gerne ergänzen würde, konkret z.B an These 7, aber auch an anderen Stellen: Wir werden als Kirche nicht nur an unserer Sprachfähigkeit gemessen, sondern auch an unserer “Tatfähigkeit”, an unserer Wirkung. Wenn ein analoger Gottesdienst nicht tröstet, ermutigt, oder wenigstens für die kommende Woche tröstende, ermutigende helfende Kontakte und Beziehungen ermöglicht, dann leistet er das in der digital kommunizierten Form auch nicht. Gottesdienste sollten nicht nur “Ansprechen” auf der kognitiven Ebene, sie sollten “Da werden Sie geholfen”-Erfahrungen vermitteln. Das gehört auch in die Qualitätssicherung gem. These 4.

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  6. Vielen Dank für den Artikel.
    Besonders die Unterscheidung zwischen digitaler Kirche und digitalem Angebot finde ich wichtig. Digitale Kirche ist kein Selbstzweck, sie ist digital, weil das Leben inzwischen digital ist.

    Ich denke, dass Kirche, besonders in Deutschland, erst wieder dann relevant sein wird, wenn sie sich tatsächlich als “Herausgerufene” versteht, nicht als Fixpunkt Volkskirche. Herausgerufen von Gott zu den Menschen. Kirche nicht als Arbeitgeber und Dienstleister, sondern als Bewegung. Kirche nicht als Antwortengeber, sondern als Raum für Fragen. Kirche, die gemeinsam auf der Suche ist – in dem Vertrauen, dass Gott sich finden lässt. Gleichzeitig Kirche, die gefunden wurde, die Gnade und Vergebung feiert.

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    • Ja, das klingt sehr gut, aber ich würde das nicht gegeneinander ausspielen, Kirche darf und muss beides sein: Arbeitgeber und Bewegung, ist schwer, aber bei allem Suchen braucht es ja auch Räume der Sicherheit, Menschen, mit denen man gemeinsam Antworten sucht und die dafür geschult und ausgebildet wurden. Und ja, ich sehe auch, dass es momentan mehr Bewegung in Kirche bräuchte und ich hoffe, dass die Coronazeit hilft, diese zu fördern….

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  7. Vielen Dank für die hilfreichen Gedanken!
    In Ergänzung zu den Fragen für Verantwortliche in Kirchengemeinden: Eine methodische Anregung für ein 60-Minuten-Gespräch im Kirchenvorstand unter dem Titel „Bleibt alles anders?!“ findet sich zum Download hier: https://www.gemeindeinnovation.de/Erfahrungen-teilen/Corona-Pandemie. Es kann eins von drei Themen ausgewählt oder an drei verschiedenen Terminen mit diesem Material gearbeitet werden, z.B. als Beginn von KV-Sitzungen.

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  8. Jakob Friesen

    Ich denke mit dieser neuen Methode wird nur ein weiterer Anschlag auf die Gemeinde Jesus Christ verübt um das was Jesus gesagt hat: Ich werde eine Gemeinde (Kirche) bauen und die Pforte der Hölle wird sie nicht überwinden.
    Ja die Gemeinde Jesus wird vielen Prüfungen unterworfen, aber wenn wir die Gemeinschaft, die uns Jeus vorgelebt hat aufgeben, dann können wir die Gemeinden Schließen und jeder wird nur noch anonym sein Christentum leben.
    Wir müssen wieder zurück zur Gemeinschaft mit Jesus, durch den Heiligen Geist und zu seinen Kinder.

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    • Lieber Jakob Friesen, kurze nachfrage, damit ich das richtig verstehe: Die Digitalisierung ist ein ” weiterer Anschlag auf die Gemeinde Jesus Christ verübt” wird?

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